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Nach seiner Verletzung steht BAyern-Kapitän Philipp Lahm (li.) seinem Trainer Pep Guardiola wieder zur Verfügung.

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Zu viele Gegentore nach Kontern: Die fehlende Balance beim FC Bayern München

Der FC Bayern München erfuhr am Wochenende seine zweite Niederlage in dieser Bundesliga-Saison. Konter sind nun die eine Baustelle von Trainer Pep Guardiola, die andere ist die fehlende Kreativität in der Offensive.

Philipp Lahm lässt sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen, weder auf dem Platz noch später bei der Analyse. Der Kapitän des FC Bayern schafft es, kritischen Fragen mit einer Allerwelts-Phrase die Brisanz zu nehmen. Aber am Sonntagabend reagierte Lahm plötzlich etwas gereizt, als die Sprache auf die erfolgreichen Konter von Borussia Mönchengladbach bei der Münchner 0:2-Niederlage kam. Das erste Gegentor, blaffte der nicht mehr sehr verbindliche Kapitän, sei kein Konter gewesen: „Das war ein Einwurf.“ Ein Einwurf, nach dem die Gladbacher den Gegner fein auskonterten.

Der Dialog gefiel Lahm nicht, vielleicht weil ihm nicht gefällt, dass die Bayern in der Rückrunde immer wieder in Konter laufen. Er hatte das zuletzt ja von außen ganz gut beobachten können, denn nach seiner Verletzung saß er zuerst auf der Tribüne und zuletzt die meiste Zeit des Spiels auf der Bank. Da dürfte dem Strategen nicht entgangen sein, dass die Konteranfälligkeit der Münchner in der Rückrunde wieder gestiegen ist. In den ersten 17 Spielen dieser Bundesligasaison hatte der FC Bayern vier Tore kassiert, in den letzten neun Partien neun Treffer. Mannschaft und Trainer Pep Guardiola spielen das Problem herunter, in der Öffentlichkeit jedenfalls. Und sogar Sportvorstand Matthias Sammer gab sich zurückhaltend. „Ich werde heute nicht den Mahner geben, das macht keinen Sinn“, sagte er am Sonntagabend.

Die Bayern sind im Kopf derzeit etwas müde

Die Ballbesitz-Philosophie von Guardiola mit der weit aufgerückten Abwehr als aktiver Posten im Münchner Spielaufbau birgt stets die Gefahr, überlaufen zu werden. Auf der Suche nach einem Matchplan gegen die im dritten Jahr der nationalen Konkurrenz haushoch überlegenen Münchner haben die Trainer frühes Stören längst als probates Mittel ausgemacht. Die Erfolgsquote ist aber nicht nur von der Konsequenz und der Spielintelligenz des Gegners abhängig, sondern auch von der Balance in der Mannschaft des FC Bayern. Und die stimmt seit dem Rückrunden-Auftakt nicht mehr. Es reiche schon, „wenn irgendjemand gedanklich in einem Moment nur ein bisschen langsamer ist“, hatte Lahm einmal zugegeben. „Das ist das Anspruchsvolle an diesem System.“

Es mag ein paar Gründe geben, warum die Bayern im Kopf derzeit etwas müde sind. Die Spätfolgen des kräftezehrenden Jahres 2014 zum Beispiel oder die sich längst auf Abstand befindliche Konkurrenz in der Bundesliga. Guardiola versprach zwar, man werde in der Meisterschaft bis zum Ende kämpfen, aber wenn der erste Verfolger Wolfsburg derzeit zehn Punkte zurückliegt, ist es sogar nachvollziehbar, dass der Kopf signalisiert, es etwas langsamer angehen zu lassen. Womöglich spielen auch die vielen permanenten Veränderungen in der Defensive sowie im zentralen Mittelfeld in dieser Phase der Saison eine Rolle. 

Die Konter sind die eine Baustelle von Guardiola, die andere ist fehlende Kreativität in der Offensive, die trotz zuletzt vieler Kantersiege in der Rückrunde auffällig ist. Umso wichtiger ist im Bayern-System die individuelle Klasse auf den Außenpositionen mit Franck Ribery und vor allem Arjen Robben. Der Niederländer war bisher in dieser Saison noch öfters als sein französisches Pendant auf links der Knackpunkt im Bayern-Spiel. „Gegen so einen defensiven Gegner wie Gladbach sind eben Spieler wichtig, die das Eins-gegen-Eins gestalten können“, sagte Lahm. Ribery laboriert an einer Sprunggelenkstauchung und nun fehlt auch noch Robben wegen eines Bauchmuskelrisses in der  entscheidenden Phase nach der Länderspielpause mit dem Pokalspiel in Leverkusen und dem Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Porto aus. Der Ausfall des besten Torschützen in dieser Saison, fand der Vorstandvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge am Sonntagabend, „ist mindestens genauso schlimm wie die Niederlage.“

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