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Der nordkoreanische Künstler Kwang Chol Sim vor einem seiner Bilder.

© Galerie Son

Galerie Son: Kleine Wiedervereinigung

Eine Galeristin bringt Nord- und Südkorea zusammen und hat eine große Vision.

Nicht nur Gemälde sieht man besser, wenn man ein paar Schritte zurücktritt. Mihyun Son hat Korea jedenfalls erst aus der Ferne richtig für sich entdeckt. „Meine Heimatliebe hat sich in Deutschland entwickelt“, sagt sie. Wie gut das koreanische Essen schmeckt, hat sie hier verstanden, und auch, was es mit dem anderen Korea, dem im Norden, auf sich hat.

1990 kam Son aus Seoul zum Studium nach Aachen, da feierten die Deutschen gerade Wiedervereinigung, und seit neun Jahren betreibt sie nun ihre Galerie in Berlin-Mitte, 300 Meter entfernt vom Checkpoint Charlie, der einst die Grenze zwischen Ost und West markierte und heute nur noch eine Touristenattraktion ist.

In Korea aber ist der Kalte Krieg nicht vorbei. Deshalb versucht Mihyun Son mit dem, wovon sie etwas versteht, eine behutsame Annäherung zwischen Nord und Süd zu verwirklichen. Die Vorbereitungen für ihr einzigartiges Projekt „KoreaKorea“ begannen vor vielen Jahren. 2012 stellte die Galeristin schließlich nordkoreanische Landschaftsmalereien aus. Die Gemälde und Grafiken, die Seen, Flüsse und Berge zeigen, hatte sie selbst in Pjöngjang ausgewählt, bei einem Besuch von Mansudae. 

Ihre Augen sind sauber und warm

In dem bedeutendsten – natürlich staatlichen – Atelier des Landes fertigen rund 1000 Künstler Auftragswerke an, darunter auch Propagandakunst. „Die Bilder, die in Nordkorea in Hotels und anderen Gebäuden hängen, sind keine Nachdrucke, sondern alles Originale“, erklärt sie. Die Mansudae-Künstler arbeiteten auf hohem Niveau – das zu betonen, ist Son wichtig. „Man sagt, es gäbe dort keine Kunst, das sehe ich völlig anders.“

Manches im Norden war für Mihyun Son irritierend. Die Leute auf der Straße, uniform gekleidet, würden sich weniger frei bewegen als Passanten hierzulande. „Aber ihre Augen sind sauber und warm.“ Zuletzt hat sie sogar zwei nordkoreanische Maler, die in ihrer Heimat schon Ansehen genießen, für mehr als zwei Monate nach Berlin eingeladen. Son hat ihnen die Stadt und verschiedene Museen gezeigt – von der Neuen Nationalgalerie bis zum Hamburger Bahnhof –, mit ihnen über Kunst diskutiert, sie als Menschen kennengelernt und sie dann einfach arbeiten lassen. Kwang Chol Sim, Jahrgang 1979, und der zehn Jahre ältere Hyon Chol Pak malten unter anderem koreanische Landschaften, den Berliner Dom, die Band Rammstein.

Ab dieser Woche kann man sich die Ergebnisse dieses Experiments anschauen. Den Gemälden der Nordkoreaner hat die Galeristin Bilder der südkoreanischen Künstler Kwang Lee, Junggeun Oh und Sun-Cheol Kwun zur Seite gestellt. Es ist nur eine kleine Wiedervereinigung. Aber Mihyun Sons Projekt ist ja noch nicht beendet. Ihre Vision: ein Atelierhaus in Berlin, in dem Künstler aus Nord- und Südkorea zusammen arbeiten.

Galerie Son, Mauerstraße 80. Die Ausstellung eröffnet am morgigen Mittwoch.

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