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Katholische Zeremonie auf den Philippinen. Viele Teilnehmer halten Santo-Niño-Figuren aus Elfenbein in die Höhe. Sie geben viel Geld dafür aus, um Gott zu huldigen.

© AFP

Artenschutz: Elfenbein für Gott

„National Geographic“: Katholiken und Buddhisten tragen Mitschuld an der Jagd nach Elefanten. Der Vatikan hat bis heute nicht das Artenschutzabkommen unterzeichnet.

Madonnen, Kruzifixe, Amulette und Buddhas – Devotionalien sollen schön und kostbar sein. Aus diesem Grund wird vor allem in Asien Elfenbein zur Herstellung von sakralen Gegenständen verwendet. Elfenbein ist rar und teuer. Es wird durch das Töten von Elefanten gewonnen und kostet im unbehandelten Zustand bis zu 2000 Dollar pro Kilogramm. Doch wie groß ist der Anteil, den die religiöse Verwendung von Elfenbein ausmacht? Sind Katholiken und Buddhisten maßgeblich beteiligt an der hohen Zahl von „Elefantenmassakern“, wie der Journalist Bryan Christy vom „National Geographic“-Magazin behauptet?

100 Elefanten sterben nach Angaben des WWF jeden Tag durch illegale Elfenbein-Wilderei. 2011 seien so viele Elefanten massakriert worden, wie seit 1989 nicht mehr. Damals, als ein Großteil des weltweiten Elefantenbestandes getötet worden war, hatten 177 Staaten auf der Washingtoner Artenschutzkonferenz (CITES) ein globales Handelsverbot für Elfenbein unterzeichnet. Chinas steigender Wohlstand treibe die Nachfrage nach Elfenbein in die Höhe, sagt Ilka Herbinger, Afrika-Expertin beim WWF. In der wachsenden Mittelschicht schmücke man sich mit Schnitzereien oder Schmuck aus Elfenbein als Statussymbol. Bryan Christy hat eine andere Erklärung. Der Journalist macht Katholiken und Buddhisten für die hohe Zahl von Massakern an Elefanten mitverantwortlich. Für eine im vergangenen Herbst veröffentlichte Reportage reiste er auf die Philippinen, nach Thailand und China. „Wo immer ich Elfenbein finde, ist die Religion nicht weit“, schreibt Christy.

Auf den Philippinen verehren Katholiken das sogenannte Santo Niño de Cebu, das heilige Kind von Cebu. Die Holzfigur des Jesuskindes wird seit dem 16. Jahrhundert angebetet. Viele Philippiner wenden ein halbes Vermögen für ihr heimisches Exemplar des Santo Niño auf, lassen es aus Elfenbein fertigen – als eine „Opfergabe an Gott“, zitiert Christy einen Geistlichen. Seine Schilderungen vom buddhistisch geprägten Thailand sehen ähnlich aus. Buddhisten glauben an die beschützende Kraft von Elfenbein; sagen, es vertreibe böse Geister. Thais trügen im Alltag häufig Amulette aus Elfenbein, schreibt Christy. Sie sollen vor schwarzer Magie bewahren.

Doch auch wenn einige Gläubige in Asien Elfenbein für religiöse Zwecke kaufen, die Praxis widerspricht den Werten der Religionen, sagt Dekila Chungyalpa vom WWF in Washington. Im Buddhismus zum Beispiel gelten Elefanten als heilig. Buddhas Mutter hatte vor dessen Geburt von einem weißen Elefanten geträumt, der ihr den Sohn schenkte. Außerdem soll Buddhas Seele einst in einem weißen Waldelefanten gewohnt haben. „Das Material Elfenbein an sich hat keinen religiösen Wert“, weiß Chungyalpa. Personen, die etwas Gegenteiliges behaupten, seien oftmals finanziell an den illegalen Geschäften beteiligt. Die Motivation der Gläubigen sei viel mehr der finanzielle Wert und die Schönheit des polierten Elfenbeins, ergänzt ihr Kollege Colman O’Criodain. Das Elfenbein, das viele Kirchen heutzutage noch besitzen, sei zudem sehr alt und stamme von vor 1989, als der Handel damit noch erlaubt war. O’Criodain sieht die spirituelle Elfenbeinnutzung nicht als ursächlich für das Wilderei-Problem: „Die säkulare und nicht die religiöse Nutzung von Elfenbein ist der Treiber der illegalen Elefantentötungen.“

Bryan Christy indes wirft dem Vatikan vor, in den illegalen Elfenbeinhandel involviert zu sein. Auf den Philippinen hatte ihm ein hochrangiger Monsignore, der selbst eine beträchtliche Sammlung an Elfenbeinfiguren besitzt, Schmuggeltipps gegeben. Auf die schweren Vorwürfe reagiert Vatikan-Sprecher Federico Lombardi mit einem Brief. Darin schreibt er, dass die Kirche niemals dazu ermutigt habe, Elfenbein zu nutzen. Der Fall des beschuldigten Monsignore dürfe nicht auf die gesamte Kirche übertragen werden. Er verweist auf die Schöpfung, die als wertvolles Geschenk Gottes mit Respekt und Verantwortung behandelt werden müsse. Die Anschuldigung, dass der Vatikan ein mit Elfenbein handelndes Geschäft in der Nähe des Petersplatzes dulde, weist der Sprecher ebenfalls zurück. Das Geschäft biete zwar Elfenbeinprodukte an, aber: „Es wird privat betrieben und gehört zu keiner Vatikan-Institution. Es befindet sich nicht innerhalb des Vatikans, sondern unterliegt vollkommen der italienischen Rechtsprechung.“ Im Vatikan selbst existiere kein Geschäft, das Elfenbein verkaufe, betont Lombardi.

Der Vatikan ist bisher nicht dem Artenschutzabkommen beigetreten. Doch alle Güter, die in den Vatikan oder aus ihm heraus gelangen, kontrolliert der italienische Zoll. Nach Ansicht von O’Criodain hätte es daher einen „überwiegend symbolischen Effekt“, wenn der Vatikan CITES ratifizieren würde.

„Vielen Gläubigen ist nicht bewusst, dass sie mit Elfenbeinkäufen die Tiere ausrotten“, sagt Stephen Mufutau Awoyemi von der Gesellschaft für Naturschutzbiologie. Der Nigerianer fordert deshalb, dass sich Geistliche öffentlich gegen Elfenbein-Nutzung aussprechen. Die Menschen in Afrika und Asien würden sich an den Aussagen orientieren und ihr Handeln danach ausrichten. Immerhin 34 Vertreter aus Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Daoismus konnte der WWF zu einer solchen öffentlichen Bekundung bewegen. Auf der CITES-Konferenz, die derzeit in Bangkok stattfindet, wollen sich buddhistische Mönche aus Thailand dazu äußern.

Carolin Henkenberens

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