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Die Hänge am Sudelfeld.

© Patrick Guyton

Bayrische Alpen: Grün-braun statt schneeweiß am Sudelfeld

In den bayerischen Bergen wird das umstrittene Skigebiet am Sudelfeld offiziell eröffnet. Doch der Hang muss trotz zahlreicher Beschneiungsanlagen vorerst geschlossen bleiben.

Es ist ein schöner Frühlingstag in den Bergen kurz vor Heiligabend, die Sonne wärmt bei sieben Grad. Der Skihang am Sudelfeld in den bayerischen Alpen ist grün-braun, entlang des Berges sieht man die neuen gelben Schneekanonen, insgesamt sind es 250. Egid Stadler, Geschäftsführer der Bergbahnen, ist sich der kuriosen Situation durchaus bewusst. Als die Blasmusik an der neu errichteten Liftanlage aufhört, geht er ans Mikrofon: „Es ist schwierig an einem Tag wie heute etwas Positives über Beschneiungsanlagen zu sagen.“

Zu vielen Hunderten sind die Menschen gekommen, um die feierliche Einweihung der Sechser-Sessellift- Anlage und der Schneekanonen rund 30 Kilometer südlich von Rosenheim zu feiern. Eine dringend nötige „Modernisierung“ sei das, sagt Stadler. Selbst die bayerische Wirtschafts- und Tourismusministerin Ilse Aigner (CSU) ist da. Die Anlage ist fertig, genau wie der neue große Speichersee oben am Berg. Er fasst 150 000 Kubikmeter Wasser, mit dem die Schneekanonen gespeist werden.

Allein: Nichts geht am Sudelfeld bei diesen viel zu warmen Temperaturen. Würde man jetzt beschneien, wäre der Schnee sofort wieder geschmolzen. Skitouristisch war dieser Winter bisher kein Winter, obwohl man darauf gehofft hatte, den Sudelfeld-Lift am Nikolaustag starten zu können. Auch in anderen Orten wie am Brauneck oder in Garmisch-Partenkirchen klagen die Liftbetreiber, die Hoteliers und die Tourismusverantwortlichen. Über die Bebauung am Sudelfeld war in diesem Jahr ein heftiger Streit ausgetragen worden.

Bund Naturschutz (BN), der Deutsche Alpenverein, sowie die Grünen und die SPD sahen das Vorhaben als „eine hundertprozentige Umweltsünde“ an. „Betonseen“ zur Wasserspeicherung würden die Berglandschaften verschandeln und den natürlichen Wasserhaushalt stören. Zudem seien die Energiekosten für die künstliche Beschneiung immens. Hubert Weiger vom BN sprach von der „Hinrichtung der Alpen“. Doch am Ende war auch eine Klage vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof gescheitert, es wurde weiter gebaut.

Weißbier und Schmalzbrot

Von all diesen Einwänden ist bei der Eröffnungsfeier nichts zu hören. Ilse Aigner hat es sich bequem gemacht im Sessellift, mit dem sie dann als erste einmal rauf und wieder runter fahren wird. „Die Skigebiete sollen auch in Zukunft eine Existenz haben“, sagt sie. Schon als Mädchen sei sie hier „mit viel Freude die Hänge runter gewedelt“. Jetzt gibt der Freistaat Bayern bis zu 35 Prozent an Förderung für den Bau, der insgesamt 17 Millionen Euro gekostet hat.

Es wird Weißbier gezapft und Schmalzbrot gereicht, und bei dem gefühlten halben Hundert an Grußworten und Danksagungen scheint hier jeder jeden gut zu kennen, alle sind miteinander verbandelt: Landräte, Bürgermeister, Bergseilbahn-Vorsitzende, Kreissparkassenvertreter. Die ganze ländliche Nomenklatura. Und alle sind sie in der CSU oder haben doch zumindest ein sehr gutes Verhältnis zu dieser Partei. Auch Jakob Kreidl wird lobend erwähnt. Das Sudelfeld gehört zum Teil zum Landkreis Miesbach. Kreidl war hier Landrat und stürzte unter anderem darüber, dass er sich seine Feier zum 60. Geburtstag mit 100 000 Euro von Kreissparkasse und Landratsamt hatte sponsern lassen.

Da wirkt es fast ein bisschen unpassend, wenn einer der anwesenden Bürgermeister am Sudelfeld dem Bergbahn- Chef Egid Stadler symbolisch eine Tube Schmiermittel schenkt. „Damit alles reibungslos läuft“, sagt er und alle lachen. Doch wie ist es nun mit der Kälte und mit dem Schnee? Ilse Aigner meint, dass es in dieser Gegend an Weihnachten oft keinen Schnee hat, dass die Saison aber dann bis nach Ostern super laufe. Schließlich erhält die Liftanlage geistlichen Segen, der katholische und der evangelische Pfarrer weihen sie ein. Sie lesen aus einem Psalm, Weihrauch wird versprüht. Einzig der Protestant geht auf Distanz und sagt den Schneekanonen-Betreibern: „Erwartet nicht, dass die Kirche Euch dafür heiligspricht. Da gehört mehr dazu.“

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