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Die Luftaufnahme des Unglücksortes nahe Bordeaux zeigt einen Holztransporter (oben) und den völlig ausgebrannten Bus. Bei dem Unglück kamen 42 Menschen ums Leben.

© Reuters

Update

Busunfall bei Bordeaux: Staatsanwalt: Möglicherweise 44 Todesopfer

Bei einem Busunfall mit einem Holztransporter bei Bordeaux ist auch ein dreijähriges Kind ums Leben gekommen. Dabei handelt es sich offenbar um das Kind des ebenfalls tödlich verunglückten LKW-Fahrers.

Nur kurz geben die Bilder aus der Hubschrauberkamera den Blick auf eine im Wald gelegenen Kurve im französischen Département Gironde frei, doch sie sind dramatisch: Sie zeigen einen nahezu ausgebrannten Bus, der frontal mit einem Holztransporter zusammengestoßen ist. Rund 40 Kilometer östlich von Bordeaux sind am Freitagmorgen gegen 7.30 Uhr mindestens 43 Menschen getötet worden. Der ermittelnde Staatsanwalt von Libourne, Christoph Auger, sagte am Abend, die Zahl der Opfer liege möglicherweise sogar bei 44. Es blieb zunächst unklar, ob alle angemeldeten Passagiere im Bus waren. Im Reisebus seien 41 oder 42 Menschen ums Leben gekommen, so Auger. Neben den Passagieren des Reisebusses kam bei dem Unfall auf der Département-Straße 17 vor der Kleinstadt Puisseguin der Fahrer des Transporters ums Leben - und ein dreijähriges Kind. Nach Informationen des Präfekten der Gironde, Pierre Dartout, wurde seine Leiche im Führerhaus des Holztransporters gefunden. Laut Informationen des Radiosenders RTL handelt es sich dabei um das Kind des LKW-Fahrers. Olivier Chalatte, der Einsatzleiter der Feuerwehr vor Ort, sagte der Regionalzeitung Sud-Oest: "Die Leichen aller Opfer sind momentan noch im Bus." Ab Samstagmorgen solle mit der Identifikationsarbeit begonnen werden. Der Busunfall von Puisseguin ist der mit der zweithöchsten Opferzahl in der Geschichte Frankreichs.

Der LKW-Fahrer soll mehreren Berichten zufolge die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren haben. Sein LKW knickte zwischen Zugmaschine und Anhänger ein und stellte sich quer zur Fahrbahn. Der Bus habe nicht mehr ausweichen können und sei frontal auf den LKW aufgefahren. Beide Fahrzeuge fingen Feuer. Der Busfahrer habe zuvor noch geistesgegenwärtig reagiert und kurz vor dem Aufprall die Türen des Reisebusses geöffnet, berichtet der Bürgermeister von Puisseguin, Xavier Stubblet. So habe er sich selbst und weitere Passagiere aus dem brennenden Bus retten können. 

Acht Businsassen überlebten das Unglück

Acht Menschen konnten den Bus lebend verlassen, darunter befinden sich vier Schwerverletzte: Zwei Menschen erlitten ein Schädeltrauma, zwei schwere Verbrennungen. Die Verletzten wurden per Helikopter in das Universitätskrankenhaus in Bordeaux gebracht. Der Präfekt des Départements, Pierre Dartout, kündigte eine Untersuchung an, die die Umstände des Unfalls klären soll. Ein grüner Abgeordneter des Départements Gironde und des Europaparlaments, Noël Mamère, hat im Fernsehsender iTele die Politik mitverantwortlich gemacht: "Wir haben Stück um Stück unsere Straßen vernachlässigt. Jeder der den Ort kennt - und ich kenne ihn - weiß, dass das eine extrem gefährliche Stelle ist.” Auch Anwohner haben mehreren Zeitungen und Radiosendern in Interviews Aussagen zur Unfallstelle gemacht. Der Schwager eines der Opfer sagte der Tageszeitung Libération: "Da gibt es nur gefährliche Kurven. Ich weiß nicht, wie viele Autos ich schon im Graben gesehen habe.”

Der Bus hatte vor allem Rentner eines Seniorenclubs an Bord

Jean-Luc Glaize, Präsident des Départements Gironde, sagt dazu: “Die Département-Straße 17 ist in ausgezeichnetem Zustand.” Die Straße sei erst 2011 komplett saniert worden, Gefahrenschilder und Signalanlagen seien auf dem letzten Stand.

Der Reisebus ist in der acht Kilometer entfernten 756-Einwohner-Gemeinde Petit-Palais-et-Cornemps losgefahren und soll, laut Informationen der Regionalzeitung Sud-Ouest, größtenteils Rentner des Seniorenclubs “Le club du Petit Palaisien” an Bord gehabt haben. Darunter auch den ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde. Die Mehrzahl der im brennenden Bus Getöteten sei über 70 Jahre alt. Nach Informationen der Zeitung habe sich die Reisegruppe frühmorgens aufgemacht für die rund vierstündige Busfahrt in die Provinz Béarn. Ziel sei das Museum für Bayonne-Schinken in Arzac gewesen sein. 

Der französische Präsident François Hollande, momentan in Griechenland, kündigte bei einer Pressekonferenz an: “Ich selbst werde so früh wie möglich vor Ort sein.” Auch auf Twitter hat er sich zu dem Unfall geäußert: “Die französische Regierung wird für diesen Unfall komplett mobilisiert.” Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich tief betroffen gezeigt. In einem Kondolenztelegramm an den französischen Staatspräsidenten François Hollande vom Freitag hieß es: „Die Meldungen über den schweren Verkehrsunfall in Puisseguin, der so vielen Menschen das Leben genommen hat, haben mich tief erschüttert. Ihnen und den französischen Bürgerinnen und Bürgern möchte ich in diesen schweren Stunden die Anteilnahme der Menschen in Deutschland und mein ganz persönliches Mitgefühl übermitteln.“

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Die französische Regierung hat den “Plan Orsec” ausgerufen, eine Art Notstand für den Katastrophenfall. Der Plan Orsec gibt den Behörden erweiterte Handlungsmöglichkeiten bei Naturkatastrophen, Industrieunfällen oder Unglücken mit außergewöhnlich vielen Opfern. Vor Ort befinden sich mehr als 60 Feuerwehrmänner, 200 Gendarmen, mehrere Helikopter und rund 20 Einsatzfahrzeuge. Ein vom Nachrichtensender BFMTV veröffentlichtes Zeugenfoto zeigt einen komplett ausgebrannten Bus.

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In Frankreich bestimmt der Unfall das Tagesgeschehen. Die Nachrichtensender zeigen Sondersendungen, alle großen Medien haben Reporter in die Gironde geschickt und berichten live. In den Gemeinden der Umgebung wehen die Flaggen der Rathäuser auf Halbmast. 

Auch auf nationaler Ebene reagiert man betroffen. “Es ist ein schrecklicher Schock für Frankreich”, sagt der französische Premierminister Manuel Valls. Das französische Parlament hat in ihrer Sitzung eine Schweigeminute eingelegt. Valls (PS) hatte am frühen Nachmittag die Nationaltrauer ausgerufen. Valls war gegen 12.30 Uhr vor Ort eingetroffen, um sich mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden zu treffen. Andere französische Politiker sind mittlerweile vor Ort, Innenminister Bernard Cazeneuve (PS) der Regionalratspräsident der Aquitaine, in der Puisseguin liegt, Alain Rousset (PS), sowie der Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé (Republikaner). Die Fußballvereine der ersten und zweiten Liga in Frankreich haben angekündigt, bei den morgen stattfindenden Spielen Schweigeminuten einzulegen.

Es ist der schwerste Verkehrsunfall in Frankreich seit 1982. In Beaune, im Département Côte d’Or, sind am 31. Juli 1982 53 Menschen bei einem Busunglück getötet worden, darunter 44 Kinder. (mit dpa)

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