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Ladera Heights heißt der Stadtteil in Los Angeles, wo Ed Wedbush lebt. Das Haus in der Mitte gehört ihm. Es verfällt, weil der 78-Jährige keine Handwerker ins Haus lässt. Manchmal klettert er persönlich aufs Dach, um mit Planen die Löcher abzudecken.

© Frank Siering

Ed Wedbush: "Der größte Geizhals der Welt"

Er besitzt 150 Millionen Dollar und lässt sich nicht gerne fotografieren. Ed Wedbush ist ein sehr reicher Mann – wenn sein Dach Löcher hat, zieht er persönlich Planen drüber. Handwerker kommen ihm nicht ins Haus; die kosten zu viel Geld.

Es passiert selten, aber wenn es mal regnet in Los Angeles, dann hat Ed Wedbush ein echtes Problem. Das Dach seiner Behausung in Ladera Heights, einem etwas edleren Stadtteil von Los Angeles, hat Löcher. Es regnet rein. Damit das Wasser die abgenutzte Wohnzimmergarnitur nicht noch weiter in Mitleidenschaft zieht, hat der 78-jährige Wedbush hässliche Planen über die Löcher im Dach gezogen. „Hält doch“, brummelt er den Nachbarn entgegen, die ihm dabei zusehen, wie er, der 78-Jährige, im Bademantel auf seinem Dach rumklettert, um eine Plane glattzuziehen. Ein bisschen haben die Nachbarn wohl Angst, dass er sich den Hals bricht. Aber sie haben noch vor etwas anderem Angst. „Der Zustand des Hauses zieht den Wert der ganzen Nachbarschaft mit runter“, sagt Claire Reinecke.

Sauer sind die Nachbarn auch deswegen, weil Ed Wedbush kein Anwohner ist, der Hunger leidet. Im Gegenteil. Ed Wedbush ist einer der reichsten Männer der Vereinigten Staaten von Amerika. Ihm gehört die Investment-Firma Wedbush, Inc. Das Unternehmen besteht seit 1955, verwaltet mehr als 15 Milliarden Dollar Vermögen diverser Klienten, beschäftigt 1000 Mitarbeiter und beherbergt diese in einem 20stöckigen Hochhaus, das Ed Wedbush gehört. Der Unternehmer selbst soll ein privates Vermögen von 150 Millionen Dollar haben. Er lässt sich nicht gerne fotografieren.

Ed Wedbush hat den Ruf, ein Exzentriker zu sein. „Er genießt es, extrem sparsam zu leben“, sagt Peter Allman-Ward, ein ehemaliger Mitarbeiter von Wedbush. Zu seiner sparsamen Lebensführung gehört, keine Handwerker ins Haus zu lassen und alles selber zu machen. Die Anekdoten, die sich um Wedbush ranken, lassen selbst Comic-Geizhals Dagobert Duck vor Neid erblassen. Demnach verweigert Wedbusch seinen Mitarbeitern nicht nur eine Company-Kreditkarte. Er kontrolliert und unterschreibt ihre Spesen-Schecks persönlich, schreibt Abmahnungen, wenn seine Mitarbeiter Taxi fahren, statt für öffentliche Verkehrsmittel Fahrscheine zu lösen.

Nach Meetings mit Kunden sammelt Wedbush gerne die Büroklammern vom Tisch. Als sich eine seiner Mitarbeiterinnen unlängst mit hochhackigen Schuhen im alten, abgetretenen, braunen und mit Kaffeeflecken beschmutzten Büroteppich verfing, weigerte sich Wedbush, den Teppich rausreißen zu lassen. Im Gegenteil: Am nächsten Tag war das Loch mit einem silbernen Klebeband abgedichtet, das er offensichtlich höchstpersönlich angebracht hatte.

„Er ist wahrlich der geizigste Mensch der Welt“, flüsterte ein Mitarbeiter, der aus guten Gründen anonym bleiben möchte, unlängst der „Los Angeles Times“ zu. So geizig, dass er während der großen Finanzkrise in den USA die monatliche Pizzaparty im Büro – sie kostete das Unternehmen 500 Dollar – kurzerhand abschaffte. Wedbush selbst lässt sich noch heute von Ehefrau Jean ein Butterbrot schmieren, bevor er in seinem klapprigen Lincoln Town Car aus dem Jahre 1992 ins Büro fährt.

Der Geiz hat seine guten Seiten. Sagt Wedbush. „Neuer Teppich, Pizzaparty, große Spesen, das ist alles schön und gut, aber ich garantiere lieber Jobsicherheit“, sagt er. In der Tat, während Banken und Investmentfirmen Tausende feuerten, musste bei Wedbush in der Krise keiner gehen. Während Finanzriesen wie Goldman Sachs, Lehman Bros oder Bear Stearns ins Debakel taumelten, hielt die rein privat geführte Wedbush-Gesellschaft den Kopf über Wasser. Heute gibt Ed Wedbush stolz bekannt, dass sein Unternehmen „absolut schuldenfrei“ sei. Die Mitarbeiter, die ihre ihnen zustehenden Krankheitstage nicht nehmen, bekommen diese Tage am Ende des Jahres ausbezahlt. Genau dasselbe gilt für nicht genommene Urlaubstage. „Es stimmt schon, Ed ist geizig, aber er kümmert sich dann doch um das Wohlergehen seiner Mitarbeiter“, meint Alfred Osborne, der im Aufsichtsrat von Wedbush Inc sitzt.

Wedbush wuchs in St. Louis als ältestes von fünf Kindern auf. Sein Vater war Elektriker und arbeitete ebenso hart wie heute Sohn Ed. „Mein Dad buckelte rund 80 Stunden in der Woche. So viel schaffe ich heute auch noch locker“, erzählt Wedbush gerne herum . Sein Vermögen hat er nie durch Schulden in Gefahr gebracht. Es sei immer nur vorsichtig gewachsen, nur mit Eigenkapital. Wenn eine Spekulationsblase platzte, gingen andere Finanzkonzerne unter, und er konnte billig aufkaufen.

Sparsamkeit. Jeden Penny umdrehen, keine Handwerker bestellen, keine Schulden machen und sich mit einer langsam immer mehr vor sich hin schimmelnden Behausung zufriedengeben – das ist Ed Wedbushs Konzept.

Im September vergangenen Jahres wurde Ed Wedbush von der Stadt Los Angeles verklagt. Gebäude-Inspektoren hatten am völlig heruntergekommenen Haus in Ladera Heights „extreme Beanstandungen“, wie Nachbarin Maggie Southern preisgibt. Jetzt will der Exzentriker sein Haus abreißen und neu aufbauen lassen.

Das kostet viel Geld, wenn es halbwegs standesgemäß sein soll. Deshalb kann das noch dauern. Denn wer Ed Wedbush kennt, der weiß, dass er jedes Angebot von Bauunternehmen auf Heller und Pfennig prüfen wird, bevor er einen Zuschlag erteilt. Das nimmt einige Zeit in Anspruch.

Außerdem hält die Plane auf dem Dach. Nach einem Sturm klettert er wieder im Bademantel hoch und zuckelt alles wieder zurecht. Manchmal fällt dabei ein Dachziegel runter.

Dann ziehen die Nachbarn wieder ihren Kopf ein.

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