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Panorama: Die Hexe von nebenan

Welchen Einfluss hatte die Nachbarin des Kannibalen? „Ich töte, wenn Satan es befiehlt“ – damit erregte sie Aufsehen

Der Rotenburger Armin M. hatte jahrelang engen Kontakt zu einer berühmten selbsternannten Hexe. Das Nachbarhaus des mutmaßlichen Kannibalen von Rotenburg-Wüstefeld hat in der Stadt an der Fulda nur einen Namen: das Hexenhaus. Treffender könnte die Bezeichnung nicht sein. Denn in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Herrenhaus, in dem Armin M. laut Geständnis den Berliner Bernd Jürgen B. getötet und teilweise gegegessen hat, wohnte jahrelang Deutschlands wohl berühmteste Hexe: Ulla von Bernus.

Die Frau hatte einmal in einer ZDF-Sendung bundesweit für Bestürzung gesorgt. Titel: „Ich töte, wenn Satan es befiehlt.“ Das erregte die Gemüter, und der bekannte Fernseh-Pfarrer Sommerauer reagierte: Er zeigte Ulla von Bernus an, wegen Beihilfe zum Mord. In Rotenburg wird nun heftig darüber spekuliert und diskutiert, was sich wohl in den Nachbarhäusern in Wüstefeld alles abgespielt hat. Dort der Kannibale, da die bekannte Hexe, wie sie sich selbst nannte. Tatsache ist, dass sich die Mutter vom Armin M. und Ulla von Bernus bestens kannten, gute Nachbarn waren. Sie besuchten sich gegenseitig häufig, die Bernus ging bei Mutter und Sohn Armin ein und aus. Das war Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. Armin M. war damals Jugendlicher, später ein junger Mann. Viele Rotenburger, so wurde in Anrufen an unsere Redaktion deutlich, fragen sich nun: Wurde bei Armim M. eine böse Saat gelegt, die später aufging?

Mitte der 80er Jahre hatten wir Ulla von Bernus besucht, als ihr Streit mit Pfarrer Sommerauer für Schlagzeilen sorgte. Sie hatte damals neben ihrer Wohnung in Wüstefeld einen Bleibe in Bad Harzburg, in der sie als Satanspriesterin arbeitete. Eine ihrer Spezialitäten war, so sagte sie, die „Trennung von Menschen sowie Lösung von Problemen auf magischem Weg“. Im Klartext: Sie wünschte Menschen den Tod an den Hals. Das war auch im ZDF-Film zu sehen. Honorar für derlei Leistungen, die von anonymen Zeitgenossen in Auftrag gegeben wurden: damals zwischen 300 und 10 000 Mark. Erfolgsgarantie laut Ulla von Bernus: 90 Prozent. Ulla von Bernus sagte, dass sie nur jene ins Jenseits befördern würde, die es ohnehin verdient hätten. Und sie erklärte, dass es im außerirdischen Leben Dämone gebe, die aber nichts mit Satan zu tun hätten. Was Ulla von Bernus heute macht, ob sie überhaupt noch lebt – sie müsste jetzt 86 Jahre alt sein –, ist unbekannt. Ihre letzte Spur: Sie lebte in einem Altenheim und habe sich der Kirche genähert.

Frank Thonicke[Rotenburg]

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