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Die Figur Big Bird, die in der deutschen Fassung Bibo heißt. Romney hat immerhin eingeräumt, dass er diese Figur mag.

© dapd

Eine Bemerkung und die Folgen: Sesamstraße - Mitt Romney hat den Vogel abgeschossen

Mitt Romney hat in der Debatte mit Präsident Barack Obama die Fans der Sesamstraße gegen sich aufgebracht – die protestieren jetzt heftig.

Viele, viele Millionen Kinder sind mit der Sesamstraße seit deren Sendestart 1969 aufgewachsen – in den USA, in Deutschland und anderswo auf der Welt. Elmo, Big Bird und der griesgrämige Oscar sind globale Helden. Wer sich mit ihnen anlegt, muss sich in Acht nehmen. Diese Erfahrung macht jetzt der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney. Generell gilt er als Sieger der ersten Fernsehdebatte mit Barack Obama in der Nacht zu Donnerstag. Doch ein zehn Sekunden langer Ausschnitt aus dem 90-minütigen Rededuell kostet ihn nun Sympathien unter Millionen Amerikanern, die zum Großteil nicht mehr die Sesamstraße schauen – es sei denn, mit ihren Kindern –, die aber alt genug sind, um das Wahlrecht zu haben. Romney kündigte an, er wolle „Big Bird“, der in der deutschen Version der Sesamstraße Bibo heißt, abschaffen.

Mitt Romney, republikanischer Präsidentschaftskandidat.
Mitt Romney, republikanischer Präsidentschaftskandidat.

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Diese Ankündigung hat einen Twitter- Sturm in den USA ausgelöst. Die Zeitungen diskutieren nicht nur die Positionswechsel, mit denen Romney in der Steuerpolitik und beim Umgang mit Amerikas riesigem Haushaltsdefizit überraschte, sondern auch seine Attacke auf die Sesamstraße. 67 Millionen Amerikaner haben die TV-Debatte gesehen. Das ist zwar nicht Rekord, den hält das Rededuell zwischen Präsident Jimmy Carter und Herausforderer Ronald Reagan 1980, als 81 Millionen eingeschaltet hatten. Aber es waren deutlich mehr als bei der ersten Debatte 2008, als 52 Millionen das Aufeinandertreffen von Barack Obama und John McCain verfolgten.

Im Debattensegment zum Umgang mit dem Schuldenberg, gab Romney diese Maxime aus, welche öffentlichen Ausgaben er streichen wolle. Er werde jedes Programm beenden, das es nicht wert sei, dass man dafür neue Schulden bei China mache. „Es tut mir leid, Jim“, wandte er sich direkt an den Moderator Jim Lehrer vom Sender PBS, der als öffentlich rechtliches Programm staatliche Zuschüsse erhält. „Ich mag PBS. Ich mag Big Bird. Ich mag dich übrigens auch. Aber ich werde die Praxis beenden, dass wir Geld von China leihen, um Dinge zu bezahlen, die wir nicht brauchen.“ Die Subventionen aus der Steuerkasse für öffentlich rechtliche Sender wie PBS-Fernsehen und NPR-Radio sind den Republikanern seit langem ein Dorn im Auge. Sie betrachten sie als „linke“ Medien. Aus ihrer Sicht reichen die kommerziellen Programme, die sich selbst finanzieren, aus. Ihr Liebling ist der rechte Sender Fox.

Es folgten Proteste, Kritik und Hohn. Romney solle seine Hausaufgaben machen, empfahl die Organisation Sesam- Workshop, die hinter der Sendung steht. „Wir bekommen nur ganz, ganz wenig Förderung über PBS.“ Die Sesamstraße war vor mehr als 50 Jahren mithilfe privater Stiftungen und begrenzter öffentlicher Gelder begonnen worden, sei heute aber im Wesentlichen ein kommerzielles Programm, das sich aus den Lizenzen für die Nutzung seiner Figuren finanziere.

PBS sah sich veranlasst, über die Größenordnung der Zuwendung aus Steuergeldern zu informieren: „Die staatlichen Fördermittel belaufen sich auf ein hundertstel Prozent des Staatshaushalts. Die Streichung dieser Unterstützung hätte so gut wie keinen Einfluss auf den Schuldenberg unserer Nation.“

Barack Obama nahm den Streit über die populäre Fernsehfigur als Wahlkampfgeschenk hin, das ihm hilft, sich von der Niederlage im Rededuell zu erholen. „Was für ein Glück, dass sich endlich mal jemand traut, Big Bird an den Kragen zu gehen“, spottet er neuerdings bei jedem Wahlkampfauftritt – und erntet lautes Lachen der Zuhörer.

Generell verschiebt sich die Betrachtung der Debatte in den US-Medien leicht. In den ersten 24 Stunden stand die Frage im Mittelpunkt, warum Obama sich nicht besser gegen Romneys Attacken gewehrt habe. Am zweiten Tag danach befassen sich die Medien stärker mit Romney. Er habe in mehreren Punkten andere Positionen vertreten als zuvor im Wahlkampf. Manche nennen ihn nun wieder einen „Flip-Flopper“, der seine Haltung nach Belieben ändere.

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