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Wo Menschen entspannen, leiden im „Kefaluka Resort“ in kleinen Meereskäfigen Delfine unter Stress.

© ProWal

Tierschutz: Free Willy auf Türkisch

Nach Protesten von Urlaubern löst ein Hotel an der Ägäis-Küste einen Delfinkäfig auf. Die Meeressäuger können aber nicht einfach in die Freiheit entlassen werden. Es braucht wohl mindestens ein Jahr, die Tiere wieder auszuwildern.

Die Ferienzeit steht kurz bevor und ein beliebtes Urlaubsziel ist die Türkei. Vor allem die Ferienclubs mit Strandzugang ziehen viele All-Inclusive-Urlauber an. Mitnichten so komfortabel wie für die menschlichen Besucher ist allerdings der Aufenthalt an der türkischen Ägäis-Küste für zahlreiche Delfine. Eingezwängt in enge Becken sollen sie der Belustigung der Urlauber dienen. Im „Kefaluka Resort“ bei Bodrum sollen die Delfine auf dem Gelände eines Hotels für Unterhaltung sorgen – aber jetzt beschwerten sich Gäste, die nicht einverstanden waren mit der Behandlung der Meeressäuger. Nach Protesten von alarmierten Tierschützern ließ das Management die beiden eingezäunten Delfine inzwischen von ihrem Besitzer abholen.

Im „Kefaluka Resort“ wurden die zwei Großen Tümmler in einem kleinen Meereskäfig gehalten. Dort mussten sie für Delfinschwimmen mit den Hotelgästen herhalten. Das kostete die Urlauber immerhin 70 Euro für fünf Minuten, wie das Wal- und Delfinschutzforum (WDSF) sowie ProWal, zwei gemeinnützige Organisationen, die sich für den Schutz von Meeressäugern einsetzen, berichten. Die beiden Delfine in Bodrum seien verletzt und hätten starken Sonnenbrand. „Die Tiere haben blutige Wunden und einer hat keine Zähne mehr, bei ihm vermuten wir einen gebrochenen Kiefer“, ist die Diagnose von Jürgen Ortmüller, Geschäftsführer des WDSF. Den Sonnenbrand erkenne er an der Farbe der Delfine: Große Tümmler seien normalerweise hellgrau, diese seien jedoch fast schwarz. Die Verbrennungen rühren laut Ortmüller daher, dass das Wasser in dem Meereskäfig nur vier Meter tief war, wodurch die Delfine der Sonne direkt ausgesetzt waren. Vier Meter sind nicht viel für Tiere, die bis zu 300 Meter tief tauchen können und am Tag Strecken von 50 bis 100 Kilometern zurücklegen – was in dem etwa 225 Quadratmeter großen Becken nicht ansatzweise möglich war.

Überhaupt sei bei Delfinen, die in Gefangenschaft gehalten werden, häufig eine zur Seite gekrümmte Rückenflosse erkennbar. Das liege daran, dass die Tiere in den kleinen Becken nur im Kreis schwimmen könnten. Da die so genannte Finne aus Knorpel bestehe, passe sie sich den Umweltbedingungen an. Eigentlich bräuchten die Tümmler eine Bahnlänge von 850 bis 900 Metern, um auf ihre normale Geschwindigkeit von rund 50 Kilometern pro Stunde zu kommen. Weil die Flosse aus dem relativ weichen Material bestehe, sei es für Delfine unangenehm, wenn sich Leute daran festhalten. „Das wäre, wie einen Menschen an der Nase durchs Wasser zuziehen“, sagt Ortmüller.

Mittlerweile sind die Delfine nicht mehr in dem Hotelkäfig. WDSF und ProWal haben durch Internetforen, in denen Urlauber ihre Reise bewerten können, von den Delfinen erfahren. Daraufhin sei der ProWal-Geschäftsführer Andreas Morlock in die Türkei geflogen und habe das Hotelmanagement darauf angesprochen. Letzteres war laut Ortmüller „völlig entsetzt“. Ihnen sei nicht bewusst gewesen, was für ein schlechtes Licht derartige Tierhaltung auf das Haus wirft.

Emma Knight, Sprecherin des Reiseveranstalters Thomas Cook erklärte, das Unternehmen habe ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen, die Delfine aus dem Hotel zu entfernen. Der Anbieter von Ferienreisen hätte einen Mitarbeiter in das Hotel geschickt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Daraufhin „hat das Hotel die Tiere innerhalb von einer Woche wegbringen lassen“, so Knight.

Damit ist für die Tümmler allerdings nur der Hotelaufenthalt zu Ende. Ortmüller zufolge hat der Besitzer die Tiere abgeholt und mit dem Lastwagen in das 50 Kilometer entfernte Delfinarium von Bodrum gebracht. Trotz der schlechten Zustände lobt Ortmüller allerdings den Bürgermeister von Bodrum. Von allen Bürgermeistern, mit denen er in der Türkei wegen Delfinarien zu tun hatte, sei er der Einzige, der die Schließung „seines“ Delfinariums zugesagt hätte.

Die Meeressäuger könnten nicht einfach in die Freiheit entlassen werden. Es braucht wohl mindestens ein Jahr, die Tiere wieder auszuwildern. Sie müssten erst wieder ihre natürliche Ernährungsweise erlernen, nachdem sie jahrelang nur toten Fisch gefressen hätten. Bei den Delfinen aus Bodrum kämen noch die Verletzungen hinzu, die behandelt werden müssten.

Das „Kefaluka Resort“ trägt den „Thomas Cook Excellence Award“. Das ist nach Unternehmensangaben eine Auszeichnung, die aufgrund von besonders guten Besucherbewertungen an die Hotels vergeben wird. Thomas-Cook-Sprecherin Knight weist darauf hin, dass die Delfine erst auf dem Gelände des Ferienclubs waren, als der die Auszeichnung schon bekommen hatte. Selbst Ortmüller unterstellt der Hotelleitung keine böse Absicht oder bloße Geldmacherei. „Sie wollten ihren Gästen nur eine Attraktion bieten“, räumt der Tierschützer ein. Die Einnahmen für das Delfinschwimmen, seien an den Delfinariumsbetreiber, nicht an das Hotel, gegangen.

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