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Panorama: Freunde der Polizei

Wer in Wien einem dubiosen Verein angehört, kann beim Rasen ungeschoren davonkommen

Ein Knöllchen am Auto? Eine Radarstrafe im Briefkasten? Oder, noch schlimmer weil teurer, eine Anzeige wegen allzu frechen Parkens am Gehsteig? Für den Großteil der Menschen ist das eine ärgerliche und vor allem kostenintensive Sache. Das muss aber nicht sein, vor allem dann nicht, wenn man in Wien lebt und dort die richtigen Leute kennt. Eine Mail an die richtigen Leute – und solche Kalamitäten ließen sich in der Vergangenheit offenbar einfach und unbürokratisch aus dem Weg räumen.

Wie in dieser Woche bekannt wurde, hatten einige Staatsanwälte und Politiker, aber auch Spitzenmanager und Journalisten in den vergangenen Jahren sozusagen auf dem kleinen Dienstweg ihre Verkehrsstrafen geregelt. Damit hat Österreich einen neuen Skandal.

Schon seit mehr als einem Jahr läuft innerhalb der Wiener Polizei eine Art Großreinemachen. Den Ausgang nahm die Affäre, als im Zuge einer Strukturreform zwei mächtige Wiener Polizisten, die jeweils unterschiedlichen Parteien nahe standen, aneinandergerieten und ihre schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen begannen. Zuerst ging es dabei um angebliche und tatsächliche Kontakte der beiden zum Rotlichtmilieu. Wechselseitig spielten sie Akten über persönliche Verstrickungen des anderen in die Öffentlichkeit.

Es ging dabei um Warnungen vor Razzien, aber auch um sogenannte Sperrlisten, bei denen Rotlichtkönige ihre Bordelle gegen Zahlung mehrerer tausend Euro vor Razzien sicher machen konnten. Umgekehrt tauchten auch Rechnungen aus Bordellen über Getränke auf, die einzelne Polizisten offenbar nie bezahlen mussten. Das Ausmaß des Sumpfes ist nicht abzusehen. Und nun, im Zuge des Prozesses gegen den ehemaligen Wiener Polizeigeneral Roland Horngacher, tauchten auch die Gefälligkeiten auf, die dieser einer Reihe von Prominenten zuteil werden ließ. Im Zuge seines Prozesses waren Ermittler der Abteilung für innere Angelegenheiten (BIA) auf eine Fülle von E-Mails gestoßen – diese tauchten nun in der Wiener Stadtzeitung „Falter“ auf. Im Zentrum dieser Affäre steht ein ominöser Klub. „Verein der Freunde der Wiener Polizei“ nennt er sich, und er ist eine Art Lobbyingverein für Prominente und Begüterte der Stadt. Der Klub hat natürlich zunächst einmal eine ehrenwerte Funktion. Laut seiner Statuten kümmert er sich um Witwen und Angehörige von Wiener Polizisten, die bei der Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen sind.

Da es davon aber in der vergleichsweise sicheren Stadt Wien dankenswerterweise nicht besonders viele gibt, kümmert sich der Verein auch um andere Belange der Wiener Polizei, die Bandbreite reicht dabei von Weihnachtsfeiern bis Ausflügen eines kleineren Kreises der Wiener Exekutive. Die Mitglieder des Vereins sind dabei so etwas wie das Who-is-Who der Wiener Szene. Neben ranghohen Polizisten gehören ihm auch Politiker, aber eben auch Wirtschaftstreibende und Journalisten an.

Der persönliche Sekretär von gleich vier Wiener Polizeipräsidenten, Adolf Krchov, war so etwas wie die graue Eminenz des Vereins. Er keilte die Mitglieder, die für einen flexibel gehaltenen Mitgliedsbeitrag und eine Spende von ein paar hundert Euro nicht nur einen schicken Mitgliedsausweis und einen Aufkleber für ihr Auto bekamen – beides, so heißt es, hat sich im direkten Kontakt mit Streifenpolizisten als durchaus nützlich erwiesen –, sondern auch einen exklusiven Zugang zur Wiener Polizeispitze. Dieser Zugang konnte dazu führen, dass ein Strafmandat am Ende auch mal nicht bezahlt wurde.

Der Zugang zur Wiener Polizeispitze war aber wohl gar nicht immer nötig. Es konnte einem Wagenhalter schon helfen, wenn er die Plakette des Vereins an der Windschutzscheibe kleben hatte. Bei einer Polizeikontrolle konnte es auch von Vorteil sein, die Mitgliedskarte des „Vereins der Freunde der Wiener Polizei“ im Führerschein liegen zu haben.

Markus Huber[Wien]

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