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Gasplattform Elgin: Total erwägt Löscharbeiten an Nordsee-Plattform

Die Flamme auf der Glasplattform in der Nordsee brennt weiter. Die Briten bleiben stoisch, aber die Gasplattform Elgin ist brandgefährlich. Mittlerweile konnte das Leck immerhin lokalisiert werden.

Der französische Energiekonzern Total erwägt den Einsatz von Löschhubschraubern, um eine Flamme auf der leckgeschlagenen Ölplattform „Elgin“ zu löschen. Das Energieministerium erklärte am Freitag nach einem Bericht der Zeitung „Guardian“, Total habe bestätigt, dass die Flamme weiter brenne. Die neuesten Luftaufnahmen ließen jedoch darauf schließen, dass sie offenbar kleiner werde. Total erklärte, weitere Möglichkeiten seien die Entsendung von Löschschiffen und der Einsatz von Stickstoff, um der Flamme den Sauerstoff zu entziehen.

Die Flamme befindet sich etwa 100 Meter vom Austrittsort des Gases entfernt. Experten befürchten eine Explosion, sollte der Wind in den kommenden Tagen drehen und das Gas entzünden. Löschschiffe stehen bereit, in einem Umkreis von fast vier Kilometern um den Unglücksort wurde eine Sperrzone verhängt.

Total wies Angaben zurück, das Gas trete am Meeresboden aus und sei giftig. Das Gas entströme vielmehr auf einem Deck der Plattform etwa 25 Meter über dem Meerespiegel. Es handele sich um Erdgas. „Das bedeutet, dass wir nun das Leck kennen, wir kennen das Problem“, sagte ein Unternehmenssprecher dem „Guardian“ zufolge. „Wir können uns nun darauf konzentrieren, das Problem so schnell wie möglich zu lösen.“

Eigentlich hätte die Fackel schon lange ausgehen sollen. Aber gestern Nachmittag brannte das Feuer am Fackelschornstein der leckgeschlagenen Gas-Plattform Elgin weit draußen in der Nordsee munter weiter wie die Zündflamme in einem Gas-Boiler. Die Experten sind sich einig: Ein Funke könnte genügen, eine riesige Gasexplosion und ein Feuer mitten in der Nordsee auszulösen. Zu der verlassenen Plattform zurückzukehren und die Flamme zu löschen, gilt als zu gefährlich.

Seit vier Tagen strömt hochexplosives Gas unkontrolliert aus einer aufgebrochenen Bohrung. Erinnerungen an die Deepwater-Horizon-Katastrophe von 2010 im Golf von Mexiko werden wach.

Die Lage ist „ernst, aber stabil“, wiederholen die Sprecher von Total. „Die Fackel ist ein integraler Teil des Sicherheitssystems“, sagte er. „Sie ist so konstruiert, dass sie die „vorherrschende Windrichtung berücksichtigt und die Winde das Gas von der Fackel wegtreiben. Das ist genau das, was jetzt passiert“.

Die Förderung sei abgestellt und die Ventile an Bord der Plattform seien geöffnet worden, hieß es bei Total. So könne das im System verbliebene, überschüssige Gas kontrolliert abgefackelt werden. Dies garantiere auch, dass selbst im Falle einer Explosion und einer totalen Zerstörung keine weiteren Lecks entstehen. Die Flamme werde in einigen Tagen vermutlich von selbst ausgehen, sobald nicht mehr genügend Gas in den Rohren ist, um sie zu speisen, sagte eine Sprecherin. Zudem würden Alternativen gesucht, sie zu löschen. Inzwischen ist auch das Leck, aus dem unkontrolliert Gas strömt, geortet worden, und zwar etwa 25 Meter oberhalb der Wasseroberfläche, am Kopf des Bohrlochs. „Wir kennen jetzt das Problem“, sagte ein Total-Sprecher.

Ob die Erkenntnis, dass das Leck nicht, wie zunächst vermutet, unterhalb des Meeresgrundes liegt, Vorteile bei möglichen Abdichtungsversuchen bringt, war unklar. Das Gas an sich kommt offenbar aus einer Blase in 4000 Metern Tiefe, an der die Förderung vor einem Jahr eingestellt wurde. Es sei schwer zu sagen, wie viel Gas noch freigesetzt werde, sagte der für die Total-Operationen in Großbritannien zuständige Sicherheitschef David Hainsworth. Wenn die Quelle nicht bald von alleine versiege, müsse entweder eine Monate dauernde Entlastungsbohrung unternommen oder das Bohrloch von oben mit schwerem Schlamm verstopft werden, sagte eine Sprecherin. Ein solcher „Kill“ geht schneller, ist aber risikoreicher als eine Entlastungsbohrung. Eine Entscheidung soll in den kommenden Tagen fallen. Bis dahin würden alle Optionen parallel vorangetrieben.

David Hainsworth schätzt, dass seit dem „Blow-out“ täglich 200 000 Kubikmeter Gas austreten, auch er misst das an der „Größe der Gaswolke“ und verfolgt das Geschehen aus großer Distanz an von Hubschraubern aus gefilmten Bildern. Satellitenfotos zeigen einen großen Ölfilm aus Gas-Kondensat um die Plattform. Er habe keine schweren Umweltauswirkungen und werde sich bald verflüchtigen, beruhigt Total. Umweltschützer sprechen dagegen von einer möglichen „Todeszone“.

Eine Explosion sei für Menschen an der Küste keine Gefahr, beruhigen die Behörden. Die Tragödie spielt sich fast 250 Kilometer entfernt von der Küstenstadt Aberdeen ab, fast die halbe Strecke nach Norwegen. Um die Plattformen und eine benachbarte, ebenfalls evakuierte ShellBohrinsel, wurde eine drei-Meilen-Sperrzone errichtet, Feuerschiffe sind bereit, im Falle einer Explosion sofort mit der Flammenbekämpfung zu beginnen. Viel größer könnte die Sicherheitszone aber nicht werden: Direkt grenzen zwei Nordseeölfelder, Franklin und Shearwater, an.

Fürs Erste hat Total selbst den Schaden. Überhaupt muss die Gasindustrie, auf die Großbritannien so große Hoffnungen setzt, mit neuem Rufschaden kämpfen. Durch den Einbruch der Aktie verpufften in wenigen Tagen sechs Milliarden Euro von Totals Börsenwert. Würde das Gasfeld völlig zerstört, würde Total, das auch die Partner an dem Ölfeld entschädigen müsste, laut Rating-Agentur Fitch rund 5,7 Milliarden Euro einbüßen.

Die Mehrheit der Briten jedoch kümmerte sich auch am Donnerstag wenig um die Katastrophe. In den Zeitungen wurde über das Gas-Leck in der Wirtschaft berichtet. Im Fernsehen spielte es mangels feuriger Bilder kaum eine Rolle. (mit dpa/dapd)

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