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Gesundheit: Auch beim Küssen gilt: Rechts vor Links Wie das Gehirn verhindert, dass die Nasen zusammenstoßen

Der Augenblick ist gut gewählt. Ein Sonnenuntergang am Strand oder ein Dinner bei Kerzenschein.

Der Augenblick ist gut gewählt. Ein Sonnenuntergang am Strand oder ein Dinner bei Kerzenschein. Die Luft knistert, der Puls steigt, die Lippen bewegen sich aufeinander zu: Der erste Kuss ist nur noch den Bruchteil einer Sekunde entfernt. Da holt die Realität die Verliebten schlagartig ein: Die Nasen stoßen aneinander, die Münder verfehlen sich. Der lang ersehnte Kuss ist verunglückt.

Das passiert zum Glück nicht sehr häufig. Denn die meisten Menschen neigen ihren Kopf beim Küssen in die selbe Richtung. Stehen sie einander gegenüber, ergänzen sie sich also. Der Psychologe Onur Güntürkün von der Ruhr-Universität in Bochum hat auf Flughäfen und Bahnhöfen, an Stränden und in Parks Liebende beim Küssen beobachtet, 124 Pärchen insgesamt. Das Ergebnis: Die meisten Verliebten neigen ihren Kopf beim Küssen lieber nach rechts als nach links, berichtet Güntürkün in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Nature".

Tatsächlich hat der Mensch eine Neigung zu asymmetrischen Bewegungen. Und meist bevorzugt er die rechte Seite. Fast 90 Prozent aller Menschen sind Rechtshänder. Andere Formen sind zwar nicht ganz so ausgeprägt. Aber immerhin: Nicht nur 65 Prozent aller Menschen sind Rechtsküsser. Genauso viele Menschen drehen auch eher das rechte Ohr zur Musik, sehen besser mit dem rechten Auge und treten kraftvoller mit dem rechten Fuß. „Diese Asymmetrien hängen fast immer zusammen“, sagt Güntürkün. Das heißt: Rechtshänder sind meist auch Rechtsfüßer – und wahrscheinlich Rechtsküsser.

Die Ursache dafür liegt in der Organisation des Gehirns. Denn die beiden Körperseiten werden von unterschiedlichen Gehirnhälften kontrolliert. Dabei steuert die linke Hirnhälfte die rechte Körperseite. Zudem sind die Gehirnhälften für unterschiedliche Aufgaben zuständig. Die Kontrolle komplizierter Bewegungsabläufe wird vor allem von der linken Hirnhemisphäre übernommen.

Wie aber entsteht diese ausgeprägte Asymmetrie in unserem Gehirn? Schon Säuglinge drehen den Kopf lieber nach rechts als nach links. „Genau das löst die seitige Entwicklung unseres Gehirns aus“, glaubt Güntürkün. Denn blicken die Säuglinge hauptsächlich nach rechts, werden besonders Bewegungen auf der rechten Seite trainiert.

Nur: Säuglinge hören einige Monate nach der Geburt mit der Kopfdrehung auf, Rechtsfüßigkeit und Co. treten aber erst später auf. Güntürkün glaubt, diese Lücke jetzt geschlossen zu haben: „Die Rechtsdrehung des Kopfes verschwindet nie.“ Beim Kuss kann man sie noch beobachten.

Elke Binder

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