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Panorama: Gewalt gegen Schwule ist alltäglich

Nur jedes zehnte Opfer geht zur Polizei

Berlin - Schwule Männer in Deutschland sind häufiger Opfer von Gewalt als bislang angenommen. Das ist das Ergebnis einer Befragung von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Erwachsenen zu Gewalterfahrungen, die am Samstag in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach wurde ein Drittel der Befragten Opfer von Gewalt, dreimal so viele wie bisher angenommen. Davon seien rund 55 Prozent bereits wegen ihres Schwulseins belästigt, beleidigt, bedrängt oder genötigt worden. Über zwölf Prozent wurden den Angaben zufolge tätlich angegriffen und erlitten Körperverletzungen. An der bislang größten Umfrage dieser Art in Deutschland hatten rund 24 000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet teilgenommen.

„Die Zahlen übertreffen unsere Erwartungen“, sagte Bastian Finke, Leiter des Berliner schwulen Anti-Gewalt-Projektes „maneo“, das die Studie organisierte. „Wir haben nun das Wissen, dass Gewalt gegen Schwule in großem Maße in Deutschland vorkommt.“

Noch nie habe er im Rahmen einer sozialwissenschaftlichen Studie erlebt, dass sich Befragte so dankbar äußern, erklärte Bodo Lippl vom Institut für Sozialwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. Viele hätten dabei offenkundig endlich ein Ventil gefunden, das Erlittene loszuwerden. Ging man bisher davon aus, dass nur 20 Prozent der Betroffenen den Mut finden, Vorfälle der Polizei zu melden, muss nun von lediglich zehn Prozent offiziell registrierter Attacken ausgegangen werden. Der Studie zufolge fühlen sich Betroffene von der Polizei oft nicht ernst genommen. „Hier muss die Polizei ein deutliches Zeichen setzen“, so Finke.

Gewalt erleben Schwule auch durch Mitschüler, Arbeitskollegen und selbst innerhalb der Familie. Finke sieht die Behörden und die Politik in der Pflicht: „Homophobe Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, und dessen Lösung darf deshalb nicht allein den lesbisch-schwulen Verbänden überlassen bleiben.“

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