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Bei Hämerten in Sachsen-Anhalt hat das Hochwasser die ICE-Strecke Hannover-Berlin unterspült. Fünf Kilometer der Trasse stehen noch unter Wasser.

© dpa

Hochwasser bremst Züge von und nach Berlin: Ab Freitag gilt bei der Bahn ein Notfahrplan

Noch immer stehen durch das Hochwasser kilometerlang Gleise unter Wasser. Fernzüge von und nach Berlin verspäten sich daher noch wochenlang oder starten früher. Trotzdem ist die neue Regelung für Fahrgäste ein Vorteil.

Angesichts des nur sehr langsam abfließenden Hochwassers in Ostdeutschland will die Deutsche Bahn ab Freitag einen Notfahrplan einführen. Betroffen sind die wichtigsten IC- und ICE-Verbindungen von und nach Berlin. Hier müssen Kunden noch voraussichtlich bis zum 19. Juli mit deutlich längeren Fahrzeiten und Zugausfällen rechnen. Immerhin: Sobald der neue Fahrplan gilt, haben Passagiere bei Verspätungen wieder Anspruch auf Entschädigungen. Das ist derzeit nicht der Fall, weil Hochwasser als höhere Gewalt gilt.

„Für unsere Kunden, die über die Umleitungsstrecken fahren müssen, machen wir so die verlängerten Fahrzeiten kalkulierbar“, sagte Berthold Huber, Chef der Sparte Fernverkehr, am Mittwoch in Berlin. Seit dem Dammbruch an der Elbe bei Fischbeck ist die wichtige Zugtrasse Hannover-Berlin unterbrochen – auf fünf Kilometern stehen die Gleise noch unter Wasser. Pro Tag müssen deshalb rund 100 Züge einen Umweg fahren, an Wochenenden 130. Betroffen sind die am stärksten genutzten Linien überhaupt – von der Hauptstadt ins Rheinland sowie nach Stuttgart und Basel. Dies wirkt sich auf den Verkehr in der gaesamten Republik aus.

Im günstigsten Fall werde der normale Fahrplan wieder ab dem 28. Juni gelten, sagte Huber, womöglich aber auch erst nach dem 19. Juli. Das ist abhängig vom Umfang der Zerstörung. Ermitteln könne man diesen erst, wenn das Wasser abgeflossen sei. Die Diagnose werde dann noch etwa eine Woche dauern. Schäden wie beim Hochwasser 2002, als Flüsse mitunter ganze Gleisbetten wegschwemmten, seien aber unwahrscheinlich. Der Schotter werde aber vielerorts gestopft werden müssen, vermutete der Manager. Den Gesamtschaden durch das Wasser taxiert der Staatskonzern auf eine knappe Milliarde Euro. Ein Teil der Infrastruktur sei aber versichert, sagte Huber

Betroffen sind etwa einige hundert Berliner, die nach Wolfsburg zur Arbeit pendeln. Eine direkte Verbindung dorthin gibt es vorerst nicht, Kunden müssen in Braunschweig in einen Regionalzug wechseln und verlieren mehr als eine Stunde.

Der Konzern verlängerte überdies seine Kulanzregeln: Fahrgäste können sich Tickets für Fahrten, die bis Ende Juni stattfinden, gebührenfrei erstatten lassen oder sie umbuchen. Mit dem Notfahrplan muss die Bahn ihre Kunden bei Verspätungen wieder entschädigen: Kommt ein Zug eine Stunde zu spät, ist ein Viertel des Fahrpreises fällig, ab zwei Stunden Verspätung die Hälfte des Preises. Zuletzt lag die Pünktlichkeit der Fernzüge nur noch bei 60 Prozent, gab Bahn-Manager Huber zu. Üblich sind Werte zwischen 70 und 80 Prozent.

Den neuen Fahrplan in kurzer Zeit aufzustellen war laut Huber „ein Kraftakt“. Viele Beschäftigte müssten nun ihre Dienst- und Urlaubspläne ändern. Man wolle mit dem neuen Werk verhindern, dass sich Verspätungen auf das bundesweite Netz übertrügen. Das Problem für die Bahn ist vor allem, dass das Hochwasser die Werkstattpläne durcheinander gebracht hat. Jeder Zug muss vor einer Tour gereinigt und vorbereitet werden. Dreckigere Waggons infolge kürzerer Werkstattaufenthalte müsse aber kein Fahrgast befürchten, versicherte Huber.

Hitze lässt Klimaanlagen in Zügen kollabieren

Nicht allein das Hochwasser macht der Bahn zu schaffen. Die Hitze in weiten Teilen des Landes bringt auch Klimaanlagen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Bislang seien deshalb allerdings nur sechs von 1350 Fernzügen pro Tag aus dem Verkehr gezogen worden, hieß es. Vereinzelte Ausfälle in den nächsten Tagen könne man nicht ausschließen. Besonders große Probleme hatte der Konzern im Sommer 2010: Damals waren mehrere Fahrgäste wegen der Hitze kollabiert. Seitdem versucht die Bahn, die Klimaanlagen robuster und leistungsfähiger zu machen.

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