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Folgen des Klimawandels: Im Griff der Wüste

Die Mongolei erwärmt sich schneller als der Rest der Welt, und leidet dennoch unter harten Wintern.

Berlin - Die Mongolen nennen die Wetterkatastrophe, die sie derzeit erleben, „Dzud“. Das beschreibt einen selbst für mongolische Verhältnisse sehr kalten Winter nach einer Dürre im Sommer. Dieser Dzud ist nach Angaben des Roten Kreuzes einer der schlimmsten, an den sich die Nomaden erinnern können. Rund 4,5 Millionen Tiere sind seit Dezember verendet, das sind etwa zehn Prozent des gesamten Viehbestands. Das Rote Kreuz hat deshalb Ende März begonnen, eine knappe Million Dollar einzuwerben, mit der den Viehhirten in der Mongolei geholfen werden soll. Die Vereinten Nationen haben über ihren Nothilfefonds bereits 3,7 Millionen Dollar zugesagt, um die schlimmsten Folgen zu mildern.

Etwa die Hälfte der rund 2,7 Millionen Einwohner der Mongolei leben von der Viehwirtschaft. Etwa ein Drittel sind Nomaden, die mit ihren Tieren durchs Land ziehen, immer auf der Suche nach Wasser und Futter für die Kühe, Pferde, Kamele, Schafe und Ziegen. Der Rest lebt sesshaft als Erzeuger von tierischen Produkten wie Kaschmir, Leder und Fleisch. Das Land, etwa viermal so groß wie Deutschland, ist mit 1,5 Personen pro Quadratmeter das am dünnsten besiedelte Land der Welt.

Gansukh Luimed, der mongolische Umweltminister, hat gerade Deutschland besucht und von weiteren Extremen berichtet, mit denen sein Land zu kämpfen hat. „Wir erarbeiten gerade unsere Anpassungsstrategie an den Klimawandel“, sagte er dem Tagesspiegel. In der Mongolei sei die durchschnittliche Temperatur in den vergangenen 70 Jahren um 2,1 Grad Celsius gestiegen. Weltweit sind es rund 0,8 Grad. Rund 70 Prozent seines Landes seien in Gefahr, zur Wüste zu werden, berichtet der Minister. Dabei kommen zwei Effekte zusammen: zum einen der globale Klimawandel, zum anderen aber auch die Übernutzung der Steppe durch die Nomaden. Dadurch sinke zunächst die Qualität des Futters, dann gebe es immer weniger Grasarten und Kräuter, die in einer Region wachsen, und schließlich sterbe die Vegetation ganz ab. Dann folgt die Erosion des Bodens und am Ende hat sich die Wüste weiter ausgebreitet. Von der Wüste Gobi und anderen Wüsten der Mongolei gehen immer wieder Staubstürme aus, die dann über chinesischen oder koreanischen Großstädten niedergehen und dort tagelang die Sicht einschränken.

Mit Blick auf die Dürre des vergangenen Jahres sagt Gansukh, die wichtigste Aufgabe der Regierung sei eine bessere Nutzung und Bevorratung des Regenwassers. Dazu sollen Reservoirs und Teiche gebaut werden, um das Regenwasser aufzufangen. Dabei erhofft sich die Mongolei von Deutschland weiterhin Unterstützung. Die deutschen Entwicklungsorganisationen, GTZ, DED und mehrere politische Stiftungen sind in der Mongolei fast alle schon seit der Wende 1990 vertreten. In den Jahren 2008 und 2009 hat das Entwicklungsministerium dort rund 23,5 Millionen Euro investiert. Vor allem zum Schutz der Artenvielfalt – dabei geht es Gansukh vor allem um die Qualität der Futterpflanzen für die Tiere – und der Anpassung an den Klimawandel erhofft sich das Land jedoch noch etwas mehr Hilfe.

Der Umweltminister berichtet von einer neuen Forschungskooperation mit deutschen Klimaforschern, die ihre Klimamodelle in Zukunft auch in der Mongolei erproben sollen. Für Gansukh sind diese Daten eine wichtige Basis für die weiteren Anpassungspläne seines Landes, das im Schnitt auf 1500 Metern Höhe liegt und daher die Folgen des Klimawandels wie alle höheren Regionen der Welt stärker spürt als die im tiefen Flachland.

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