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Originale oder Fälschungen? In China sollen künftig massenhaft Rinder geklont werden.

© Thilo Rückeis

Künstliche Massentierproduktion in China: Einmal geklontes Rind, bitte

Eine Fabrik in China will jährlich bis zu einer Million Kühe künstlich reproduzieren. Auch Rennpferde und Polizeihund sollen dort geklont werden. Doch das Projekt ist umstritten.

Nicht alle Chinesen sind erfreut über die Aussicht, möglicherweise einmal Fleisch aus einer Klonfabrik essen zu können. „Dieses Rindfleisch muss definitiv erst einmal für die Führung in der Zentralregierung reserviert werden“, schreibt ein Internetnutzer, „erst wenn sie und ihre Familien es zehn Jahre lang gegessen haben, sollten sie es uns, dem Volk, auch gönnen.“ Ein anderer nennt das Vorhaben „verrückt und bösartig“, ein weiterer fragt: „Ist der nächste Schritt das Klonen von Menschen?“. Wenn es nach Xu Xiaochun geht, lautet die Antwort darauf: Ja.

Der 44 Jahre alte Gentechniker steckt hinter dem Vorhaben, in der Stadt Tianjin die größte Klonfabrik der Welt zu bauen. 100.000 Rinder sollen dort ab 2016 jährlich produziert werden. Beziehungsweise reproduziert. Ab 2020 sollen sogar eine Million Rinder jährlich kreiert werden. Damit will Xu Xiaochun helfen, die große Nachfrage nach Fleisch in China zu befriedigen, berichtet die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Auch Klone von Rennpferden, Haustieren und Polizeihunden sind geplant.

Die Fabrik ist ein Joint Venture der chinesischen Boyalife Gruppe, deren Vorsitzender Xu Xiaochun ist, und der südkoreanischen Firma Sooam Biotech. Deren Gründer, der Südkoreaner Hwang Woo Suk, hatte 2004 behauptet, er habe menschliche Embryonen geklont – was sich später als Fälschung erwies. 2007 gelang es ihm erstmals, einen Hund zu klonen. Seitdem verdient er damit sein Geld. Mehr als 600 Tiere soll Sooam Biotech bereits geklont haben, vor allem Polizeihunde, aber auch Lieblingstiere von gut Betuchten. Für 100 000 Dollar pro Stück.

Beim Klonen wird das Erbgut eines Lebewesens vollständig auf ein Nachkommen übertragen

Grundsätzlich ermöglicht das Klonen, das Erbgut eines Lebewesens vollständig auf die Nachkommen zu übertragen. Bei der Fortpflanzung zweier Tiere hingegen verschmelzen Ei- und Samenzelle: aus dem Erbgut beider geht das des Jungtiers hervor. Hat der Züchter Glück, setzen sich die „guten“ Eigenschaften durch, hat er Pech, ist das nicht der Fall. Züchter hoffen nun, durch das Klonen die Lotterie der herkömmlichen Fortpflanzung zu umgehen und vorhersagbare Ergebnisse zu erzielen.

Dazu wird im Labor aus einer Körperzelle des zu klonenden Tieres der Zellkern mit dem gefragten Erbgut entnommen. Dieser wird in eine Eizelle eines zweiten Tieres gebracht, bei der zuvor der ursprüngliche Kern entfernt wurde. Diese Hülle mit dem neuen Kern wird zur Teilung angeregt, es entwickelt sich ein Embryo, der später in die Gebärmutter eines Tieres eingesetzt wird, das das Jungtier austrägt.

Bei dem Verfahren kann viel schief gehen, nur ein Bruchteil der Klonversuche führt tatsächlich zu einem Embryo beziehungsweise einem lebensfähigen Jungtier. Und selbst eine hundertprozentige genetische Kopie bedeutet nicht, dass der Klon in seinen Fähigkeiten identisch mit dem „Elterntier“ ist.

Dennoch ist die Technik gefragt, in den USA und China werden etwa Schweine und Rinder sowohl für die Zucht als auch für Forschungszwecke geklont. Die US-Nahrungsmittelbehörde FDA hat geklonte Nutztiere und solche aus konventioneller Zucht miteinander verglichen und keine nennenswerten Unterschiede festgestellt. Sie erachtet Fleisch und weitere Produkte von Klontieren als ebenso sicher wie das von anderen Farmtieren.

Ob allerdings die „Rinderfabrik“ in Tianjin tatsächlich all das liefert, was derzeit kolportiert wird, muss bezweifelt werden. So schreibt der Wissenschaftsjournalist Kenrick Vezina im „MIT Technology Review“, es sei eine Ressourcenverschwendung, eine Million Kühe für viel Geld zu klonen, nur um sie dann zu essen. Sinnvoller wäre es, die zehn besten Kühe einer Herde zu klonen, um ihre Gene mittels herkömmlicher Züchtung weiterzuverbreiten.

Gleichwohl sind viele Konsumenten skeptisch, wie die Reaktionen auf die Ankündigung Xus zeigen. Viel Europäer gehen mittlerweile gegen solche Aktivitäten vor. Im September hat das Europaparlament ein Verbot des Klonens in der Landwirtschaft gefordert. Weder dürften Tiere auf diese Weise reproduziert werden, noch soll es erlaubt werden, aus ihnen hergestellte Produkte zu verkaufen.

In China fördert die Regierung die Klonforschung großzügig

In China ist die Stimmung anders, die Regierung fördert Klonforschung großzügig. Überhaupt ist der Fortschrittsglaube in dem Land stark ausgeprägt. Vieles, was technisch möglich ist, wird auch in die Realität umgesetzt. So schreckt die Zentralregierung auch vor massiven Eingriffen in die Natur nicht zurück, der Dreischluchtenstaudamm oder das Süd-Nord-Wassertransferprojekt, bei der auf einer Länge von 1200 Kilometern Wasser des Jangtse nach Peking umgeleitet wird, sind Beispiele dafür. Zahlreiche chinesische Kliniken bieten kranken Menschen Stammzelltherapien an, obwohl diese in China verboten sind. Die Firmen Sooam und Boyalife haben den Standort daher sehr bewusst gewählt.

„Wir haben uns für China entschieden, falls wir die Technologie am Menschen anwenden“, sagte der umstrittene Wissenschaftler Hwang der Zeitung „Dong-a Ilbo“. Nach Ansicht von Fachleuten wird es noch dauern, bis es technisch möglich sein könnte, Menschen zu klonen. Entsprechende Versuche mit Affen schlugen immer wieder fehl. (mit AFP)

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