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Ein Waldgebiet bei Nietheim (Baden-Württemberg) wird von der Polizei durchsucht wird.

© Franziska Kraufmann/dpa

Update

Nach "Aktenzeichen XY ... ungelöst": Polizei verhaftet Unschuldigen im Fall Bögerl

60 Zeugen erkannten den Mann wieder, nach dem bei "Aktenzeichen XY... ungelöst" gesucht wurde. Die Polizei nimmt den Verdächtigen fest - aber eine DNA-Analyse entlastet ihn. Der Fall bleibt mysteriös.

Zunächst deutet alles darauf hin, dass einer der bekanntesten ungelösten Mordfälle Deutschlands aufgeklärt werden konnte: Ein 47-Jähriger aus dem Raum Heidenheim soll der Mörder von Maria Bögerl sein. Der Mord ist sieben Jahre her: Bögerls Mann war damals Heidenheimer Sparkassenchef und sollte erpresst werden. Die Geldübergabe scheiterte, Tage später wurde die Leiche der Frau gefunden. Lange gab es so gut wie keine Spur. Am Mittwoch dann greift das ZDF-Kriminalmagazin „Aktenzeichen XY... ungelöst“ den Fall auf. Es wird ein Audiomitschnitt präsentiert und ein Foto des Mannes mit einer genauen Täterbeschreibung gezeigt.

Auf den Aufnahmen ist zu hören, wie er im Juli 2016 im westfälischen Hagen mit zwei Männern spricht und "tatrelevante Angaben" macht, wie es der leitende Ermittler Michael Bauer ausdrückt. "Ganz konkret hat er gesagt, er habe Maria Bögerl erstochen." Der Unbekannte habe die Männer betrunken angesprochen und dabei auch ein Messer erwähnt - die Tatwaffe war ebenfalls ein Messer, 20 Zentimeter lang. "Den beiden Männern kam das verdächtig vor", heißt es in der Sendung.

Sie zeichnen das Gespräch mit einem Handy auf und übergeben die Aufnahmen der Polizei. Der Mann soll in dem Gespräch auch gesagt haben, aus Ochsenberg in Baden-Württemberg zu stammen und bei der Bundeswehr zu sein. Konkret habe er dort einen Speziallehrgang bei einer sogenannten PSV-Kompanie (Psychologische Verteidigung) absolviert.

Fast 60 Zeugen wollten die Stimme des Mannes erkannt haben

"Nach unserer Einschätzung könnte dieser Unbekannte tatsächlich der Mörder von Maria Bögerl sein", sagt Ermittler Bauer bei „Aktenzeichen XY... ungelöst“. 5,60 Millionen Zuschauer verfolgen die Sendung mit Moderator Rudi Cerne - ein Marktanteil von 17,8 Prozent und damit Quotenkönig am Mittwoch. Noch während der Sendung gehen konkrete Hinweise zum Aufenthaltsort der beschriebenen Person ein, insgesamt sind es mehr als 180 Anrufe. Fast 60 Zeugen wollen die Stimme des Mannes erkannt haben. Immerhin wurde auch eine Belohnung von 30.000 Euro ausgesetzt für Hinweise, die zur Ermittlung oder Ergreifung der Täter führen. LKA-Mann Alfred Hettmer während der Sendung: "Es wurden konkrete Namen genannt, erste Personen werden bereits überprüft."

Noch in der Nacht zu Donnerstag twitterte das Bundeskriminalamt, die Fahndung sei beendet, der Verdächtige sei festgenommen worden. „Es handelt sich um jene Person, welche in der Öffentlichkeitsfahndung mit Phantombild gesucht wurde“, heißt es von der Staatsanwaltschaft später. Auch "Aktenzeichen XY" schreibt auf der ZDF-Webseite: "Nach erneuter Ausstrahlung in der gestrigen Sendung steht der Fall Maria Bögerl möglicherweise vor der Aufklärung". Der Sprecher der Polizei Ulm meldete zusätzlich, der Mann habe angegeben, Hass auf die Familie Bögerl gehabt zu haben. Auch weitere Indizien belasten den Mann: Ebenso wie der Täter habe er schwäbischen Dialekt, zudem war die Polizei immer von einem Täter mit räumlichem Bezug zum Opfer ausgegangen.

In der eigenen Wohnung festgenommen

Die Sache scheint sicher, der Täter könnte gefasst sein. Eine DNA-Analyse soll nun Sicherheit bringen. Sein Erbgut wird mit der Erbsubstanz verglichen, die im Auto von Maria Bögerl gesichert worden war. Doch dann die Wende: Die Analyse ist negativ. "Der Tatverdacht gegen den festgenommenen Mann hat sich damit nicht erhärtet", heißt es nun von der Staatsanwaltschaft. Noch am Donnerstag wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt. Sowohl bei seiner Verhaftung, als auch während des Verhörs hatte der Verdächtige eine Tatbeteiligung bestritten. Festgenommen wurde er in seiner Wohnung in Königsbronn, zehn Kilometer von Heidenheim entfernt, wo die Familie Bögerl wohnte.

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Der Fall aus dem Jahre 2010 bleibt damit weiterhin ungeklärt und mysteriös. Die zweifache Mutter Maria Bögerl war am 12. Mai 2010 aus ihrem Haus entführt und umgebracht worden. Der oder die Täter verlangten 300.000 Euro Lösegeld. Die Ermittler berichteten später, dass sich der Entführer in dem Anruf bei Thomas Bögerl "Schmid" nannte und schwäbischen Dialekt sprach. So sagte er demnach etwa: "Machen Sie keine Sperenzle".

Doch die Übergabe scheiterte: Der Mann der Entführten hatte das Lösegeld eine halbe Stunde später als vereinbart hinterlegt - das Geld wurde nicht abgeholt. Anfang Juni fand ein Spaziergänger dann die verweste Leiche der 54-jährigen Frau an einem Waldrand bei Heidenheim. Ihr Ehemann tötete sich später selbst. Er war in Verdacht geraten, in den Fall verwickelt zu sein, was sich jedoch nicht erhärten ließ.

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