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Blumen zum Gedenken an die getötete Studentin in Freiburg

© dpa/Patrick Seeger

Update

Nach Mord an Studentin in Freiburg: Polizei untersucht Umfeld des 17-jährigen Tatverdächtigen

Sieben Wochen nach dem Mord an einer Medizinstudentin in Freiburg fasst die Polizei einen Verdächtigen. Der junge Mann kam vor einem Jahr als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland.

Nach der Festnahme eines Verdächtigen im Fall der getöteten Studentin in Freiburg untersucht die Polizei das Umfeld des Jugendlichen. Geklärt werden müsse, ob sich der 17-Jährige und sein Opfer kannten, sagte ein Polizeisprecher. Zudem sei noch unklar, ob die Tat geplant oder die Studentin ein Zufallsopfer war.

Der 17-jähriger Tatverdächtige sitzt in Untersuchungshaft. Der Vorwurf laute auf Vergewaltigung und Mord, sagte Staatsanwalt Dieter Inhofer am Samstag in Freiburg. Es handele sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen minderjährigen unbegleiteten Flüchtling, der 2015 aus Afghanistan eingereist sei.

Ein 18,5 Zentimeter langes schwarzes Haar mit changierender Blondierung in einem Dornengebüsch ist nach Polizeiangaben wichtiges DNA-Material, das zu dem Täter führte. Ein schwarzer Schal im Flussbett der Dreisam spielte demnach zudem eine Rolle bei der Aufklärung des Sexual- und Gewaltverbrechens.

Die junge Frau sei vergewaltigt und ihre Leiche im Fluss Dreisam gefunden worden. Die 19-Jährige sei ertrunken, sagte der Soko-Leiter David Müller. Die Frau war demnach mit ihrem Fahrrad auf dem Heimweg von einer Uni-Party, als sie Opfer der Verbrechens wurde. Man habe durch Vernehmungen und durch eine webbasierte Umfrage die Zeit vor der Tat in weiten Teilen lückenlos rekonstruieren können, sagte Müller.

50 Minuten vor der Tat hatte sich ein junger Mann mit einem schwarzen Schal rund einen Kilometer vom Tatort aufgehalten. Dies ergab die Auswertung von Videoaufzeichnungen der Freiburger Verkehrs-AG. Die Ermittler hätten einen Verdächtigen mit markanter schwarzer Haarfrisur in einer Videoauswertung von der Kameraüberwachung entdeckt. Der Verdächtige sei am Freitag identifiziert worden.

Die Polizei hatte etwa 1400 Menschen vernommen und rund 1600 Hinweise geprüft, darunter die auf ein herrenloses Fahrrad in der Nähe.

Oberbürgermeister warnt vor Pauschalurteilen

Der Fahndungserfolg ist nach Meinung des Freiburger Oberbürgermeisters Dieter Salomon (Grüne) wichtig für die Stadt. „Dieser Fahndungserfolg ist wichtig für den weiteren Umgang mit solchen Ereignissen und für das Sicherheitsgefühl in der Stadt“, teilte Salomon am Samstag mit. Er lobte die Ermittler. „Es ist ein großer Fahndungserfolg der Polizei, dass sie diesen grausamen und schrecklichen Mord so schnell aufklären konnte.“

Seine Gedanken seien bei der Familie der Studentin sowie ihren Freunden. Salomon mahnte zugleich, die „Herkunft des Täters nicht für Pauschalurteile heranzuziehen, sondern den Einzelfall zu betrachten“.

AfD-Kundgebung in Freiburg verhindert

Laut einem Bericht des SWR haben bis zu 300 Demonstranten am Sonntagabend in Freiburg eine geplante Kundgebung der AfD verhindert, zu der etwa 30 Menschen erschienen waren. Der AfD-Kreisverband Freiburg hatte nach der Festnahme des 17-Jährigen geschrieben, die Studentin sei ein Opfer der "Willkommenskultur" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Bevölkerung müsse endlich aufwachen. Bei dem Aufeinandertreffen der AfD-Anhänger und der Gegendemonstranten kam es laut SWR zu kleineren Rangeleien gekommen, verletzt worden sei aber niemand. Die Polizei habe die beiden Gruppen getrennt.

"Tagesschau" erklärt Verzicht auf Meldung

Die ARD-„Tagesschau“ hat sich auf Facebook dazu geäußert, warum die Festnahme in Freiburg in der 20-Uhr-Ausgabe vom Samstag nicht vorkam. Der Fall habe eher „regionale Bedeutung“, zudem gelte bei dem noch minderjährigen Verdächtigen „der besondere Schutz von Jugendlichen“, schrieb die in Hamburg ansässige Redaktion von ARD-Aktuell am späten Samstagabend in einem Facebook-Kommentar. „Auf Tagesschau.de sowie auf Facebook und Twitter haben wir am Nachmittag berichtet.“ Auf diesen Eintrag reagierten zahlreiche Nutzer mit Kritik.

Unter einem Link zu Berichterstattung des Südwestrundfunks (SWR) erklärte die „Tagesschau“ ihre Vorgehensweise wie folgt: „Bei aller Tragik für die Familie des Opfers hat dieser Kriminalfall eine regionale Bedeutung. Die Tagesschau berichtet überregional, als Nachrichtensendung für ganz Deutschland. Darüber hinaus haben die Ermittlungsbehörden die Presse von der Festnahme eines Tatverdächtigen in Kenntnis gesetzt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Da es sich bei dem Verdächtigen um einen 17-Jährigen handelt, ist bei jeglicher Berichterstattung der besondere Schutz von Jugendlichen und Heranwachsenden zu beachten - unabhängig von deren Herkunft.“

Fall der getöteten Joggerin noch ungelöst

Der Fall einer Anfang November ermordeten Joggerin in Endingen bei Freiburg ist noch ungelöst. „Wir haben bislang keine Verbindung zum Tötungsdelikt in Endingen“, sagte Inhofer auf der Pressekonferenz. Man habe aber auch noch nicht alle Spuren ausgewertet. Die Sonderkommission „Erle“ befragt in dem Endinger Fall Zeugen und wertet DNA-Spuren aus.

Die 27 Jahre alte Frau war Anfang November von einem Unbekannten vergewaltigt und ermordet worden. Sie war an einem Sonntagnachmittag alleine zum Joggen aufgebrochen und nicht zurückgekehrt. (dpa)

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