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Panorama: Nicht Land noch Thron

Es gibt etwa 50 Prinzessinnen und Prinzen von Preußen. Eine von ihnen, Kira, starb am Samstag in Berlin

Der plötzliche Medienrummel um ihre Person wäre ihr zu Lebzeiten wohl befremdlich gewesen. Prinzessin Kira von Preußen lebte eher zurückgezogen, bevorzugt in Frassbach in Bayern, zuletzt in ihrer Wohnung in Berlin. Dort starb die Urenkelin des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. am Samstag im Alter von 60 Jahren. Gänzlich überraschend kam ihr Tod nicht. Die am 27. Juni 1943 geborene Prinzessin Kira von Preußen litt seit Jahren an einer schweren Krankheit.

Zuletzt sei es ihr sehr schlecht gegangen. Kenner der Familie beschreiben sie als „sehr zurückhaltend, warmherzig, normal und bodenständig“. Prinzessin Kira war das vierte von sieben Kindern von Prinz Louis Ferdinand, der bis zu seinem Tod im Jahr 1994 Chef des Hauses Preußen war. Sie führte das Vermächtnis ihrer Mutter, der russischen Großfürstin Kira Kirillowna, weiter und kümmerte sich um bedürftige Kinder. Die Prinzessin-Kira-von-Preußen-Stiftung ermöglicht es Kindern aus Berlin, Brandenburg und Russland, während der Sommermonate einige Wochen Freizeit auf der Burg Hohenzollern zu verbringen.

Die märchenhafte Festung im baden-württembergischen Hechingen, nahe Tübingen am Fuß der Schwäbischen Alb gelegen, ist Stammsitz der Fürsten von Hohenzollern, aus denen später das preußisch-brandenburgische Herrschergeschlecht hervorging. Jährlich zieht die geschichtsträchtige Festung auf dem Kegelberg vor dem Städtchen Hechingen rund 300000 Besucher aus aller Welt an. Seit etwa zwei Jahren ist der 27-jährige Prinz Georg Friedrich Chef des Hauses Preußen. Das Haus, das außer einem Teil der Burg in Hechingen keine weiteren Burgen oder Schlösser oder Ländereien besitzt, erhebt noch immer Anspruch auf einen deutschen Thron. Es gibt etwa 50 Prinzessinnen und Prinzen von Preußen. Nach dem Tod seines Vaters, Prinz Louis Ferdinand jr., der 1997 bei einem Unfall bei der Bundeswehr ums Leben kam, erkor Louis Ferdinand seinen damaligen Lieblingsenkel zum Alleinerben – Georg Friedrich hatte seinerzeit gerade mal das zarte Alter von fünf Jahren. Was folgte, war eine jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung um den Nachlass, der als „Erbschlacht der Preußen“ bundesweit Schlagzeilen lieferte. Weil nach preußischem Hausrecht nicht standesgemäß verheiratet, wurde eine Generation der Preußenprinzen in der Erbfolge übergangen. Der Bundesgerichtshof erklärte die so genannte Ebenbürtigkeitsklausel – wer Chef des Hauses Preußen werden will, muss mit einer Frau aus ebenfalls herrschendem Adelshause in Europa verheiratet sein – zwar für alt, aber für gültig und rechtens. Auch Prinzessin Kira zog eine bürgerliche Liaison und ein normales Leben vor. Von 1973 bis 1984 war sie mit dem Amerikaner Thomas Frank Liepsner verheiratet. Aus der Ehe ging eine Tochter, die 1977 geborene Kira Marina, hervor.

Prinzessin Kira von Preußen war nach dem Studium in Berlin und Erlangen als Sprachlehrerin tätig. Die zweite Leidenschaft von Prinzessin Kira war die Musik. Den Sitz im Kuratorium des Bad Kissinger Kulturfestivals „Kissinger Sommer“ hatte sie von ihrem Vater übernommen. Nur wenige Wochen vor ihrem Tod gründete sie eine zweite Stiftung: die „Kira Prinzessin von Preußen Musik- und Kulturstiftung“. Wie es mit diesem Vermächtnis weitergehen soll, ist noch offen. „Prinzessin Kira von Preußen hat sich sehr für Russland engagiert und vielen russischen Musikern Auftritte in Deutschland ermöglicht“, sagt Michaela Blankart, Leiterin des Berliner Büros von Prinz Georg Friedrich von Preußen. Der Trauergottesdienst für Prinzessin Kira von Preußen findet am Mittwoch, 21. Januar, in der Berliner Gedächtniskirche statt. Die Urnenbeisetzung ist für Samstag, 24. Januar, im engsten Familienkreis auf der Burg Hohenzollern geplant. Ihre letzte Ruhestätte findet Prinzessin Kira in der Auferstehungskapelle innerhalb der Burg, neben ihrem Vater Louis Ferdinand, ihrer 1967 verstorbenen Mutter Kira und der Schwester Xenia.

Volker Rath

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