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Die Sünderin. Maria Magdalena salbt das Gesicht Jesu. Szene aus den Passionsspielen in Oberammergau.

© dapd

Papyrusfund: Hatte Jesus eine Frau?

Die US-Forscherin Karen King hat einen Papyrusfund vorgestellt, der die Annahme bestärken soll, dass Christus verheiratet war. Die Herkunft des Dokuments wurde nicht mitgeteilt.

Um das Privatleben des Messias ranken sich seit Jahrhunderten wilde Spekulationen. Ein altes Stück Papyrus könnte jetzt die Antwort liefern. In koptischer Schrift steht da: „Jesus sagte zu ihnen, ,meine Frau...’“ – eine Zeile später heißt es, „sie kann zu meinen Jüngern gehören“. Das Dokument könnte das Christentum auf den Kopf stellen. Woher das Papyrus-Stückchen stammt, wird nicht mitgeteilt. Vorgestellt wurde es jetzt in Rom von Karen L. King, einer Professorin, die in Harvard lehrt. Zuvor hatte die „New York Times“ ausführlich darüber berichtet. King gilt als Expertin für Gnostizismus und die Rolle der Frau in der Bibel. Sie ist zudem auf koptische Schriften spezialisiert und erhielt das Schriftstück von seinem amerikanischen Besitzer, der es wiederum 1997 von einem deutschen Sammler erstanden hatte. Teil des Verkaufs war seinerzeit laut „Huffington Post“ auch die handschriftliche Notiz eines mittlerweile verstorbenen Berliner Professors, der ebenfalls in dem Papier einen „einmaligen Beweis“ dafür sah, dass Jesus tatsächlich verheiratet gewesen sei. Der Name des Berliner Professors wird nicht genannt.

Bisher ist das Papyrus noch nicht auf sein genaues Alter und seine Echtheit untersucht worden. Experten gehen aber davon aus, dass es sich um ein Fragment aus dem vierten Jahrhundert handelt.

„Die christliche Lehre baut darauf, dass Jesus nicht verheiratet war“, erklärte King. Es hätte für dessen Single-Dasein zwar nie einen historischen Beweis gegeben, doch auf die Überlieferung baut in der katholischen Kirche immerhin das Zölibat und die Ansicht, dass Frauen das Priesteramt verwehrt ist. „Wenn Jesus verheiratet war, müssen die orthodoxen Lehren umgeschrieben werden“, sagt der Religionspublizist Michael D’Antonio. „Es gäbe dann keine männlichen Privilegien mehr.“ Damit wäre die christliche Lehre an einem Punkt angekommen, den sie vor zweitausend Jahren schon einmal hatte. Dass Jesus verheiratet war, war in den ersten zwei Jahrhunderten der Zeitrechnung eine verbreitete Auffassung. Die Single-Theorie kam erst um das Jahr 200 auf, als sich der Theologe Clement von Alexandria allgemein gegen die Ehe aussprach und als eine Institution bezeichnete, die der Teufel geschaffen habe.

Rund 20 Jahre später erklärte der Karthager Tertullian, dass Jesus „absolut unverheiratet“ gewesen sei, und wies Christen an, ebenfalls unverheiratet zu bleiben. Er entschärfte seine Position später und erklärte, dass Paare einmal heiraten dürften – Scheidungen schloss er aber aus. Letztlich setzte sich die Ansicht durch, dass das Zölibat eine besondere christliche Tugend, die Ehe aber im Sinne der Fortpflanzung notwendig sei. Auch in der jüngeren Literatur wurde immer wieder über Jesu Privatleben diskutiert. In dem gleichnamigen Erfolgsfilm ist „die letzte Versuchung Christi“ nichts anderes als eine mögliche Eheschließung mit Maria Magdalena, und auch Dan Browns „Sakrileg“ vertritt die These, dass Maria Magdalena Jesu Ehefrau und die Mutter seiner Tochter Sarah sei. Maria Magdalena wäre tatsächlich die naheliegendste Kandidatin, wenn Jesus tatsächlich verheiratet gewesen sein sollte. Sie gilt als engste Vertraute des Messias und in der Kirche als Apostelgleiche. Laut biblischer Überlieferung war sie die erste, die Jesus nach dessen Auferstehung zu Gesicht bekam. Welche weiteren Geheimnisse das alte Papyrus beherbergt, wird noch untersucht. Während die Textfragmente auf der Vorderseite gut lesbar und alle acht Zeilen übersetzt sind, ist die Rückseite schwer beschädigt. Besonders bei jüdischen Forschern findet sich die These, Jesus müsse verheiratet gewesen sein. Ihr Argument: Jesus tritt in den Evangelien erst im Alter von 30 Jahren auf und die Juden seiner Zeit hätten traditionell sehr früh geheiratet. Zudem erwarte man von einem Rabbi, dass er Frau und Kinder haben muss. Der Erlanger Theologieprofessor Peter Pilhofer sagte dagegen gegenüber epd: „Jesus hat alle Familienbande gelöst, deswegen ist es absolut unwahrscheinlich, dass er verheiratet war.“ Dass Frauen im Umkreis Jesu unterwegs waren, sei „historisch völlig unstrittig“. Es habe geradezu einen „Fanclub von Frauen“ im Anhängerkreis gegeben. Pilhofer: „Da brauchen wir keinen neuen koptischen Papyrus.“

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