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Panorama: Salz – doch nicht schlecht fürs Herz? Forscher streiten über eine Studie

Gesundheitsexperten gilt Kochsalz als Übeltäter. Zuviel Salz im Essen kann den Blutdruck erhöhen und damit die Gefahr von Herzinfarkt und Schlaganfall.

Gesundheitsexperten gilt Kochsalz als Übeltäter. Zuviel Salz im Essen kann den Blutdruck erhöhen und damit die Gefahr von Herzinfarkt und Schlaganfall. Aber nun haben europäische Forscher eine Studie veröffentlicht, die diese Tatsache anscheinend auf den Kopf stellt. Menschen, die wenig Salz zu sich nehmen, haben danach ein höheres Risiko, an einem Herz- oder Gefäßleiden zu sterben, berichten die Ärzte im Fachblatt „Jama“. Auf der anderen Seite vergrößert hoher Salzkonsum nicht die Gefahr von Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Krankheiten.

„Es ist möglicherweise falsch, pauschal den Salzkonsum zu verringern“, sagte der Studienautor Jan Staessen von der Universität Löwen (Belgien) gegenüber dem Internetdienst „heartwire“. „Der Verzicht auf Kochsalz ist für Patienten wichtig, die bereits hohen Blutdruck haben und vielleicht für Menschen mit einer Pumpschwäche des Herzens. Aber es gibt kaum Argumente dafür, dass eine verringerte Salzaufnahme für die Allgemeinbevölkerung einen nennenswerten Nutzen hat.“ Staessen zielt auf Bestrebungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ab, den Salzkonsum global zurückzudrängen. Nach einer Modellrechnung würde allein in den USA der tägliche Verzicht auf drei Gramm Salz pro Person zu 92 000 weniger Todesfällen führen, knapp 100 000 Herzinfarkte verhindern und bis zu 24 Milliarden Dollar Gesundheitskosten sparen.

An der „Jama“-Studie unter Leitung von Katarzyna Stolarz-Skrzypek nahmen rund 3600 Menschen teil, deren Gesundheitszustand über knapp acht Jahre beobachtet wurde. Der Salzkonsum wurde indirekt über den Natriumgehalt des Urins bestimmt. Nach acht Jahren waren unter dem Drittel der Personen mit der niedrigsten Natriumausscheidung 50 Todesfälle (4,1 Prozent) aufgetreten, in der mittleren Gruppe 24 (1,9 Prozent) und in der Gruppe mit dem mutmaßlich höchsten Salzkonsum 10 (0,8 Prozent). Je mehr Salz die Versuchspersonen zu sich nahmen, umso geringer war die Gefahr, einem Herz- oder Gefäßleiden zu erliegen. Lediglich der obere (systolische) Blutdruckwert stieg mit dem Salzverzehr an, doch blieb das ohne Folgen.

Es handle sich um eine schlechte Studie mit großen methodischen Schwächen, kritisierte Graham MacGregor von der Queen-Mary-Universität in London, der für den Verzicht auf Kochsalz kämpft. „Die Forscher haben gezeigt, dass mehr Salz den Blutdruck erhöht, und doch behaupten sie, dass Salzverzehr zu Krankheitsereignissen in umgekehrter Beziehung steht – das ergibt keinen Sinn“, sagte MacGregor zu „heartwire“. Nur die Voreingenommenheit der Wissenschaftler könne das erklären. „Stets hat sich gezeigt: Alles, was den Blutdruck senkt, ist nützlich gegen Herzinfarkt und Schlaganfall.“ Die Belege für einen günstigen Effekt durch weniger Kochsalz seien überwältigend. Die Verringerung des Salzkonsums sei nach dem Kampf gegen den Tabak die nächste große Aufgabe, habe ein Treffen bei der WHO ergeben.

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