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Erfolgreich in der Traumfabrik. Melissa McCarthy ist ab Donnerstag in ihrem neuen Film zu sehen. In „Taffe Mädels“ („The Heat“) spielt sie an der Seite von Sandra Bullock eine knallharte Polizistin.

© AFP

Schauspielerin Melissa McCarthy: Nicht länger nur die lustige Dicke

Die Schauspielerin Melissa McCarthy wurde einst als „Nilpferd“ beschimpft. Sie reagierte cool – und macht eine rasante Karriere. Mit ihrem neuen Film "Tammy" will sie sich nun über festgefahrene Rollenbilder hinwegsetzen.

Mitten im Film gibt es diese schöne Szene: Melissa McCarthy reißt Sandra Bullock die Hosen herunter, zum Vorschein kommen Spanx, Schlankmacherunterhosen, nicht sexy. „Was ist das?“, fragt McCarthy entsetzt und Bullock antwortet verschämt, dass die alles zusammenhalten sollen. „Was soll denn da bitte rausquellen?“, will McCarthy mit Blick auf Bullocks Fohlenbeine wissen – eine schöne Anspielung auf den Schlankheitswahn in Hollywood, wo Size Zero und Spanx zur Grundausstattung für Schauspielerinnen gehören. Nicht jedoch für McCarthy, die derzeit mit zwei Filmen im Kino zu sehen ist: Als Pfandhausbesitzerin in „Hangover 3“ und ab Donnerstag als knallharte Polizistin im Duo mit Sandra Bullock in „Taffe Mädels“ („The Heat“).

Die 42-Jährige beweist, dass Größe XXL mindestens genau so hollywoodtauglich sein kann wie Size Zero – auch, wenn das mancher Kritiker und Werbeexperte offensichtlich nicht glaubt. Wie ein „fettes Nilpferd“ sehe sie aus, ihre Körpergröße gleiche der eines „Traktors“, sie sei übergewichtig, wie widerlich. So beschimpfte US-Autor Rex Reed McCarthy im „New York Observer“ in seiner Kritik zu McCarthys Film „Voll abgezockt“ („Identity Thief“). Geschadet hat diese Kritik aber nicht der Schauspielerin, sondern dem Journalisten, über den ein Shitstorm niederging. Melissa McCarthy schwieg zunächst, später sagte sie in der „New York Times“ über Reed: „Jemand, der in so viel Hass schwimmt, tut mir wirklich leid“. Sie sei sehr glücklich, wäre sie jedoch jünger, hätte der Artikel sie „womöglich zerstört“. Dennoch könnten solche Texte eine gefährliche Wucht entfalten. Als Mutter von zwei jungen Mädchen wisse sie, dass solche falschen Schönheitsvorstellungen eine fatale Wirkung haben könnten.

Allerdings ist Reed nicht der Einzige, der offensichtlich glaubt, dass Melissa McCarthys Körpergröße Einfluss auf ihr Talent haben könnte. Als jetzt zum Filmstart von „Taffe Mädels“ in Großbritannien die Werbeplakate aufgehängt wurden, war McCarthy an der Seite von Sandra Bullock kaum wiederzuerkennen: Das Gesicht seltsam verschwommen, der Körper künstlich zusammengefügt – das Ergebnis eines missglückten Verschlankungsversuchs per Photoshop. Peinlich. Für die Macher, nicht für McCarthy.

Melissa McCarthy weiß ihre Körpergröße bewusst zu inszenieren

Auch wenn sie sich manchmal wünsche „wie durch ein Wunder“ plötzlich Kleidergröße 36 zu haben, und „nie wieder an mein Gewicht denken“ zu müssen, wie McCarthy kürzlich in einem Interview sagte, hat sie ihre Körpergröße immer zu inszenieren gewusst. Für ihre Rolle als Megan in „Brautalarm“ ist sie 2011 als Beste Nebendarstellerin für zahlreiche Preise wie den Oscar, den BAFTA-Award und den Screen Actors Guild Award nominiert gewesen. Für ihre Hauptrolle in der TV-Serie „Mike & Molly“, die dienstags um 22 Uhr 15 auf ProSieben zu sehen ist, hat sie 2011 den Fernsehpreis Emmy als Beste Hauptdarstellerin in einer Comedyserie gewonnen. Und auch mit „Taffe Mädels“, Regie führt wie auch in „Brautalarm“ Paul Feig, könnte sie wieder einen Blockbuster landen.

Angefangen hat McCarthy, die auf einer Farm in Illinois geboren und heute mit Schauspieler Ben Falcone verheiratet ist, mit verschiedenen kleinen Serienrollen. Bekannt geworden ist sie dann mit den „Gilmore Girls“, der große Durchbruch kam mit „Brautalarm“. Ihre Comedy soll aber nicht bloß Vergnügen sein, sagte McCarthy in der „New York Times“: Ich will die Grenzen von dem überschreiten, was in der Gesellschaft normalerweise akzeptiert ist.“

"Tammy" oder weg vom Klischee der "lustigen Dicken"

Allerdings: Bisher ist McCarthy fast ausschließlich in der Rolle der lustigen Dicken besetzt worden, so wie jetzt auch in „Taffe Mädels“. Sich über das Klischee hinauszuwagen, hat sich noch kein Caster und Regisseur getraut. Dass sie auch traurig, klug oder sexy sein kann, ohne dass es gleich albern wird, will man dem Publikum offenbar nicht zeigen.

Deshalb versucht es McCarthy jetzt selbst. „Tammy“ heißt der Film, zu dem sie zusammen mit ihrem Mann das Drehbuch geschrieben hat. Er führt Regie, sie spielt die Hauptrolle: eine Frau, die ihren Job verliert und dazu erfährt, dass ihr Mann sie betrogen hat. Also schnappt sie sich ihre dem Alkohol viel zu stark zugeneigte Großmutter, gespielt von Susan Sarandon, und begibt sich auf eine Reise. 2014 soll der Film in die Kinos kommen. Es wird spannend zu sehen sein, wie Zuschauer und Kritiker reagieren, wenn sie nicht das Klischee serviert bekommen.

Sonja Álvarez

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