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Lässt sich nicht unterkriegen: Dieter Nuhr, Kabarettist.

© dpa

Streit um Islam-Satire: Dieter Nuhr - der tapfere Kabarettist

Wer sich wie Dieter Nuhr kritisch zum Islam äußert, muss mit Anfeindungen von zwei Seiten rechnen. Von Seiten der Muslimorganisationen und von Seiten deutscher Medien, die es gar nicht gut finden, wenn jemand den Islam kritisiert. Ein Kommentar.

Von Andreas Oswald

Wer den Islam kritisiert, muss sich schnell den Vorwurf der Islamophobie anhören. Diese Erfahrung macht derzeit der Kabarettist Dieter Nuhr. Der seit vielen Jahren erfolgreiche Entertainer und Jacob-Grimm-Preisträger hat wiederholt die Lage der Frau in islamischen Ländern zum Thema gemacht. Ein Kernsatz von ihm lautet: „Der Islam ist nur tolerant, wo er keine Macht hat.“ Bei seinen Auftritten bringt er das Publikum zum Lachen, wenn er sagt: „Im Islam ist die Frau zwar frei, aber in erster Linie frei davon, alles entscheiden zu müssen.“ Oder: „Während auf islamische Märtyrer 72 Jungfrauen im Himmel warten, wartet auf die Frauen nur der eigene Ehemann.“ Um zu ergänzen: „Wenn man nicht wüsste, dass der Koran Gottes Wort ist, könnte man meinen, ein Mann hätte ihn geschrieben.“

Unter dem Vorwurf der „Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgesellschaften“ hat nun der in Osnabrück stadtbekannte Muslim-Aktivist Erhat Toka Anzeige gegen Nuhr erstattet. Die örtliche „Neue Osnabrücker Zeitung“ hat als erste über diese Anzeige berichtet und mit einem den Islam verteidigenden Kommentar versehen, in dem Nuhr der Lüge bezichtigt wurde, was seine Darstellung des Islam angeht. Nuhr wurde von der Zeitung nicht zitiert. Nuhr, ganz Satiriker, keilte daraufhin per Twitter zurück: „Bin von Islamisten als ,Hassprediger‘ angezeigt worden, weil ich den Koran richtig zitiert habe. Bitte um regelmäßige Besuche im Gefängnis! Neue Osnabrücker Zeitung holt ausschließlich Meinung bei den Islamisten ein und zeigt sich verständnisvoll. Die Frage ist: Braucht ein Land, das solche Zeitungen hat, überhaupt noch Islamisten?“

Als Nuhr am Samstagabend in Osnabrück auftrat – dem Tag, an dem im Morgengrauen im Iran die 26jährige Reyhaneh Jabbari gehenkt wurde, weil sie einen mutmaßlichen Vergewaltiger erstochen hatte –, demonstrierte vor dem Saal Anzeigensteller Erhat Toka mit etwa 30 Mitstreitern gegen den Kabarettisten. Für den ist der Vorgang sicherlich große Werbung. Andererseits wünscht sich niemand Aufmerksamkeit von Islamisten. Nuhr sagt, er habe keine Angst. Tatsächlich gibt es keinen anderen Comedian in Deutschland, der sich beim Thema Islam so vorwagt. Nuhr greift seine Kollegen an: „Die ziehen dann halt den Schwanz ein. Sonst wäre man ja ,islamophob‘.“

Die Angst der Entertainer ist also vor allem eine vor denjenigen, die Kritiker des Islam mit Totschlagargumenten zum Schweigen bringen wollen. Dabei haben es Islamversteher zur Zeit auch nicht einfach. Die Berichte von der Hinrichtung von Reyhaneh Jabbari in Iran, der Raub von Schulmädchen durch Boko Haram und Berichte, wie die Gotteskrieger des "Islamischen Staats" die Vergewaltigung von Frauen des Feindes rechtfertigen, machen es schwer, die These von Dieter Nuhr zu widerlegen, dass der Islam nur dort tolerant ist, wo er keine Macht hat.

Die Frage ist, ob angesichts der Gräuel ausgerechnet Satire eine angemessene Form der Kritik ist. Aber Dieter Nuhr ist insofern eine gewisse Tapferkeit zu bescheinigen, als er sich kritisch mit dem Toleranzmilieu auseinandersetzt, aus dem er selber kommt. Wie kann man Kritik üben, ohne von seinesgleichen als Phobiker angesehen zu werden? Andererseits ist die Angst, als Rechter dazustehen, gar nicht so schlecht, das zwingt zur Mäßigung. Die wiederum hat Nuhr gar nicht nötig. Es gibt nur eine Gefahr. Dass Nuhr wegen der ganzen Aufregung ein neues Publikum aus der rechten Ecke bekommt, das er nicht will. Aber damit wird er fertig werden. Dann bekommen die Rechten ihr Fett weg.

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