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Maut für Baustellen: Viele Griechen rebellieren gegen Autobahngebühren

Autofahrer in Griechenland revoltieren, sie zahlen die nach ihrer Meinung unberechtigten Straßenbenutzungsgebühren einfach nicht. Der Volkszorn ist nicht ganz unverständlich.

Athen - In forschem Tempo fährt der schwarze VW Golf auf die Mautstelle zu. Aber statt das Fenster zu öffnen und der jungen Dame im Kassenhäuschen 3,10 Euro Gebühr auszuhändigen, steigt der Fahrer aus, schiebt den Schlagbaum per Hand hoch, wünscht „Kalimera“, einen guten Tag, und fährt weiter. So wie bei Eleusis vor den Toren Athens geht es an immer mehr Mautstellen auf den griechischen Fernstraßen zu: Die Autofahrer revoltieren, sie zahlen die nach ihrer Meinung unberechtigten und zum Jahreswechsel vielerorts auch noch erhöhten Straßenbenutzungsgebühren einfach nicht.

Der Volkszorn ist nicht ganz unverständlich. Denn in vielen Fällen sollen die Automobilisten für die Benutzung von Straßen bezahlen, die es noch gar nicht gibt. Sie müssen an den Mautstationen gutes Geld berappen, quälen sich dann aber durch endlose Baustellen. Nirgendwo in Europa werden derzeit so viele Fernstraßen zu Autobahnen ausgebaut wie in Griechenland. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 7,5 Milliarden Euro – Geld, das der hoch verschuldete Staat unmöglich allein aufbringen kann. Deshalb beteiligt er private Investoren. Die Baufirmen stellen Eigenkapital, besorgen Bankkredite und kassieren dafür als Konzessionäre über einen bestimmten Zeitraum Mautgebühren – und zwar vom Baubeginn an.

Das will vielen griechischen Autofahrern nicht einleuchten. Sie müssen für die Fahrt von Athen ins 500 Kilometer entfernte Thessaloniki und zurück etwa 50 Euro Maut zahlen – viel Geld, wenn man bedenkt, dass man für rund 30 Euro alle Autobahnen Österreichs ein ganzes Jahr lang benutzen kann. Die Strecke nach Thessaloniki, zum größten Teil von einem Konsortium unter Führung von Hochtief betrieben, ist überdies bisher nur abschnittsweise als Autobahn ausgebaut. Noch schlimmer sieht es auf der Route zwischen Korinth und Patras aus. Die Straße hat überwiegend nur eine Fahrspur in jeder Richtung, eine Baustelle reiht sich an die andere. Auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki verweigern nach inoffiziellen Angaben 15 Prozent der Fahrer die Maut – Tendenz: steigend.

Bisher konnten die Straßenbetreiber wenig machen. Die Verkehrspolizei schreitet gegen Mautpreller nicht ein. Jetzt wollen die Mautgesellschaften Kameras installieren und mittels Fotobeweis die verweigerten Gebühren per Gericht eintreiben. Gerd Höhler

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