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Roboter

© dpa

Wissenschaft: Roboter schreibt Bibel in mittelalterlicher Schrift

Sieben Monate am Stück hat ein Roboter die Bibel fein säuberlich in einer Schrift aus dem 15. Jahrhundert zu Papier gebracht. Gänzlich frei von Fehler ist die Maschine "bios [bible]" aber nicht.

Nach sieben Monaten durchgehender Schreibarbeit darf die Maschine "bios [bible]" endlich ihren verdienten Feierabend genießen. Der einarmige Roboter hat Großes geleistet: Mit Hilfe einer Kalligraphie-Feder hat er seit Juni vergangenen Jahres die gesamte Lutherbibel in Schönschrift zu Papier gebracht. Seine Schöpfer sind Künstler am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM).

Unter den Namen "robotlab" programmieren Martina Haitz, Matthias Gommel und Jan Zappe seit 2000 Roboter um. "Es werden weltweit über eine Million Industrieroboter wirtschaftlich eingesetzt. Uns interessiert ihr künstlerisches Potenzial", erklärt Zappe.

900 Meter lange Papierrolle

Im vergangenen Sommer hat "bios [bible]" seine Mission aufgenommen und damit begonnen, die 66 Bücher der Bibel feinsäuberlich abzuschreiben. Rund 3,5 Millionen Buchstaben hat der Roboter in den folgenden Monaten zu Papier gebracht. Dabei hat die Maschine 700 Milliliter Tinte auf eine 900 Meter lange Papierrolle aufgetragen. Das Projekt "bios [bible]" ist "ready-made", das heißt, an dem Roboter selbst haben die drei Künstler nichts verändert. "Er bleibt eine Arbeitsmaschine und wird doch zum Teilnehmer an der Gesellschaft", so Gommel. Über die Schrift teilt er sich mit.

Doch verkehrte Welt: Anstelle des erwarteten maschinellen Drucks verwendet der Roboter die gebrochene Handschrift "Schwabacher" des 15. Jahrhunderts - Buch für Buch in mittelalterlicher Schnörkelschrift. Die Bibel ist für die Künstler und ihre Maschine eine besondere Herausforderung. "Sie ist eines der bedeutendsten Werke unserer Zeit und besitzt eine riesige Datenmenge", sagt Zappe.

Zwei Fehler bei 800.000 Wörtern

Die Gruppe habe die Maschine zu einem Übermittler im Kommunikationsprozess gemacht. Der Roboter ist aber nicht ganz perfekt: Immerhin haben sich bei 800.000 Wörtern doch zwei Fehler eingeschlichen - da hatte "bios [bible]" geschummelt und Buchstaben ausgelassen.

Das "Gehirn" des Roboters besteht aus mehreren Ebenen. Ein Repertoire aus Buchstaben, eine Anleitung für das Setzen dieser Letter und der Text der Bibel in digitaler Form sind Teile der Software. Drei Monate hat "robotlab" daran getüftelt. Die Konvertierung und Koordination der Ebenen macht es möglich, dass "bios [bible]" weiß, wann er welchen Buchstaben setzen muss. Zwei Stunden braucht die Maschine für eine Spalte der 42-zeiligen Lutherbibel. Das biblische Werk des Roboters ähnelt jedoch eher einer jüdischen Thorarolle und soll nach Abschluss der Arbeit noch zurecht geschnitten werden.

Dann werden sowohl der Produzent als auch sein Produkt in den geschlossenen Studienräumen des ZKM in Karlsruhe auf die nächste Ausstellung warten. "Wir wollen eigentlich nicht, dass dieses hochwertige Produkt unserer Installation museal bleibt", erklärt Gommel. Der Wunsch könnte sich für die assoziierte Künstlergruppe des ZKM rasch erfüllen. Eine US-amerikanische Gemeinde hat bereits Interesse an der Roboter-Bibel geäußert. Dort will man das Maschinen- Werk dann nicht nur ausstellen, sondern aus dem Bibeltext vorlesen.

Kristina Clauß[dpa]

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