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Hunderte Millionen Euro muss Air Berlin einsparen. Das trifft auch die Mitarbeiter.

© dpa

Air Berlin: "Airline mit Herz" streicht 900 Jobs

Die Sparpläne bei Air Berlin kosten fast jeden zehnten Arbeitsplatz. Zugleich will sich die angeschlagene Fluggesellschaft kundenfreundlicher präsentieren.

Air Berlins Mitarbeiter waren gewarnt, allerdings nicht von ihrem Arbeitgeber. Im Dezember noch ließ das Unternehmen erste konkrete Berichte, wonach jede zehnte Stelle zur Disposition steht, unkommentiert. Am Dienstag wurde es amtlich: Air Berlin kündigte eine Verschärfung des aktuellen Sparprogramms an. „Dabei ist auch ein Abbau von rund 900 Arbeitsplätzen vorgesehen, wobei betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden“, hieß es.

Am Montag gab es erste Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern. Allerdings blieb zunächst offen, wo genau wie viele Mitarbeiter gehen müssen. Klar ist nur, dass alle Gruppen bangen müssen: Piloten, Flugbegleiter, Servicepersonal am Boden, Mitarbeiter im Vertrieb, bei der Technik und Verwaltung in Berlin. Den Schritt begründete Air Berlin mit einem nötigen Umbau der Gesellschaft hin zu einer „möglichst einfachen und kosteneffizienten Organisation und schlanken Prozessen“. Das ganze folge dem Motto „Lean & Smart“ (zu deutsch etwa „schlank und schlau“), einem Begriffspaar, das der erst vergangene Woche berufene neue Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer am Tage seiner Ernennung gebraucht hatte. Am Dienstag indes gab es von ihm kein persönliches Statement.

Im Rahmen seines Sparprogramms „Turbine“ will sich Air Berlin auf seine Kernmärkte Deutschland, Österreich und die Schweiz konzentrieren. In dem Kontext werden weitere Strecken gestrichen. Davon ausdrücklich ausgenommen sind lediglich Routen rund um die Drehkreuze Berlin und Düsseldorf. Auch von und nach Palma de Mallorca soll es sogar mehr Flüge geben. Die Flughäfen Wien, Hamburg, Zürich und Stuttgart sollen ihre „Funktion als Kernstationen innerhalb des Streckennetzes“ behalten, hieß es. Die Streichungen dürften somit verstärkt die Standorte Frankfurt und München betreffen, wo Konkurrent Lufthansa seine Drehkreuze betreibt. Und Köln, wo Lufthansas aufstrebende Billigtochter Germanwings Air Berlin Kunden abjagen dürfte. Schlecht sieht es auch für mittelgroße Flughäfen wie Hannover oder Münster aus (siehe Bericht rechts).

Die Zahl der Flieger soll von einst über 170 und heute 158 innerhalb von zwei Jahren um weitere 16 Maschinen auf 142 reduziert werden. So will Air Berlin mit „Turbine“ bis Ende 2014 rund 400 Millionen Euro einsparen. 2011 hatte die Airline noch einen Verlust in Höhe von 272 Millionen Euro geschrieben. 2012 dürfte eine kleine schwarze Zahl herausgekommen sein, aber nur, weil der Konzern im Dezember seinem arabischen Großaktionär Etihad die Mehrheit seines Vielfliegerprogramms „Topbonus“ verkaufte. Das brachte 185 Millionen Euro in die klamme Kasse.

Im Rahmen des Sparprogramms will Air Berlin auch sein Markenprofil als „Airline mit Herz“ schärfen, hieß es. „Wir wollen besser und noch kundenorientierter werden als alle anderen“, sagte Air-Berlin-Sprecher Uwe Berlinghoff auf Nachfrage. Ein Beispiel: Mit einer optimierten IT-Vernetzung soll künftig das Servicepersonal leichter auf Informationen zugreifen können, um Kunden besser betreuen zu können.

Jürgen Pieper, Analyst vom Bankhaus Metzler, zeigte sich skeptisch. Grundsätzlich sei es zwar sinnvoll, die Strukturen zu optimieren. „Über die Jahre hat Air Berlin aber so viel versprochen und zu wenig gehalten“, sagte er. Zudem gehe das Sparprogramm an die Substanz der Airline. 400 Millionen Euro entsprechen rund zehn Prozent der Bilanzsumme. Anleger sahen das offenbar optimistischer: Nachdem die Air-Berlin-Aktie bereits am Montag um sechs Prozent gestiegen war, legte sie am Dienstag bis kurz vor Börsenschluss erneut um zwei Prozent zu auf 1,74 Euro.

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