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Wirtschaft: Bayer stoppt „Pille für den Mann“

In der neuen Forschungsstrategie des Schering-Käufers taucht das Thema nicht mehr auf – auch die Konkurrenz hat aufgegeben

Berlin - Der Schering-Käufer Bayer wird die Forschung an der „Pille für den Mann“ einstellen. Der gesamte Bereich Andrologie („Männerkunde“), an dem der Hormonspezialist Schering viele Jahre gearbeitet hatte, taucht in der neuen Forschungsstrategie von Bayer Schering Pharma nicht mehr auf. In dem 18-seitigen Papier von Forschungsvorstand Andreas Busch, das dem Tagesspiegel vorliegt, werden nur noch vier Schwerpunktthemen für den Standort Berlin genannt: Onkologie (Krebs), Frauen-Gesundheit, Kardiologie (Herz-Kreislauf) und Diagnostische Bildgebung. Ansonsten bleibt die Strategie sehr allgemein.

Das Unternehmen bestätigte die Informationen am Mittwoch. „Wir werden die Forschung an der ,Pille für den Mann‘ nicht weiterverfolgen“, sagte Denise Rennmann, Sprecherin von Bayer Schering Pharma, der früheren Schering AG. Gründe nannte sie nicht. Die Entscheidung werde aber „keine Auswirkungen auf die Ressourcen finanzieller und personeller Art“ haben. Nach Angaben aus unternehmensnahen Kreisen hat sich nur eine kleine Gruppe von rund 20 Wissenschaftlern mit der „Pille für den Mann“ beschäftigt. Bayer will die neue Strategie offiziell auf einem Analysten-Treffen am 18./19. Juni in Leverkusen vorstellen.

An der „Pille für den Mann“ hatte Schering jahrelang zusammen mit dem niederländischen Unternehmen Organon geforscht. Nach dem Abschluss einer großen Studie im vergangenen September hatten beide aber angekündigt, künftig getrennt weiterzuarbeiten. „Die männliche Fertilitätskontrolle bleibt ein wichtiges Forschungsgebiet“, hatte Schering damals noch versichert.

Doch damit konnten sich die Berliner bei den neuen Besitzern offenbar nicht durchsetzen. Der Leverkusener BayerKonzern, der Schering im vergangenen Jahr gekauft hatte, hat zwar versprochen, den Forschungsstandort Berlin zu erhalten, aber angekündigt, bis spätestens Juni die Forschungsstrategie zu überprüfen.

Schering gehört bei der „AntibabyPille“ für Frauen zu den Weltmarktführern (Kasten). Doch während Frauen tatsächlich zur Tablette greifen können, ist die Sache bei Männern ungleich komplizierter. Denn de „Pille“ ist eigentlich ein Kombinationspräparat aus dem männlichen Sexualhormon Testosteron, das alle drei Monate per Spritze verabreicht werden muss, und einem Implantat. Dieses gibt das weibliche Hormon Gestagen ab, das allerdings nicht nur die Spermienproduktion, sondern auch den Testosteronspiegel senkt. Weil das auch negative Folgen für Lust, Potenz und Muskeln hat, muss der Testosteronspiegel wieder künstlich angehoben werden. Per Pille geht das nicht, denn das Hormon würde in der Leber sofort abgebaut.

Wie viel Geld Schering in die Männer-Forschung gesteckt hat, ist nicht bekannt. Auch Umsatzerwartungen waren nie veröffentlicht worden. Selbst wenn das Produkt auf den Markt kommen sollte, sei nicht klar, ob Männer es akzeptierten, hatte Schering eingeräumt.

Auch der Bayer-Konkurrent Organon hat die Entwicklung eines hormonellen Verhütungsmittels für Männer inzwischen eingestellt. Das Unternehmen forsche aber weiter an nichthormonalen Methoden der Empfängnisverhütung für den Mann, sagte eine Sprecherin. Die Wissenschaft hat den Traum von einer „Pille für den Mann“ dagegen nicht aufgegeben. Bis sie marktfähig sei, würden aber noch „mindestens fünf Jahre vergehen“, sagte Frank Tüttelmann vom Institut für Reproduktionsmedizin der Uni Münster.

Maren Peters

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