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Ein riesiges Plakat - aus Anlass zum Referendum in der Schweiz.

© dpa

Bedingungsloses Grundeinkommen: Die Idee ist gut, aber...

Die Mehrheit der Deutschen ist für ein Grundeinkommen für alle - hat aber noch Fragen. Zum Beispiel zur Faulheit ihrer Mitbürger.

Jesta Phoenix ist Businesscoach und bietet ihren Kunden für ein Jahr an, so viel für ihre Arbeit zu zahlen wie sie können und möchten. Leisten kann sie sich das, weil sie beim Projekt „Mein Grundeinkommen“ gewonnen hat und bis nächsten April jeden Monat 1000 Euro bekommen wird. Ohne Gegenleistung. „Sonst hätte ich mich das nie getraut“, erzählte sie am Dienstag.

Zwei Tage nach der Volksabstimmung in der Schweiz stellte der Berliner Verein „Mein Grundeinkommen“ eine Studie darüber vor, was die Deutschen von einem gesicherten Geldbetrag für alle halten würden: Von 2033 befragten Personen waren 21 Prozent dagegen und 73 Prozent dafür. Von ihnen hatten aber 44 Prozent noch offene Fragen.

Bevor man so eine revolutionäre Idee umsetzt, sollte man erst mal klein anfangen und bestimmte Sozialleistungen (ALG II, Sozialhilfe, Wohngeld und Kinderzuschlag) zu einem einheitlichen, allerdings nicht bedingungslosen Bürgergeld zusammenfassen. Das wäre schon schwierig genug!

schreibt NutzerIn rob1969

Die meisten wollen weiter arbeiten

Auffällig war, dass vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen und Bildungsgrad für ein bedingungsloses Grundeinkommen waren. Alter und Geschlecht der Befragten spielte keine Rolle. Zwar waren mehr Wähler der Linken dafür als Wähler von CDU/ CSU, aber die prinzipielle Zustimmung überwog über die parteipolitischen Präferenzen hinweg.

Die Studie widerlegte den Kritikpunkt, mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würden alle faul werden. Die große Mehrheit (82 Prozent) gab an, weiterhin zu arbeiten. Acht Prozent würden aufhören. Trotzdem waren die Befragten skeptisch, wie motiviert ihre Mitmenschen wohl wären. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer glaubte, dass die meisten nichts mehr tun würden.

Wie die Menschen das Geld nutzen würden? Fast ein Drittel würde an seiner Arbeitssituation nichts ändern. 26 Prozent würden weiter ihren Job machen, aber selbstbestimmtere Entscheidungen treffen. Jeder Vierte würde mehr Zeit mit der Familie verbringen oder eine Familie gründen. Eine ähnliche Stelle, aber mit besseren Arbeitsbedingungen, würden sich 20 Prozent suchen. Fast genauso viele würden in eine Weiterbildung investieren oder sich selbstständig machen (17 Prozent). Elf Prozent würden sich erstmal eine Auszeit nehmen.

Die Finanzierungsfrage bleibt offen

Der Verein „Mein Grundeinkommen“ hat bislang 45 Menschen 1000 Euro im Monat gezahlt oder zahlt es noch. Das dafür benötigte Geld wird per Crowdfunding generiert. Über die Empfänger entscheidet das Los. Obwohl laut der Umfrage viele Menschen die Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen gut finden, aber unsicher sind, will der Verein nicht die Finanzierungsfrage klären. „Wir haben nicht das nötige Fachwissen und wollen auch kein bestimmtes Modell vorgeben“, sagte Geschäftsführerin Amira Jehia. Der Verein wolle aber auf einer neuen Internetseite auf Rechenmodelle hinzuweisen, die es gibt. Zum Beispiel von der Freien Universität.

Um das Thema voran zu treiben, würden sie außerdem mit einzelnen Politikern sprechen. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sieht durch einen Grundeinkommens-Wahlkampf zum Beispiel die Chance, das Thema in Deutschland voranzutreiben und eine Alternative zu Hartz IV anzubieten.

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