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Tödliches Spiel. Minenräumer in Laos machen undetonierte Streubomben unschädlich. Die Sprengkörper stammen noch aus dem Vietnamkrieg. Viele von ihnen sehen aus wie Spielzeug, darum sterben besonders häufig Kinder.

© AFP

Streumunition: Das Bombengeschäft der Deutschen Bank

Das Aktionsbündnis Facing Finance will auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank gegen Streumunition protestieren. Das Geldhaus soll an Herstellern der geächteten Waffen beteiligt sein.

Berlin - Sich anziehen, über die Straße gehen, mit Messer und Gabel essen – für Branislav Kapetanovic ist dies alles nur mit Hilfe möglich. Weil dort, wo andere Menschen Arme und Beine haben, bei ihm nur noch Stummel sind, wird sich der 45-jährige Serbe am heutigen Donnerstag im Rollstuhl zur Aktionärsversammlung der Deutschen Bank in Frankfurt am Main bewegen. Dort will er mit Facing Finance, einem Bündnis verschiedener Nichtregierungsorganisationen, gegen die Deutsche Bank protestieren. Sie soll nach Recherchen von Facing Finance in Geschäfte mit Streubomben verwickelt sein.

Vor elf Jahren, ein Jahr nach dem Nato-Bombardement im ehemaligen Jugoslawien, zerfetzte eine BLU 97 den Körper von Branislav Kapetanovic, der damals als Soldat und Minenräumer arbeitete. Bomber des Nordatlantikbündnisses hatten den Sprengkörper über dem Flughafen von Sjenica im Südwesten Serbiens abgeworfen. Explodiert ist er erst, als der Krieg schon vorbei war. Kapetanovic lag nach der Detonation vier Tage im Koma und musste 20 Mal operiert werden.

Laut Facing Finance ist die Deutsche Bank über Aktien, Anleihen oder Kredite mit insgesamt 750 Millionen US-Dollar an Herstellern von Streumunition beteiligt. Die Bank bestreitet das. Man verfüge über eine „No-Go-Policy für Streubomben, deren Herstellung, Verbreitung und Handel von uns nicht finanziert werden“, heißt es in einer Stellungnahme. Den Vorwurf, die Deutsche Bank habe dem amerikanischen Mischkonzern Textron, der unter anderem auch Streubomben produziert, im vergangenen März einen Kredit in Höhe von rund 140 Millionen US–Dollar gewährt, bestreitet das Institut jedoch nicht. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu einzelnen Kundenbeziehungen nicht äußern können“, schreibt die Bank. „Als global tätige Bank unterhalten wir durchaus bankgeschäftliche Beziehungen zu Mischkonzernen, die mitunter auch kontroverse Güter produzieren, ohne dass dies Gegenstand unserer Zusammenarbeit ist.“

Obwohl die Entwicklung, die Herstellung und Lagerung sowie der Im- und Export von Streumunition seit August 2010 verboten sind, kommt sie immer noch bei zahlreichen kriegerischen Konflikten zum Einsatz. Eine Streubombe enthält Hunderte kleine Bomben, die sich über weite Flächen verteilen. Viele explodieren nicht sofort, sondern bleiben als Blindgänger auf dem Boden liegen. Wenn sie detonieren, verursachen sie schwere Verletzungen. 98 Prozent der Opfer sind Zivilisten, viele von ihnen Kinder. Knapp 40 Staaten, darunter Deutschland, haben die Konvention gegen Streumunition ratifiziert. Bedeutende Hersteller-Staaten wie Russland oder die USA gehören nicht zu den Unterzeichnern des Abkommens.

So hat sich die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, die DWS, zwar entschlossen, „generell keine Anlagen in Firmen zu tätigen, die auch in die Herstellung von Streubomben involviert sind“. Das gilt aber nur in den „durch sie gemanagten europäischen Fonds“. Genauso ist es bei Pioneer Investments, Fonds-Tochter der Uni Credit Gruppe. Das Unternehmen ist laut Facing Finance mit 155 Millionen US–Dollar an dem Streubombenhersteller Textron engagiert. „Fonds, die in Deutschland aufgelegt werden, enthalten diese Aktie nicht“, sagt ein Sprecher. Viele Fonds aber würden in Amerika aufgelegt, „und die Amerikaner gehen mit dem Thema anders um“. Vielen Anlegern sei die Rendite wichtiger als das Gewissen.

Verboten ist das nicht. „Das Übereinkommen zum Verbot von Streumunition enthält kein ausdrückliches Verbot der Investition in Unternehmen, die gegebenenfalls neben anderen Produkten Streumunition herstellen oder entwickeln“, so das Auswärtige Amt. „Ob eine Investition in ein Unternehmen, das Streumunition herstellt oder entwickelt, unter das Streumunitions-Verbot fällt, hängt vom konkreten Einzelfall ab.“ Die Grünen im Bundestag wollen das ändern. Sie fordern, dem Gesetz zur Kontrolle von Kriegswaffen ein ausdrückliches Verbot direkter und indirekter Investitionen hinzuzufügen.

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