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Die künftigen ICX-Fernzüge der Bahn – im Bild eine Simulation – sind bis zu 249 km/h schnell. Durch eine leichte Bauweise liegt ihr Energieverbrauch bis zu 30 Prozent unter dem bisherigen Niveau.

© Illustration: dpa

Deutsche Bahn: 8000 Seiten Vertrag für einen Zug

Für Konzernchef Rüdiger Grube revolutioniert der Zug die Bahnwelt. Die Deutsche Bahn bestellt für mehr als sechs Milliarden Euro den ICX - Einführung ist 2015.

Potsdam - Bahn-Chef Rüdiger Grube ist eigentlich kein Mann für die große Szene auf der Bühne. Mit Versprechungen an die Adresse der Kunden hat er sich in seiner zweijährigen Amtszeit bislang zurückgehalten. Am Montag war alles anders: „Eine neue Ära im Schienenverkehr“ liege vor seinem Unternehmen, verkündete er, mit den neuen Zügen, die „umweltfreundlicher, zuverlässiger, komfortabler und noch schneller“ sein würden. Überhaupt, fand er, war der Termin im Potsdamer Kaiserbahnhof nicht irgendein Anlass. Man habe es zu tun mit „einem der größten Verträge, die in der deutschen Industriegeschichte überhaupt vergeben wurden“.

Damit meinte Grube den Kauf der 300 Schnellzüge von Siemens, den beide Unternehmen an diesem Tag besiegelten. 6,3 Milliarden Euro kosten allein die 220 fest bestellten Exemplare. 80 weitere, für die es eine Option gibt, dürften zwei bis vier Milliarden Euro kosten, je nach Ausstattung. Von einem „historischen Tag“ sprach denn auch Siemens-Chef Peter Löscher. Die neuen Züge sollten „Exportschlager“ werden, wünschte er sich.

Die Züge mit der Bezeichnung ICX sollen ab 2016 zunächst die bis zu 45 Jahre alte IC-Flotte und später die ICE-Züge der ersten beiden Generationen ersetzen. Mit der Bestellung endet eine vier Jahre lange Hängepartie. Ein 8000 Seiten starker Vertrag ist dabei herausgekommen. Die Verhandlungen seien so aufwändig gewesen, weil man Neuland betreten habe, hieß es auf beiden Seiten. Der modulare Aufbau – der Zug lässt sich je nach Nachfrage beliebig verlängern, anders als die starren ICEs – sei einzigartig, sagen die Techniker. Gegenüber den bisherigen ICs soll der ICX 30 Prozent weniger Strom verbrauchen. Bestellt sind zunächst zwei Varianten – eine für Tempo 230, die andere für Tempo 249. Auf ein Viertel mehr Reisende im Fernverkehr bis 2025 hofft der Bahn-Chef.

Vor allem soll in Zukunft für die Kunden alles besser werden. Der ICX bietet mehr Beinfreiheit, Reise-Informationen auf Monitoren, Familienabteile, Hubsysteme für Rollstuhlfahrer und die Möglichkeit, Fahrräder zu transportieren. Man werde die bisherigen IC-Züge „wesentlich aufwerten“, versprach Grube. Einen Extra-Aufschlag beim Preis soll es nicht geben – „wir orientieren uns an der Reisezeit, nicht am Komfort", sagte Personenverkehrs-Vorstand Ulrich Homburg.

Damit der ICX zuverlässig fährt, wird er vor der Aufnahme in den Fahrplan-Betrieb 14 Monate lang getestet. Damit will die Bahn rechtzeitig den Kinderkrankheiten auf die Spur kommen. Die mangelnde Zuverlässigkeit sei „einer unserer zentralen Schwachpunkte im Fernverkehr“, räumte Grube ein. Defekte Klimaanlagen, brüchige Achsen und kälteempfindliche Elektrik machen der Bahn seit Jahren zu schaffen und kosten sie viel Geld. Deshalb hat sie sich auch umfangreiche Garantien über Zuverlässigkeit und Betriebskosten geben lassen. „Alle Details sind durchdacht“, versprach der Manager.

Auch die Konkurrenten und Zulieferer setzen auf den ICX, sie dürfen daran mitverdienen. Lange Zeit hatte der Staatskonzern gar nicht investiert, auch mit Blick auf den Börsengang 2008. „Vom Rohbau bis zur Endmontage werden die Züge in Deutschland gefertigt. Der Auftrag sichert tausende von Arbeitsplätzen, auch in der mittelständischen Zulieferindustrie“, freute sich Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Für den Branchenführer Bombardier, der seine weltweite Schienensparte von Berlin aus steuert, bedeutet der Auftrag Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro des Vertragsvolumens von sechs Milliarden. Wagenkästen und die nicht angetriebenen Drehgestelle kommen von Bombardier. Die Endmontage aller ICX-Endwagen und eines Mittelwagens je Zug findet in Hennigsdorf statt.

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