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Alles auf Anfang. Der Rückbau des Freibads in Boxberg in Sachsen kostete die Steuerzahler 350 000 Euro. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

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Wirtschaft: Die große Verschwendung

Der Steuerzahlerbund dokumentiert in seinem Schwarzbuch, wo öffentliche Mittel verprasst werden.

Berlin - Was haben das Marinehaus am Köllnischen Park in Berlin-Mitte, die Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“, eine Brücke für Fledermäuse in Biberach und zwei vollautomatische Parkhäuser in Tübingen gemeinsam? Sie alle haben es in diesem Jahr ins aktuelle Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) geschafft. Der Verband listet in der Publikation einmal pro Jahr die aus seiner Sicht schlimmsten Fälle von Steuerverschwendung in Deutschland auf – und gibt Hinweise, wie Fehlplanungen und Kostenüberschreitungen bei öffentlichen Bauten und Infrastrukturprojekten hätten verhindert oder zumindest verringert werden können. Dabei sind es laut BdSt-Präsident Reiner Holznagel keinesfalls nur Großprojekte wie Berlins künftiger Flughafen BER oder „Stuttgart 21“, die durch erhebliche Terminverzögerungen und überbordende Kosten zulasten des Steuerzahlers gehen.

In Berlin etwa moniert der Steuerzahlerbund im aktuellen Schwarzbuch den geplanten Umbau des landeseigenen, denkmalgeschützten Marinehauses am Köllnischen Park in ein Museum. Zwischen 2007 und 2011 investierte das Land Berlin insgesamt 2 862 675 Euro in das Projekt – bis sich herausstellte, dass das Gebäude für eine museale Nutzung nicht nur zu eng, sondern auch aus baulichen Gründen dafür völlig ungeeignet war. Ein Jahr später wurde das Vorhaben schließlich abgeblasen.

Auch im baden-württembergischen Biberach wurden laut Schwarzbuch reichlich Steuergelder zum Fenster hinausgeworfen: Zwei Brücken sollen Fledermäusen die „gefahrlose Querung“ der neuen Nordwestumfahrung von Biberach ermöglichen. Untersuchungen hatten ergeben, dass sich manche Fledermausarten beim Fliegen an Strukturen wie Bepflanzungen, Hangkanten oder Böschungen orientieren und entlanghangeln. Die Brücken sollten die Verbindung zwischen zwei Waldgebieten wiederherstellen, die die Umfahrungsstraße durchtrennt hatte. Allerdings ist laut BdSt völlig unklar, ob die Tiere die neue Infrastruktur überhaupt annehmen. Rund 435 000 Euro haben die beiden Brücken gekostet.

„Die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass der Staat sorgsam und vernünftig mit ihrem Geld umgeht“, sagte BdSt-Chef Holznagel am Donnerstag bei der Vorstellung des aktuellen Schwarzbuchs. Die Publikation enthält mehr als 100 meist negative Beispiele für die Ausgabe von öffentlichen Geldern. Bei der Zusammenstellung seien in diesem Jahr nicht nur Tipps der Rechnungshöfe, sondern auch Hinweise aus der Bevölkerung besonders hilfreich gewesen, sagt Holznagel. Der Bund der Steuerzahler hatte das Volk und die deutsche Unternehmerschaft nach der Veröffentlichung des letzten Schwarzbuches um Mithilfe gebeten. „Die Bürger beobachten inzwischen sehr genau, was um sie herum passiert“, lobte Verbandschef Holznagel. „Wenn es nach ihnen geht, müssten wir öfter als einmal im Jahr über Steuerverschwendung berichten.“

Allerdings sei es alleine mit der Offenlegung der Fehlplanungen von Bund, Kommunen und Ländern nicht getan. Die Verschwendung von Steuergeldern müsse künftig auch „zu sichtbaren Konsequenzen“ führen – und die Verantwortlichen müssten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dafür will der Steuerzahlerbund das Strafgesetzbuch künftig um den Straftatbestand der „Haushaltsuntreue“ erweitern: Der allzu großzügige Umgang mit öffentlichen Mitteln soll dann mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet werden. Umgekehrt müssten aber auch diejenigen belohnt werden, die „das Richtige“ tun, sagt Holznagel.

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