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Wie gemalt. Auf der argentinischen Laguna Blanca Farm ist kein Feld größer als vier Hektar, die Traktorfahrer sind Künstler. Foto: D. Tomkins

© Doug Tompkins

Doug Tompkins: Schöpfer des Bioparadieses

Doug Tompkins hat Esprit gegründet und verkauft. Mit seinem Geld will der Multimillionär die Industrialisierung stoppen.

Doug Tompkins, der Multimillionär, müsste jetzt nicht hier sitzen, in diesem kleinen, aufgeheizten Raum eines Berliner Hotels. Er müsste sich keine Fragen stellen lassen. Er könnte an einem der blütenweißen Strände liegen, die ihm gehören. Er könnte durch seine unberührten Wälder streifen. Aber wenn es ihm nur darum ginge, hätte Doug Tompkins, der Gründer von Esprit und The North Face, sein Modeimperium nie verkauft. „Der Job hat mir keine Freude mehr gemacht“, sagt er.

Vor mehr als 20 Jahren hat Tompkins sich von seinen Firmen getrennt. Plötzlich war er hundertfacher Millionär. Von dem Geld kaufte er peu à peu Land in Chile und Argentinien. Mittlerweile ist Tompkins 69, hat weißes Haar, ein zerfurchtes Gesicht und mehr Land als jeder andere Mensch auf diesem Planeten: rund eine Million Hektar, eine Fläche halb so groß wie Sachsen.

Patagonische Regenwälder mit ihren zum Teil tausende Jahre alten Bäumen schützt er vor den Sägen der Holzindustrie, gerodete Flächen forstet er auf, aus konventionellen Agrarbetrieben macht er Biofarmen. 300 Mitarbeiter helfen dem zierlichen Mann dabei. Es ist der Versuch, die vollkommene Industrialisierung aufzuhalten, die Zeit zurückzudrehen. Wenn man so will, spielt Tompkins Gott. Er wettert über Monokulturen, Pestizide und Erosion, als stünde die Schöpfung und mit ihr die Welt am Abgrund. Das ist seine Mission, daher ist er gekommen.

Der Mann, der nie eine Universität besucht hat, versucht mit seinem Ökoimperium den Beweis zu erbringen, dass biologische Landwirtschaft der konventionellen überlegen ist. „Lebensmittel werden heute zu günstig verkauft“, ist Tompkins überzeugt. Ihren wahren Preis bezahle stattdessen die Natur. Chemikalien und Flächenfraß seien schuld daran, dass weiterhin Tag für Tag Spezies und Pflanzenarten aussterben. Dann legt Tompkins noch eine Schippe drauf: Kriege und die Zerstörung, die sie anrichten, seien letztlich die größten Feinde der Natur.

Einen Film hat Tompkins mitgebracht. Es sind Bilder seiner Laguna Blanca Farm in Argentinien – einer von vielen. Es gibt nichts, was hier nicht angebaut wird. Aus der Luft wirken die Felder wie eine paradiesische Illusion, wie Gemälde. Die Landschaft ist terrassiert, kein Feld misst mehr als vier Hektar, in runden Formen greifen sie ineinander, überall wächst etwas anderes Buntes. „Unsere Traktorfahrer sind allesamt Picassos“, witzelt Tompkins. Eine falsche Bewegung am Steuer und das Kunstwerk habe fortan einen Makel.

Wer wie Tompkins viel hat, der hat natürlich auch Feinde. Was wurde ihm nicht schon alles vorgeworfen. Er wolle Geld waschen, Gold suchen oder einen zweiten jüdischen Staat aufbauen – dabei ist Tompkins gar kein Jude. Es hieß auch schon, er – der im US-Bundesstaat New York geboren wurde – sei ein CIA-Agent. Für die USA versuche er sich gigantische Wasserreservoirs zu sichern. Plausibel erscheint dagegen der Vorwurf, Tompkins bremse mit seinen Nationalparks das Schwellenland Chile in seiner Entwicklung. Immerhin reicht der Grundbesitz des einstigen Modezars dort von der Pazifikküste bis zur argentinischen Grenze. Tompkins hat Chile förmlich entzweit. Und jetzt versucht er zu verhindern, dass die Panamericana-Straße, die durch sein Gebiet führt, asphaltiert wird.

Tompkins winkt ab. Sein Ziel sei es, alle seine Ländereien, Regenwälder und Farmen zu verschenken. Sobald die Regierungen von Argentinien und Chile ihm versicherten, seine Schöpfung zu bewahren, sei der Tag dafür gekommen. „Sieben solcher Projekte laufen derzeit“, berichtet Tompkins. Mehrere Nationalparks hat er bereits abgegeben.

Für die 3100 Hektar der Laguna Blanca Farm hat Tompkins viereinhalb Millionen Dollar bezahlt, anschließend nochmal das Dreifache für die Renaturierung nach seinen Vorstellungen. „In 15 Jahren haben wir das Investment wieder drin“, prophezeit er. Gerade war er in Nürnberg auf der Messe Biofach, um Abnehmer für seine Produkte zu finden. In Chile und Argentinien können sich offenbar nur wenige den Luxus leisten. „Deutschland ist da ganz vorne“, lobt Tompkins. Er suche nun Abnehmer in Südamerika. Nach Deutschland werde er aus Klimagründen nichts schicken. Dann hätte er auch weiter T-Shirts verkaufen können.

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