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Wertverlust. 94 Tage steht ein gebrauchter Diesel im Schnitt beim Händler, bevor er verkauft wird.

© Sebastian Kahnert/picture alliance / dpa

Drohende Fahrverbote: 300.000 Diesel suchen einen Käufer

Händler werden Euro-5-Modelle nicht los, weil Autofahrer Fahrverbote fürchten. Die Deutsche Umwelthilfe setzt 45 weiteren Städten ein Ultimatum.

Bei den Autohändlern drängen sich immer mehr Dieselfahrzeuge auf den Höfen. Allein bei den Vertragshändlern stünden aktuell rund 300000 Diesel mit der Abgasnorm Euro5 in einem Gesamtwert von rund 4,5 Milliarden Euro, teilte der Kfz-Verband (ZDK) am Donnerstag mit. „Diese Fahrzeuge sind im Moment schwer verkäuflich, weil die Kunden verunsichert sind“, sagte ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn. Und der Druck steigt weiter. Nach Angaben des Marktbeobachters Deutsche Automobil Treuhand (DAT) wollen sich 29 Prozent der Dieselbesitzer von ihrem Auto wegen möglicher Wertverluste oder Fahrverbote „schnellstmöglich trennen“. Gebrauchte Diesel will kaum jemand. 94 Tage steht ein Dieselmodell laut DAT beim Händler, bis es verkauft ist, Benziner gehen im Schnitt 16 Tage früher weg.

Den Wertverlust der Gebrauchten tragen einstweilen die Händler. Mehr als Dreiviertel von ihnen mussten ihre Dieselbestände bereits abwerten, wie eine Umfrage des ZDK bei mehr als 700 Betrieben ergab. „Wir brauchen klare Signale der Politik, wie es weitergeht“, sagte Thomas Peckruhn.

Die Politik gibt allerdings gut vier Wochen vor der Bundestagswahl unterschiedliche Signale, die Regierung ist beim Thema Diesel zerstritten. Während die einen in der Koalition darauf vertrauen, dass mit den Maßnahmen, die auf dem Diesel-Gipfel beschlossen wurden, Fahrverbote zu vermeiden sind, warnen andere vor der Wirkungslosigkeit von Diesel-Prämien und Software-Updates.

Arbeitsgruppe im Umweltministerium zur Taxi-Umrüstung

Am Donnerstag tagte unter Leitung des Bundesumweltministeriums und der Stadt Hamburg die erste von vier Arbeitsgruppen, die auf dem Gipfel vereinbart worden waren. Thema: öffentliche Fahrzeugflotten. Er hoffe, dass es möglich werde, Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor Gericht abzuweisen, sagte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD). „Alle unsere Bemühungen sind darauf gerichtet, dass wir Fahrverbote vermeiden.“ Dazu müsse aber auch die Gruppe, die sich mit Nachrüstungen von Dieselautos beschäftige, ihren Teil beitragen. Sie ist beim Bundesverkehrsministerium angesiedelt. Am 26. Oktober will Flasbarth Ergebnisse der Arbeitsgruppe präsentieren. Bei der ersten Sitzung habe es einen „großen Konsens“ darüber gegeben, Taxiflotten auf Elektrofahrzeuge umzurüsten, sagte Flasbarth. Probleme dabei seien aber noch die Ladeinfrastruktur und Rechtsfragen wie eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes. „Kann man den Kommunen die Möglichkeit geben, Taxikonzessionen an bestimmte Auflagen zu binden?“, fragte Flasbarth. Die Antwort müsse noch gefunden werden.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte am Mittwoch erklärt, die Industrie müsse nachlegen und – auf eigene Kosten – Umbauten an den Motoren von Dieselwagen vornehmen. Software-Updates allein reichten nicht aus, um die Fahrzeuge sauber zu machen.

Volkswagen lehnt Hardware-Lösung weiter ab

Wie schon der Branchenverband VDA lehnt auch Volkswagen Hardware-Lösungen weiter ab. „Beim Diesel-Gipfel gab es einen vernünftigen Kompromiss“, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Verabredet wurden technische Nachbesserungen und Umtauschprämien, die schnell umsetzbar und nachhaltig sind. Bis verlässliche Hardware-Lösungen in der Fläche verfügbar und von den Behörden freigegeben wären, würden mehrere Jahre vergehen.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in noch mehr Städten zu Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge kommt, steigt derweil. Die DUH, die bereits gegen 16 Städte klagt, teilte am Donnerstag mit, sie habe weitere 45 Städte – darunter Hannover, Dresden und Dortmund – förmlich aufgefordert, darzulegen, „mit welchen kurzfristig wirksamen Maßnahmen sie eine sichere Unterschreitung der NO2-Luftqualitätswerte ab dem 1. Januar 2018 sicherstellen wollen“. Fallen die Antworten binnen vier Wochen nicht zufriedenstellend aus, werde man weitere Rechtsverfahren prüfen und gegebenenfalls kurzfristig einleiten, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Das Umweltbundesamt hatte nach einer Bewertung der von den Autobauern zugesagten Software-Updates für Euro-5-Diesel erklärt, sie reichten nicht aus, um die Luft in fast 70 deutschen Städten zu verbessern. Dort könnten also weiterhin Fahrverbote drohen.

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