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Vielfach entlastet. Die Stahlindustrie leidet unter Billigexporten der Chinesen. Vom Klimaschutz wird die Branche aber weitgehend entlastet. Sie zahlt kaum Ökostromumlage und muss auch für ihre Emissionen nicht aufkommen.

© Julian Stratenschulte/ dpa

Energiewende: 3,4 Milliarden Euro für die Industrie

Auf Kosten aller Stromkunden werden 717 energieintensive Unternehmen bei der EEG-Umlage entlastet. Die Summe steigt jedes Jahr weiter an.

717 Unternehmen müssen 2016 nur einen geringen Anteil oder gar keine Ökostromumlage bezahlen. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, die der Bundestag nun veröffentlicht hat. Nur 58 Anträge von energieintensiven Unternehmen sind demnach abgelehnt worden. Mit der sogenannten besonderen Ausgleichsregelung sollen Unternehmen, deren Energiekostenanteil an den gesamten Produktionskosten höher als 17 beziehungsweise 20 Prozent liegt, von der Finanzierung der Energiewende entlastet werden. Diese Entlastung von 70,12 Millionen Megawattstunden Strom kostet die Haushalts- und Gewerbekunden in diesem Jahr 3,4 Milliarden Euro – gut 70 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor.

Im Vergleich dazu nehmen sich die einzelnen weiteren Entlastungen für die energieintensive Industrie geradezu bescheiden aus. Bei der Umlage, mit der der Ausbau der energieeffizienten Kraft- Wärme-Kopplung gefördert wird, zahlen diese Unternehmen 90 Millionen Euro weniger. Beim selbst erzeugten und selbstverbrauchten Strom, auf den ebenfalls für diese Unternehmen keine Ökostromumlage fällig wird, liegt die Entlastung nach Einschätzung der Bundesregierung bei rund 2,8 Milliarden Euro. Die Nachlässe bei den Netzentgelten liegen bei knapp 660 Millionen Euro. Wie viel weniger Konzessionsabgabe die Konzerne zahlen, weiß die Bundesregierung nicht, weil das Sache der Kommunen ist.

Auch Kohlendioxid-Zertifikate gibt es umsonst

Es gibt noch einen Posten, dessen Bedeutung aber wegen der sinkenden Großhandelspreise an der Leipziger Strombörse immer unbedeutender wird: die Stromkostenkompensation, die für energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb gezahlt wird, weil sie am Emissionshandel teilnehmen müssen. Weil sie also Kohlendioxid-Zertifikate kaufen müssen, wenn sie mit den ihnen kostenlos zugeteilten CO2-Emissionsberechtigungen nicht auskommen. Diese Beihilfe wird rückwirkend ausgezahlt. Für das Jahr 2015 lag sie noch bei 186,16 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 311,83 Millionen Euro gewesen. Zugleich haben bis auf die Aluminium-Industrie alle solcherart bevorzugten Unternehmen große Mengen kostenloser CO2-Zertifikate angehäuft. Alle zusammen verfügen über mehr als 70 Millionen Tonnen überschüssiger CO2-Zertifikate, allein die Stahlindustrie hat mehr als 44 Millionen Tonnen gehortet.

Von den rund 24 Milliarden Euro, die die deutschen Stromkunden in diesem Jahr für die Erneuerbare-Energien-Umlage aufbringen, bekommt die energieintensive Industrie also 3,4 Milliarden Euro. Dafür muss sie keine weiteren Gegenleistungen erbringen. Das ist auch bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) kurz vor der parlamentarischen Sommerpause noch einmal intensiv diskutiert worden. Lediglich 76 Unternehmen haben 2015 ein Energiemanagementsystem eingeführt, mit dem sie in der Produktion nach Energiesparpotenzialen suchen könnten. Die Unternehmensinitative für Energieeffizenz Deneff hat in diesem Zusammenhang zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schwellenwerte für die Befreiung oder Minderung der EEG-Umlage einen perversen Anreiz zur Energieverschwendung darstellen. Wer knapp unter den Werten für die Befreiung liegt, müht sich womöglich sogar eher, den Stromverbrauch zu erhöhen, um in den Genuss der Entlastung zu kommen. Und für alle, die an der Grenze sind, sind Investitionen in die Energieeffizienz kontraproduktiv.

Das Bundeswirtschaftsministerium versucht das Problem mit einem neuen Förderprogramm in den Griff zu bekommen. Rund 300 Millionen Euro will das Ministerium bis 2018 in Ausschreibungen zum Stromsparen investieren. „Step up“ nennt sich das Programm, aufgelöst bedeutet es: „STromEffizienzPotentiale nutzen“.

Es gibt für die Industrie aber auch noch weitere Förderprogramme. So sollen Investitionen in mehr Energieeffizienz teilweise bezuschusst werden. Das Ministerium hofft, damit seinen Effizienzplan erfüllen zu können.

Tipp: Wie der Wechsel zum Ökostrom-Anbieter funktioniert, erfahren Sie im Ratgeber-Portal zum Stromvergleich.

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