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Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerkes der Vattenfall AG im brandenburgischen Jänschwalde.

© Patrick Pleul/pa/dpa

Energiewende wird teuer: Stromkunden sollen Kohle-Ausstieg bezahlen

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich mit Kraftwerksbetreibern über Stilllegungen geeinigt - und erntet Kritik, weil die Kosten die Stromkunden tragen sollen.

Die Bundesregierung hat sich mit der Energiewirtschaft auf einen weiteren Schritt zur Finanzierung der Energiewende verständigt – und Kritik von Opposition und Umweltverbänden provoziert. Denn die Kosten sollen die Stromkunden tragen. Unterm Strich soll der Beschluss einen größeren Durchschnittshaushalt (4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch) nur mit rund zwei Euro Mehrkosten pro Jahr belasten, wie aus Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums hervorgeht. Den Kritikern geht es aber ums Prinzip.

Konkret einigte sich Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) mit den Kohlekraftwerksbetreibern Mibrag, RWE und Vattenfall darauf, dass sie mehrere Anlagen im rheinischen Braunkohlerevier und in Ostdeutschland zwischen 2016 und 2019 vom Stromnetz nehmen, diese aber vier Jahre als Reserve betriebsbereit halten. Durch die Stilllegung würden insgesamt 2,7 Gigawatt Leistung vom Netz genommen und der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) um 12,5 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert. „Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt“, schrieb Gabriel in einer Erklärung.

Die Betreiber der Anlagen beziffern ihre Kosten für den Reservebetrieb auf etwa 230 Millionen Euro im Jahr. Das Ministerium schlägt in seinem Gesetzentwurf vor, den er dem Kabinett im November vorlegen will, dass diese Kosten sieben Jahre lang auf die sogenannten Netzentgelte aufgeschlagen werden, die die Stromkunden mit ihrer Rechnung zahlen. Somit würde diese Einigung die Gemeinschaft der Verbraucher insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro pro Jahr kosten.

"Niemand braucht Kohlereserve"

„Gabriel schafft mit Milliardenkosten eine Kohlereserve, die niemand braucht“, sagte Oliver Krischer, Energieexperte der Grünen im Bundestag. Seine Kollegin von der Linksfraktion, Eva Bullig-Schröter, erinnerte daran, dass das Ministerium ursprünglich geplant hatte, dass allein die Kraftwerksbetreiber die Kosten für diesen Klimaschutzbeitrag tragen sollen. Nun sei daraus „nach starkem Lobbydruck eine öffentliche Kohlesubvention in Milliardenhöhe“ geworden. Ähnlich bewertete Greenpeace die Einigung. Die Umweltschutzorganisation bewirbt sich derzeit um einen Kauf der Lausitzer Braunkohlereviere von Vattenfall mit dem Ziel, die Kohleförderung in Brandenburg möglichst schnell zu beenden.

Nicht nur der aktuelle Beschluss wird sich – wenn auch nur leicht – steigernd auf die Strompreise für Privatkunden auswirken: Mitte Oktober war bekannt geworden, dass die Stromversorger ihren Kunden ab Januar 6,354 statt aktuell 6,17 Cent pro Kilowattstunde in Rechnung stellen werden, um diese sogenannte EEG-Umlage an alle Grünstromerzeuger hierzulande weiterzureichen. Dieser Schritt verteuert die Rechnung für einen eingangs erwähnten Musterhaushalt um weitere 7,36 Euro – im Jahr. Insgesamt werden über dieses System im neuen Jahr 22,9 Milliarden Euro für die Energiewende gewälzt.

Preistreibend wirkt zudem eine Erhöhung der sogenannten Netzentgelte, mit dem die Übertragungsnetzbetreiber die Kosten für den nötigen Ausbau ihrer Leitungen bei den Kunden eintreiben. Ab 2016 steigen sie im Bundesschnitt vier Prozent, was Mehrkosten von rund zehn Euro pro Haushalt entspricht. Es wird erwartet, dass auch Berlins Grundversorger Vattenfall seine Tarife im zweiten Quartal anheben wird.

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