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Allein unter Männern. Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag in Brüssel.

© AFP

Fiskalpakt: EU-Regierungschefs wollen die Märkte beruhigen

Die EU-Staaten müssen nach den Worten Merkels die nächsten Jahre nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Ob sie es tatsächlich schaffen, sich dem Fiskalpakt zu unterwerfen, bleibt abzuwarten

Sieben Minuten. Länger hat die gemeinsame Diskussion über den Rettungsschirm beim Abendessen nicht gedauert. Wieder einmal hatten sich Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und die übrigen Staatenlenker Europas im Brüsseler Europaviertel zusammengefunden. Und wieder einmal ging es darum, der Welt zu beweisen, dass die Europäer einen Weg aus der Schuldenkrise finden können. Nur eine Frage blieb unbeantwortet: Können sie sich durchringen, den Euro-Rettungsschirm zu vergrößern?

Am Freitagmittag nimmt Angela Merkel im zweiten Stock des Lipsius-Gebäudes vor einer blauen Wand Platz, auf der die Karte der EU-Staaten abgebildet ist. Ausnahmsweise wurde nicht bis in die Nacht hinein verhandelt. Ein vergleichsweise entspannter Gipfel also. Merkel stellt nüchtern fest, dass es diesmal nicht darum gegangen sei, die „äußersten Krisensymptome“ zu bekämpfen.

Es hat vor allem mit der Kanzlerin zu tun, dass bei diesem Gipfel noch nicht über eine mögliche Aufstockung des Euro-Rettungsschirms ESM entschieden wurde. Dieser Schirm soll ab 1. Juli dauerhaft über der Euro-Zone aufgespannt werden; er verfügt nach gegenwärtigem Stand über bis zu 500 Milliarden Euro, die für Notkredite an kriselnde Euro-Länder ausgegeben werden könnten. Nicht zuletzt die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hatte eine Erhöhung dieser „Brandmauer“ ins Gespräch gebracht. Aber Merkel sperrte sich dagegen, dass über das endgültige Volumen des Schirms schon bei diesem Gipfel entschieden wurde. Nun ist von Ende März die Rede. Allerdings wird die Bareinlage für den Krisenfonds, zu der Deutschland 22 Milliarden Euro beisteuert, schneller eingesammelt als ursprünglich geplant – in diesem Jahr wollen die Euro-Staaten bereits zwei der fünf Jahrestranchen einzahlen, um das Vertrauen der Märkte zu erhöhen.

Zu den greifbaren Ergebnissen des Gipfels gehört auch der Fiskalpakt, der nun die Unterschrift der Staats- und Regierungschefs aus 25 EU-Staaten trägt. Nur Großbritannien und Tschechien machen nicht mit. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich, Schuldenbremsen in ihren Verfassungen zu verankern. Anderenfalls müssen sie mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) rechnen. Zudem soll künftig das sogenannte strukturelle Defizit, das von der Konjunkturentwicklung unabhängig ist, 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den Fiskalpakt-Ländern nicht überschreiten. Die Welt müsse wieder Vertrauen in die Euro-Zone fassen, sagte Merkel. Die Unterzeichnung der Vereinbarung sei dabei ein „wichtiger Schritt“ gewesen.

Ob es die Euro-Staaten tatsächlich schaffen, sich dem strengen Regiment des Fiskalpaktes zu unterwerfen, bleibt allerdings abzuwarten. So beichtete der spanische Regierungschef Mariano Rajoy in Brüssel seinen Amtskollegen, dass sein Land in diesem Jahr das geplante Defizitziel deutlich verfehlen wird: Statt einer Neuverschuldung von 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wird Madrid voraussichtlich ein Defizit von 5,8 Prozent haben. Und Wirtschaftsminister Luis de Guindos gab bekannt, dass die Arbeitslosenquote 2012 voraussichtlich auf 24,3 Prozent steigen werde.

Die EU-Staaten müssen nach den Worten Merkels die nächsten zwei bis drei Jahre nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Deshalb ging es bei den Beratungen der Staats- und Regierungschefs diesmal auch darum, wie sich in Europa wieder Wachstum schaffen lässt. Die Forschung und Entwicklung von Schlüsseltechnologien müsse verstärkt werden, Bürokratie abgebaut und die Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb der EU erhöht werden, forderte die Kanzlerin.

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