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Fracking-Debatte: Studie nährt Zweifel am Rohstoff-Boom

Dank Fracking, dem Aufbrechen tiefen Gesteins mit einem Cocktail unter Hochdruck, wird die Welt für weitere Jahrzehnte mit billigem Öl und Gas versorgt - behaupten jüngste Prognosen. Eine nun in Berlin vorgestellte Studie der Energy Watch Group bürstet diesen angeblichen Trend gegen den Strich.

Eine Forschergruppe nährt mit einer Studie Zweifel an jüngsten Berichten über eine Renaissance der klassischen Energierohstoffe Öl, Gas, Kohle und Uran. Demnach sei die globale Versorgungslage entgegen der in letzter Zeit in der Öffentlichkeit kommunizierten Prognosen „sehr angespannt“, wie die Autoren der Energy Watch Group (EWG) in ihrem am Montag in Berlin vorgestellten Papier schreiben. Die EWG versteht sich als Netzwerk von Forschern und Parlamentariern und unabhängig von politischer und ökonomischer Einflussnahme. Ihre Projekte werden finanziert von den Stiftungen des im Jahr 2003 verstorbenen Luftfahrtingenieurs Ludwig Bölkow (Messerschmitt-Bölkow-Blohm) und des Solarpioniers Reiner Lemoine (Solon, Q-Cells, gestorben 2006).

Eiskalt. Eine Frackimng-Gasförderanlage nahe dem Städtchen Williston im US-Bundesstaat North Dakota.
Eiskalt. Eine Frackimng-Gasförderanlage nahe dem Städtchen Williston im US-Bundesstaat North Dakota.

© Reuters

Die Prognostiker des Mineralölkonzerns BP oder der Internationalen Energieagentur IEA (der OECD) hatten in ihren jüngsten Analysen vorhergesagt, dass neue Fördertechnologien wie das Fracking dazu führen werden, dass fossile Energieträger auch in den kommenden Jahrzehnten ausreichend verfügbar sein werden und sogar billiger werden könnten. Sie verwiesen in dem Zusammenhang auf den Schiefergas-Boom in den USA, der unter anderem dazu führt, dass Gas dort zunehmend die schmutzige Kohle bei der Stromerzeugung verdrängt und wegen sinkender Energiepreise zu einer Reindustrialisierung der Vereinigten Staaten beiträgt. Aufgrund dieser Trends gibt es auch innerhalb der deutschen Industrie starke Stimmen für eine Anwendung des Frackings hierzulande.

„Derartige Prognosen basieren auf einer Vielzahl von Spekulationen“, sagt dagegen der Physiker Werner Zittel, Autor der nun vorgelegten Analyse der EWG. Er reklamiert für sich, nur tatsächlich bestätigte Rohstoffvorkommen als Datenbasis zu nutzen. Demnach steuerten die USA aktuell auf den Höhepunkt der Schiefergasgewinnung zu, dem ein tiefer Rückgang der Förderung noch in diesem Jahrzehnt folgen werde, sagt Zittel voraus. Dass die Ressourcen endlich seien, würde noch stärker beim Öl deutlich. So werde in Europa bereits heute 60 Prozent weniger Öl gefördert als im Jahr 2000. Prognosen, wonach die USA wegen der neuen Techniken zum Nettoölexporteur werden – mit weitreichenden Folgen für globale Sicherheitspolitik–, würden sich nicht bewahrheiten.

Der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell, einer der Väter des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und Initiator der EWG, sagte am Montag, die Studie belege, dass „billige und bisher reichlich vorhandene Energieträger zu Ende gehen“. Er warnte vor Versorgungsproblemen. Daher sei ein Umdenken bei der Energieversorgung erforderlich.

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