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Verkauft. Den Fahrleitungsbau, der auch zu Lelbachs Unternehmen gehörte, hat der Baukonzern Strabag übernommen. Foto: dpa

© picture-alliance / dpa/zb

Wirtschaft: Für Kunst und Krankenschwestern

Der Berliner Pflegeunternehmer Abris Lelbach bietet für ein begehrtes Grundstück an der Spree in Friedrichshain.

Berlin - Die kommenden zwei Wochen werden spannend für Abris Lelbach. Denn die Verkaufsverhandlungen für eines der begehrtesten und umstrittensten Grundstücke der Stadt gehen in die Schlussphase: Zwischen Holzmarktstraße und Spree in Friedrichshain wird in den kommenden Jahren auf rund 18 000 Quadratmetern gebaut. Und Lelbach möchte dabei sein und bis zu 50 Millionen Euro investieren. Die Finanzierung steht, sagt der Eigentümer der Ost- Berliner Elpro AG. Er dreht inzwischen ein großes Rad auf den Baustellen der Region. In Potsdam baut der 52-Jährige das Palais Barberini an der Alten Fahrt wieder auf und in Wannsee gibt es ein großes Projekt an der Königstraße. Da hat er den Zuschlag schon. Viel schwieriger ist die Situation in Friedrichshain, denn der Wettstreit um das Gelände, das der landeseigenen Berliner Stadtreinigung (BSR) gehört, ist hochpolitisch. Es geht nicht um Geld allein.

Die Betreiber der einst auf dem Grundstück stehenden Bar 25, die Kater-Holzig-Leute, haben laut getrommelt für ihre Ideen: Wenn Sie das Gelände bekommen, dann soll dort ein Club entstehen, eine Kita und ein Studentenwohnheim, kleine Läden und Ateliers sowie Nutzgärten. „Das Konzept belebt das Spreeufer und ist ein echter Gewinn für Berlin als kreative Metropole“, lobte SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Die Regierungspartei will künftig „Vermögensvermehrung durch spekulative Grundstücksveräußerungen“ aus dem Landesbesitz zumindest erschweren. Der vermeintliche Spekulant Lelbach hätte also keine Chance gegen die vermeintlich guten Investoren mit ihrem Kulturdorf „Holzmarkt“. Doch so einfach liegen die Dinge nicht: Das Grundstück gehört der BSR und nicht dem Land. Und die BSR ist nach dem Betriebegesetz dazu verpflichtet, das beste Angebot zu nehmen. Das stammt aber von Lelbach. Jedenfalls teilweise.

Lelbach bietet für das südliche Areal, ein anderer Investor für das nördliche. Beide zusammen liegen mit ihrem Gebot über den zehn Millionen Euro, die Kater Holzig angeblich zahlen will. Zehn Millionen – das wäre weniger als der Buchwert, der dem Vernehmen nach bei elf Millionen liegt. Unter Buchwert wird die BSR indes nicht verkaufen dürfen. Sogar ein Preis von 15 Millionen für das gesamte Areal scheint möglich. Ganz heiß auf das Grundstück ist auf jeden Fall Lelbach. Auch deshalb, weil er sich von seinen Wettbewerbern als Spekulant verunglimpft sieht, obgleich sein Motiv doch ehrenwert sei, nämlich die „Sicherung von zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Stadt“, wie er dem Tagesspiegel sagte.

In den vergangenen vier Jahren hat Lelbach nach eigenen Angaben 300 qualifizierte Jobs in Berlin geschaffen, vor allem im Pflegebereich. Der macht inzwischen den Großteil seiner unternehmerischen Aktivitäten aus. Von den 2500 Personen, die für Lelbachs Firmen arbeiten, sind rund 2000 in der Intensivpflege beschäftigt: Die häusliche Betreuung von Querschnittsgelähmten, die oft beatmet werden müssen und rund um die Uhr zu versorgen sind. Zu diesem Geschäft sei er gekommen wie die Jungfrau zum Kinde, sagt Lelbach. Ein Geschäftspartner habe ihn „beschissen“, er ihn daraufhin angezeigt und am Ende die Firma übernommen. Die wurde immer größer und stößt nun an Grenzen.

„Die Krankenschwester ist der Mangelberuf Nummer eins in Deutschland“, sagt Lelbach. Vor ein paar Monaten hat er 60 Schwester aus Spanien nach Berlin geholt, untergebracht und in die Sprachschule gesteckt. Für diese Leute braucht er Wohnungen – zum Beispiel in Friedrichshain an der Holzmarktstraße.

Lelbach, 1960 in Jugoslawien geboren, bekam von der Mutter den Namen Abris. Der stammt aus dem ungarischen, Lelbachs Großmutter war Ungarin, der Großvater Deutscher. In den 60er Jahren zog die Familie in die Bundesrepublik, Lelbach wuchs in Frankfurt am Main auf, studierte Betriebswirtschaft und arbeitete als Wirtschaftsprüfer. Nach der Wende kam er nach Berlin, arbeitete als Berater für die Treuhand und wurde Vorstand bei Elpro, „der AEG Ost-Berlins“, wie Lelbach sagt. 1998 kaufte er das Unternehmen den Banken mit Hilfe öffentlicher Bürgschaften ab und sanierte die Firma, die heute im Elektroanlagenbau erfolgreich ist. Zum Beispiel bei der Stromversorgung von Bahnstrecken oder Erdgasspeichern, etwa in Russland. Elpro hat inzwischen 40 Mitarbeiter in Moskau. Das Stromversorgungsnetz auf dem Gelände des neuen Berliner Flughafen hat Elpro mit aufgebaut – und ist damit pünktlich fertig geworden, wie Lelbach betont. „Wir sind old economy und verkaufen deutsche Ingenieurskunst“.

Vor drei Jahren hat er den Elpro-Fahrleitungsbau an die Strabag verkauft und mit dem Erlös eine Stiftung gegründet. Die spielt nun eine Rolle in Lelbachs Konzept für die Holzmarktstraße. Er will dort „Raum für Kunst und Kultur“ schaffen und „längerfristig mindestens ein Gebäude“ der Stiftung übertragen. Ein mehrsprachiger Kindergarten ist geplant und Räumlichkeiten für Schwerbehinderte. Doch im Kern geht es um Wohnungen. Mit hohen Mieten aus oberen Stockwerken will Lelbach günstigere Wohnungen weiter unten subventionieren.

„Ausgangspunkt unseres Engagements ist die Sorge, dass Berlin für zuziehende Normalverdiener keinen Wohnraum zu annehmbaren Preisen mehr bietet“, sagt Lelbach. Und grün will er auch sein. Am Spreeufer könnten 20 Meter unbebaut bleiben für „die grünste Promenade des gesamten Uferwegs“, der Mittelstreifen der Holzmarktstraße soll mit Bäumen bepflanzt werden. „Ich bin nicht der seelenlose Investor“, sagt Lelbach. Alles in allem wünsche er sich nur einen „fairen Wettbewerb“. Dass es ein Geschmäckle haben könnte, wenn er, der im Aufsichtsrat der BSR sitzt, den Zuschlag bekommt, findet er nicht. Sobald sich das Gremien mit dem Projekt befasst, verlasse er den Raum.

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