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Sollen die Olympischen Spiele in Berlin stattfinden?

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Gastbeitrag von DIW-Ökonom Brenke: "Wir brauchen einen Bürgerentscheid über Olympia"

Käme Olympia nach Berlin, würde das kosten und zwar nicht wenig. Deshalb sollten die Bürger über die Bewerbung abstimmen, fordert DIW-Ökonom Karl Brenke. Ein Gastbeitrag

Deutschland soll sich für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2024 und der damit verbundenen Paralympics bewerben - so die Interessen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). In der Auswahl sind Hamburg und Berlin, abgestimmt mit den politisch Verantwortlichen in den beiden Städten. Mitte März wird entschieden, wen der DOSB in das internationale Bewerberrennen schickt. Allerdings sollen erklärtermaßen sowohl in Hamburg als auch in Berlin letztlich die Bürger darüber befinden, ob die Sportgroßveranstaltungen überhaupt in ihre Stadt geholt werden.

Angesichts der damit verbundenen hohen Kosten und anderer Belastungen wäre es weise, die Einwohner rasch und ehrlich über die wirtschaftlichen Konsequenzen zu informieren, so dass alsbald ein Bürgerentscheid durchgeführt werden kann. Das lehrt auch die vergangene Fußballweltmeisterschaft, als es in manchen Austragungsorten zu Massenprotesten kam, weil die Veranstaltung als ein Elitenprojekt auf Kosten der Bevölkerung angesehen wurde.

  Die Berliner zahlen für die Imagekampagne

Von einem "breiten, zivilgesellschaftlichen Dialog" kann jedoch bisher keine Rede sein. Vielmehr wird hier wie dort eifrig die Werbetrommel gerührt, um die Bevölkerung auf dem Wege einer emotionalen Ansprache für die Bewerbung zu begeistern. "Wir wollen die Spiele" (Berlin), man soll für sie "Feuer und Flamme" (Hamburg) sein. Der Steuerzahler zahlt erst einmal für seine eigene, informationslose Beeinflussung. Denn es gibt noch nicht einmal Planungen über die erforderlichen Investitionen in Sportstätten und in die übrige Infrastruktur; dasselbe gilt für andere Aufwendungen.

Karl Brenke ist Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Karl Brenke ist Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

© DIW

Weil aber offenbar weniger auf Aufklärung der Bürger und mehr auf eine Sympathiekampagne gesetzt wird, gibt es schon Stimmen, die den etwaigen Austragungsorten unter dem Strich einen Gewinn aufgrund der Spiele voraussagen. So verweist der DOSB auf London, wo die vergangene Sommerolympiade ein leichtes Plus ergäben hätte. Tatsächlich wies das Londoner Organisationskomitee einen kleinen Gewinn aus; es war allerdings nur für die Durchführung der Spiele und für die Sponsorenwerbung verantwortlich. Die Investitionen und andere Kosten (etwa für Verkehr und Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt) tauchen in seiner Bilanz gar nicht auf.

Berlin kann sich solchen Luxus nicht erlauben

Geld, das für Sportveranstaltungen verwendet wird, fehlt an anderer Stelle. Selbst nach ihrem Ende fallen noch Kosten an. Das gilt insbesondere für den Unterhalt der Sportstätten - es sein denn, dass man sie zu erheblichen Teilen einfach verfallen lässt, wie es nach Olympia 2004 in Athen geschehen ist. Im Falle des vergleichsweise reichen Hamburgs mag es noch angehen, sich eine Olympiade zu leisten - wenngleich sich auch hier ein Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur aufgebaut hat. Für Berlin verbietet sich dagegen ein solcher Luxus.

Die Straßen werden immer schlechter; investiert wird deshalb allerdings häufig nicht in deren Instandsetzung, sondern lediglich in Schilder für Geschwindigkeitsbegrenzungen. Viele Schulen sind in einem erbärmlichen Zustand; dasselbe gilt für andere öffentliche Gebäude. Die Stadt lebt von der Substanz - und die mittelfristige Finanzplanung sieht ein weiteres reales Abschmelzen der ohnehin schon geringen Investitionen sowie deren Umlenkung in den Wohnungsbau vor. Von Olympia keine Rede. Überdies ist Berlin hoch verschuldet und hängt Berlin am Tropf des Bundes und anderer Bundesländer, die wenig Verständnis für das chronische Berliner Imponiergehabe haben dürften.

Man muss wohl auf die Vernunft der Bürger setzen. München ist ein Vorbild; dort wurde Olympia per Volksentscheid abgeschmettert. Womöglich gibt es auch Gegenwind vom Internationalen Olympischen Komitee, das auf solche Austragungsorte setzen dürfte, von denen es einen weitgehend reibungslosen Ablauf der Spiele erwarten kann. Dazu gehört die fristgerechte Erstellung der erforderlichen Bauten. Berlin schafft das allerdings noch nicht einmal bei einem Flughafen und Hamburg nicht einmal bei einer Philharmonie.

Karl Brenke ist seit 1985 wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Karl Brenke

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