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Wirtschaft: Gesucht und gefunden

Viele Unternehmen besetzen offene Stellen mit Hilfe von Personalvermittlern. Das gilt nicht nur für Fach- und Führungskräfte, sondern immer öfter auch für Berufseinsteiger – eine Chance.

Eigentlich hatte Sabrina Weber ihr Xing-Profil lange Zeit stiefmütterlich behandelt. Im vergangenen Jahr ersetzte die heute 24-jährige Studentin ihr Profilbild dann mit einem professionellen Bewerbungsfoto. Sie aktualisierte ihren Lebenslauf und gab an, dass sie sich für Jobangebote in der Finanzdienstleistungsbranche interessiere. Tatsächlich erhielt sie bald fünf, sechs Angebote, doch es war klar, dass die nicht zu ihr passten. Dann kam im Oktober die Anfrage einer Personalberatung in Köln. „Wir haben vielleicht eine interessante Karrieremöglichkeit für Sie“, hieß es. Und so war es auch. Zum 1. Juli, direkt nach ihrem Masterabschluss, beginnt Sabrina Weber in der vorgeschlagenen Position als Unternehmensberaterin in einer Hamburger Firma.

Personalberatungen kennt man vor allem in ihrer Funktion als Vermittler von Fach- und Führungskräften. Doch einige bringen auch Berufseinsteiger „an den Mann“ – vor allem an kleinere und mittelständische Betriebe, die keine eigene Personalabteilung haben und den Absolventen oft unbekannt sind, oder an Unternehmen mit hohem Fachkräftebedarf. Besonders gefragt sind Experten in Bereichen wie Maschinenbau, Elektrotechnik, IT, Wirtschaftswissenschaften und in kaufmännischen Positionen. Personalberatungen suchen die Hochschulabsolventen vor allem über Universitäten, Jobbörsen, Messen, soziale Netzwerke und ihre eigenen Datenbanken.

„Der Kampf um Absolventen wird mit dem Wirtschaftswachstum und dem demografischen Wandel in Deutschland immer größer“, sagt Marion Festing, Professorin für Personalmanagement an der Wirtschaftshochschule ESCP Europe in Berlin. „War of Talents“ nennt sich die Konkurrenz. Regina Ruppert, Vizepräsidentin des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater, sagt: „Im Moment stehen Hochschulabsolventen bei den Personalberatungen noch nicht so im Fokus.“ Immerhin sei es kein so lukratives Geschäft wie die Vermittlung von Führungskräften. Doch auch Ruppert geht davon aus, dass die Unternehmen in Zukunft vermehrt die Suche nach Berufseinsteigern in Auftrag geben werden.

Ohne große Berufserfahrung müssen die Absolventen auf andere Weise punkten. Neben den Studienleistungen dienen den Personalberatungen zur Einschätzung der Kandidaten zum Beispiel absolvierte Praktika, Auslandserfahrungen und auch die Abiturnote. Sabrina Webers Profil und die Schwerpunkte ihres Bachelor- und Masterstudiums passten ideal zu der Stelle, die die Kölner Personalberatung Access besetzen sollte. Was sicherlich half: Weber schloss ihr Abitur mit 1,8 ab, ebenso ihr BWL- Studium. Ihr Notendurchschnitt im Master-Studium liegt im Moment bei 1,3. Sie hat zwei Auslandssemester in Belgien hinter sich – finanziert über ein Stipendium und mit Vorlesungen auf Englisch und Französisch – und sie arbeitet bis heute als Werkstudentin 20 Stunden pro Woche in der Wirtschaftsprüfung. „Man braucht schon ein recht sauberes Profil, um für eine Personalberatung interessant zu sein“, sagt Joana Pelster, Beraterin bei Access. Mitunter zähle da sogar „die richtige Uni“.

Dass ihr Unternehmen auch Hochschulabsolventen vermittelt, sei dessen Geschichte geschuldet, sagt Pelster. Bevor es zur Personalberatung wurde, startete Access als Eventveranstalter zur Vermittlung von Studenten an Unternehmen. Heute bringen die Berater vor allem Hochschulabsolventen und „Stammkunden“ zusammen, mit denen sie schon lange arbeiten. Etwa 15 Prozent der Aufträge zielen laut Pelster auf Berufseinsteiger.

Die Personalvermittlung Alma Mater aus Stuttgart hat sich darauf spezialisiert, ausschließlich Hochschulabsolventen zu rekrutieren. Alma Mater startete ursprünglich als Vermittler von Praktika und Studentenjobs. Doch die Nachfrage der Unternehmen nach Berufseinsteigern war so groß, dass die Personalprofis heute vor allem Absolventen suchen. Interessierte Studenten können sich kostenlos in der Datenbank der Personalvermittlung anmelden, ansonsten läuft die Rekrutierung über die üblichen Kanäle wie Hochschulen, Karrieremessen und natürlich das Internet.

Juliane Brauer, Personalberaterin bei Alma Mater, bringt den Vorteil einer Vermittlung so auf den Punkt: „Bei uns kommen die Studenten in keine Bewerbersituation, sondern wir beraten, machen sie auf Positionen aufmerksam und liefern Hintergrundinfos.“ Simon Märkle, Abteilungsleiter der IT- Firma Camos in Stuttgart, arbeitet seit drei Jahren mit Alma Mater zusammen. Acht seiner Mitarbeiter sind über die Vermittlung schon ins Unternehmen gekommen. „Wir suchen Leute, die sowohl Spaß an Technik, als auch am Kontakt mit den Kunden haben“, sagt Märkle. Alma Mater kenne diese Anforderungen inzwischen besser, als man es selbst in einer Stellenausschreibung formulieren könne. Für Märkle gilt es dann nur noch, aus den vorgeschlagenen Bewerbern den passenden Kandidaten herauszufischen.

Nachdem Sabrina Weber ihre aktuellen Unterlagen an die Personalberatung geschickt hatte, führte sie ein Telefoninterview mit einem Berater von Access. Anschließend wurde sie zu einem Bewerbertag mit dem interessierten Finanzdienstleistungsunternehmen eingeladen. Sie sprach mit dem Manager und der Personalmanagerin, ging mit Mitarbeitern des Unternehmens Mittagessen. „Es wird darauf geachtet, dass es auch menschlich stimmt“, sagt Sabrina Weber. Am Ende setzte sie sich gegen etwa ein Dutzend ihrer Mitbewerber durch. Jetzt sitzt die junge Frau noch an ihrer Masterarbeit. Danach geht es dann nahtlos weiter – in die neue Position als Unternehmensberaterin.

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