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Neues Profil. Statt mit großen Netzwerk-Airlines und Billigfliegern gleichzeitig zu konkurrieren, will sich Air Berlin mehr konzentrieren. Zum Beispiel auf Geschäftsreisende.

© dpa

Gewinn im Sommer: Air Berlin erholt sich

Die angeschlagene Fluggesellschaft verdient im Sommer-Quartal Geld – und will mehr Langstrecken fliegen. 2016 soll die Wende kommen. Dann will Vorstandschef Stefan Pichler mit Air Berlin profitable Geschäfte machen.

Stefan Pichler war früher ein guter Langstreckenläufer. In den 1980er Jahren gehörte er auf der 25-Kilometer-Distanz zu den fünf Besten der Welt. Heute braucht der 58-Jährige Ausdauer an anderer Stelle: „Das wird ein langer Weg“, sagte der Air-Berlin-Chef am Mittwoch in Berlin. „Aber die Richtung stimmt.“ Grund zum Optimismus gab es bei der angeschlagenen, hoch verschuldeten Fluggesellschaft lange nicht mehr. Doch seit diesem Sommer geht es langsam aufwärts: „Die Quartalsergebnisse sind besonders erfreulich“, sagte Pichler. Nach einem herben Betriebsverlust (Ebit) im ersten Halbjahr (94 Millionen Euro) schrieb die zweitgrößte deutsche Airline im dritten Quartal operativ schwarze Zahlen (81 Millionen Euro) bei nahezu konstantem Umsatz (1,3 Milliarden Euro).

2016 sieht Pichler den "turning point"

Das ist noch keine Trendwende. 2015 wird Air Berlin noch hohe Verluste schreiben – aber es ist ein Anfang. „Es wäre nicht fair, uns die Zukunftsfähigkeit abzusprechen“, sagte Pichler, der seit Februar im Amt ist und Air Berlin mit seinen 8000 Beschäftigten ein strenges Sparprogramm verordnet hat. Zwischenzeitlich schien das Unternehmen am Ende. Das Eigenkapital ist aufgebraucht, Großaktionär Etihad hält Air Berlin finanziell seit 2011 am Leben. Am Mittwoch gab sich Stefan Pichler trotzdem zuversichtlich: „Unsere Zukunft hat gerade begonnen.“ In „zwölf bis 18 Monaten“ werde man operativ profitabel sein, 2016 sei für Air Berlin der „turning point“. Bis Ende 2018 soll sogar eine Ergebnisverbesserung von 310 Millionen Euro erzielt werden. Das Programm „Change to win“ setzt dabei nicht allein aufs Sparen. „Wir wachsen auf der Langstrecke“, kündigte Marathonmann Pichler an. Eine kleine Überraschung. Profitieren soll zunächst der Standort Düsseldorf, später auch Berlin – noch vor der geplanten BER-Eröffnung 2017. Von Düsseldorf aus fliegt Air Berlin ab Mai 2016 San Francisco fünfmal sowie Boston und Dallas viermal pro Woche an, die kubanische Hauptstadt Havanna zweimal. Damit wird es von Düsseldorf wöchentlich bis zu 62 Nonstop-Flüge zu 14 Langstreckenzielen geben.

Mehr Geschäftskunden statt Schnäppchenjäger

Auf der Kostenseite plant Pichler Entlastungen ein. Vor allem in der Verwaltung sollen Stellen abgebaut werden. Auch Verkäufe sind möglich, etwa bei Bodendiensten oder in der Technik. Entschieden ist noch nichts. Unklar ist auch, wie viele Jobs wegfallen. Zudem sollen einige Strecken weniger häufig geflogen werden.

Pichler glaubt, dass das neue Profil von Air Berlin langsam sichtbar wird. Bei dem Versuch, mit Billiganbietern zu konkurrieren und gleichzeitig mit Netzwerk-Airlines wie Lufthansa, Air France oder British Airways, hatte sich Air Berlin verzettelt. „Wir sind jetzt auf einem konsequenten Weg, diese Grundproblematik zu lösen.“ Obwohl man „billiger produziert“ als die großen Airlines, wolle Air Berlin nicht in Konkurrenz zu Billigfluglinien wie Ryanair und Easyjet treten. Stattdessen sollen Geschäftskunden angesprochen werden, mit denen mehr zu verdienen ist. „Wir wollen unseren Marktanteil im Firmenkundengeschäft in den kommenden drei Jahren verdoppeln“, kündigte Pichler an. Nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gibt es in Deutschland so viele Billigflugverbindungen wie nie zuvor – nicht zuletzt durch die Verschiebung von Strecken der Lufthansa zur Tochter Germanwings. Die Zahl der Billigflugstrecken in und ab Deutschland stieg im Sommer auf den Rekord von 754 Verbindungen. Zugleich sorgt der wachsende Wettbewerb der Günstigflieger auf beliebten Strecken für sinkende Preise, wie aus dem DLR-Low-Cost-Monitor hervorgeht.

Die Finanzierung steht angeblich

Air-Berlin-Chef Pichler versicherte, dass das Unternehmen ein „klares Finanzierungskonzept hat, das alle Verpflichtungen – auch künftige – abdeckt“. Ob und in welchem Umfang dahinter neue Finanzspritzen von Etihad stecken, sagte er nicht. Ein sensibler Punkt. Denn die Airline aus den Arabischen Emiraten kann ihren Einfluss bei der deutschen Tochter eigentlich nicht ausbauen, ohne damit wichtige Flugrechte zu gefährden.

Eindringlich appellierte Pichler an die Regierung, Gemeinschaftsflüge mit Etihad (Code-Sharing) weiter zu genehmigen. Bei diesen Flügen erhalten Air-Berlin-Verbindungen eine Etihad-Flugnummer. Air Berlin erhöht so die Auslastung und Etihad kann mehr Ziele anbieten. Das Verkehrsministerium hatte das Code-Sharing nur bis zum 15. Januar 2016 erlaubt, Etihad zog daraufhin vor Gericht. Erst am Dienstag hatte Verkehrsminister Alexander Dobrindt bekräftigt, es werde keine Verlängerung geben. Pichler erwartet noch in diesem Jahr eine juristische Klärung und hofft auf eine politische Lösung. „Wir werden diese Code-Shares kriegen.“

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