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Protest gegen den Sparkurs. Die Regierung kündigt das Ende der Rezession an. Doch die Griechen verlieren die Geduld. Foto: Imago

© imago stock&people

Griechenland-Krise: Das erschöpfte Volk

Die Einkommen sind um 40 Prozent, die Wirtschaft ist um ein Viertel geschrumpft. Nach fünf Jahren Krise sind viele Griechen am Ende.

Es ist Zahltag auf dem Arbeitsamt in Lavrion, eine Autostunde östlich von Athen. Bis auf den Bürgersteig der Fleming-Straße stehen die Menschen an. „Ich bin seit zwei Stunden hier“, sagt Fotis Mitsos. Der 28-Jährige will sein Arbeitslosengeld abholen. Lavrion war in der Antike so etwas wie die Schatzkammer Athens. Tausende Sklaven gruben hier mit Spitzhacke und Schaufel tiefe Stollen ins Gestein. Sie förderten silberhaltiges Erz. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Lavrion die größte Industriestadt des Landes, Arbeiter aus dem ganzen Land strömten ins „griechische Ruhrgebiet“. Das alles ist Geschichte. Die Werkshallen sind längst Ruinen. Die Rezession, die Griechenlands Wirtschaftsleistung seit 2009 um ein Viertel und die Realeinkommen um fast 40 Prozent schrumpfen ließ, gab Lavrion den Rest.

Fotis wollte weg von hier. In Athen hat er Architektur studiert. Aber wer braucht Architekten, wo die Aufträge der Bauwirtschaft seit Beginn der Krise um mehr als 70 Prozent eingebrochen sind? „Das Studium war teuer, aber umsonst“, sagt der junge Mann. 2010 fand er immerhin Arbeit als Verkäufer in einer Baustoffhandlung. Doch vergangenes Jahr meldete die Firma Insolvenz an, eines von 206 000 mittelständischen Unternehmen, die im Verlauf der Krise bereits pleitegingen. Fotis zog zurück in die kleine Zweizimmerwohnung seiner Eltern. Jetzt steht der junge Mann im sechsten Monat in Folge für sein Arbeitslosengeld an.

Als er es schließlich in Händen hält, zählt er die Scheine zweimal durch: 360 Euro. „Halbzeit“, sagt Fotis und steckt das Geld in die Tasche seines Anoraks. Damit meint er: Das erste halbe Jahr als Arbeitsloser hat er hinter sich. Noch weitere sechs Monate bekommt er Geld, dann ist Schluss. Maximal ein Jahr lang gibt es in Griechenland Arbeitslosenunterstützung. Danach ist man auf sich selbst gestellt. Eine Grundsicherung wie Hartz IV gibt es nicht. Fotis sucht verzweifelt einen neuen Job. „Aber ich mache mir keine Illusionen“, sagt er. Die Arbeitslosenquote beträgt fast 28 Prozent, Tendenz steigend. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen, zu der Fotis gehört, liegt die Quote sogar bei 36 Prozent. „Ich bin doch noch so jung – und schon an der Endstation“, sagt Fotis.

Am Ende ihrer Kräfte fühlt sich auch Marianna Stavropoulou. Mutter und Kind warten vor einer Arztpraxis im Athener Vorort Perama. Es ist keine gewöhnliche Praxis. In der Aristidis-Straße betreibt die griechische Sektion der Organisation Médecins du Monde (Ärzte der Welt) eine Krankenstation für jene, die sich keinen regulären Arztbesuch leisten können, weil sie nicht versichert sind. Wenn in Griechenland das Arbeitslosengeld ausläuft, verliert man auch seine Krankenversicherung. Drei Millionen Griechen sind bereits unversichert, fast jeder dritte Bewohner des Landes. Marianna ist seit zwei Jahren arbeitslos, im Juni 2012 verlor auch ihr Mann seine Stelle als Vorarbeiter bei einer kleinen Werft, das Unternehmen war bankrott. Jetzt lebt die dreiköpfige Familie von den Ersparnissen. Aber das Geld geht zur Neige. „Ich bin dankbar, dass wenigstens meine Tochter hier kostenlos ärztlich betreut wird“, sagt die 35-Jährige.

„Was wir erleben, ist schockierend und beschämend: eine humanitäre Krise in einem Land der Europäischen Union“, sagt Nikitas Kanakis, einer von rund 600 Ärzten, die in der griechischen Sektion der Ärzte der Welt ehrenamtlich mitarbeiten. Perama, westlich von Piräus, ist ein Brennpunkt der Krise. Früher lebten hier die meisten Familien vom Schiffbau und von der Seefahrt. Schon in den 1980er Jahren gerieten viele Werften wegen der Konkurrenz aus Asien in Schwierigkeiten. Die Finanzkrise hat die Branche fast ausradiert. Heute beträgt die Arbeitslosenquote in Perama rund 60 Prozent. Das ist mehr als das Doppelte des ohnehin hohen Landesdurchschnitts. „Es gibt hier Familien, die seit Monaten ohne Strom leben, weil sie die Elektrizitätsrechnung nicht bezahlen können“, sagt die Kinderärztin Anna Mailli, eine von 30 Medizinern, die in der Praxis in Perama unentgeltlich Dienst tun. „Am schlimmsten trifft die Krise die Kinder“, sagt Mailli. „Immer mehr Eltern können sich nicht einmal mehr die notwendigsten Impfungen für ihre Babys leisten.“ Viele der Kinder, die Anna Mailli untersucht, sind chronisch unterernährt.

Dass die Krise Menschen aus der Bahn wirft und Lebenspläne zerstört, weiß niemand besser als Aris Violatzis. Sein Büro befindet sich im Athener Szeneviertel Gazi, wo junge Griechen, die es sich noch leisten können, allabendlich Bars, Cafés und trendige Tavernen frequentieren. Aris Violatzis beschäftigt sich dagegen mit der düsteren Seite des Lebens. Er versucht, Selbstmordkandidaten zu retten. „Wenn es keine Hoffnung gibt, gibt es Hilfe“ ist das Motto der Organisation Klimaka, das heißt übersetzt Strickleiter. „Wir versuchen, den Menschen eine Leiter zuzuwerfen, auf der sie ins Leben zurückklettern können“, sagt Violatzis. Er leitet das rund um die Uhr besetzte Suizidpräventionszentrum der Organisation. „Selbstmord war früher ein Tabu in der griechischen Gesellschaft, man sprach nicht darüber“, sagt der Psychiater Violatzis. „Aber wir können nicht länger die Augen verschließen.“

Vor allem nicht mehr seit dem 4. April 2012. Da setzte sich ein 77-jähriger Rentner inmitten der Passanten auf dem Athener Syntagmaplatz eine Pistole an die Schläfe und drückte ab. Der pensionierte Apotheker hinterließ eine Notiz: „Ich will in Würde sterben, bevor ich in Mülltonnen nach Lebensmitteln suchen muss.“ Nach Daten der staatlichen Statistikbehörde ist die Zahl der Selbstmorde in Griechenland seit Beginn der Krise um 43 Prozent gestiegen. „Das ist ein trauriger Weltrekord“, sagt Aris Violatzis.

Leo ist nicht lebensmüde. Seit sieben Monaten lebt der 65-Jährige im Obdachlosenasyl der Hilfsorganisation Klimaka in der Athener Konstantinopel-Straße. Wie die meisten hier will Leo seinen Nachnamen nicht nennen. Ein grauer Vollbart, freundliche Augen, das lange weiße Haar zu einem Zopf gebunden: Leo sieht nicht aus wie ein Penner, sondern wie ein Pope. Sein Fall zeigt, dass die Krise auch immer mehr Mittelständler in die Armut treibt. Leo war Reisebürokaufmann. „In dem Beruf siehst du die ganze Welt“, erzählt er. „Freiflüge, Luxushotels mit 80 Prozent Rabatt – ich hatte ein tolles Leben!“ Dann kam der Absturz. Das Reisebüro ging pleite – „wegen des Internets“, wie Leo glaubt. Ein neuer Job? Selbst für ihn, der in London studiert hat und vier Sprachen spricht, war das mit 62 eine Illusion. Zwei Jahre lang lebte Leo von seinen Ersparnissen, hielt sich mit seinem Hobby, der Ikonenmalerei, über Wasser. Dann war das Geld zu Ende, er saß auf der Straße.

Leo will nicht, dass die Obdachlosenunterkunft seine Endstation ist. Vor neun Monaten hat er seine Rente beantragt. Im überbürokratisierten Griechenland kann es Jahre dauern, bis die bewilligt wird. „Geld, die Leute auf dem Amt zu schmieren, habe ich leider nicht“, sagt Leo. So wartet er ab. 30 Jahre hat er in die Sozialversicherung eingezahlt. Er hofft, dass er vielleicht 700 oder 800 Euro im Monat bekommt. „Davon kann ich mir eine kleine Wohnung leisten“, sagt Leo, „mehr brauche ich nicht – Hauptsache, ich stehe endlich wieder auf eigenen Füßen.“

Frankfurt am Main - Die neuen Spielekonsolen von Microsoft und Sony stoßen einer aktuellen Umfrage zufolge auf großes Interesse bei den Nutzern in Deutschland. Rund vier von zehn Konsolenbesitzern wollten sich in den nächsten zwölf Monaten eine Playstation 4 oder eine Xbox One zulegen, teilte das Beratungshaus PwC am Montag mit.

Dazu kommen 18 Prozent derjenigen, die bislang noch keine Spielekonsole besitzen. Insgesamt seien damit rund 30 Prozent der Onlinenutzer am Kauf einer neuen Spielekonsole interessiert, teilten die Branchenbeobachter mit.

Die neue Konsolengeneration ist der Hoffnungsträger der Branche, die zuletzt Einbußen verzeichnete. Xbox One und Playstation 4 lösen die fast acht Jahre alten Vorgänger ab. Innerhalb von 24 Stunden nach dem Start in 13 Ländern verkaufte Microsoft über eine Million Stück. Sony überschritt diese Grenze in der gleichen Zeit allein in Nordamerika. Die Playstation 4 wird ab Freitag in Europa verkauft.

Nach wie vor sei die Konsole die umsatzstärkste Spieleplattform in Deutschland, sagte Werner Ballhaus von PwC. Zuletzt sei der Erlös jedoch auf unter eine Milliarde Euro gesunken. Bis 2017 werde der Markt aber wieder um im Schnitt 4,5 Prozent pro Jahr auf rund 1,25 Milliarden Euro zulegen, schätzt Ballhaus.

Neben klassischen Konsolen war in den vergangenen Jahren verstärkt auch der Markt für Browser-Spiele für den PC sowie mobile Games auf Tablets und Smartphones gewachsen. Auch die Spielergemeinde wuchs stetig. Inzwischen spielten laut PwC mehr als 60 Prozent der befragten Konsumenten Videospiele.

Zum Standard der Konsolen zählt längst die Verbindung zum Internet und zu umfangreichen Onlineplattformen zum Kaufen, Streamen und Miteinander- Spielen. Die Berater von PwC fanden allerdings heraus, dass nur bei knapp der Hälfte der Konsolenbesitzer ihr Gerät tatsächlich auch an das heimische Netzwerk angeschlossen ist. Sowohl die PS4 als auch die Xbox One lassen sich auch offline nutzen. Ursprünglich hatte Microsoft für seine Konsole eine Onlinepflicht einführen wollen, nach Protesten allerdings wieder Abstand davon genommen. Nur zum Download des ersten Updates ist nun eine Verbindung zum Netz erforderlich.

Ein großes Thema bei den neuen Spielekonsolen sind die Möglichkeiten der Vernetzung. So lassen sich Spiele etwa an der Konsole anspielen und auf dem Tablet bruchlos unterwegs weiterspielen. „Der Trend zum vernetzten und zunehmend mobilen Spiel ist Herausforderung und Chance für die Spielehersteller“, schätzt Niklas Wilke, Videospiel-Experte bei PwC. Mit neuen Spieletiteln auf mehreren Plattformen auch Umsatz zu generieren, setzte Änderungen am Geschäftsmodell voraus. „Nur wenige Spieler dürften dazu bereit sein, für den gleichen Titel mehrfach zu bezahlen.“ dpa

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