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Der Reiz alter Mauern: Wer eine Denkmal-Immobilie erwirbt, kauft gleichzeitig ein Stück Geschichte. Für die Sanierung braucht man allerdings einen langen Atem.

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Denkmal-Immobilien: Im besten Alter

Ein Stück gekaufter Geschichte: Ob Brauerei, frühere Botschaft oder Stadtbad – Denkmal-Immobilien sind beliebt bei Anlegern. Doch die Investition hat ihre Tücken.

Eine von Dirk Germandis Erfolgsgeschichten beginnt in einem Gefängnis. Genauer gesagt in der ehemaligen Besserungsanstalt in Rummelsburg im Osten Berlins. Auf einem riesigen Areal direkt an der Hauptstraße hatte die Volkspolizei der ehemaligen DDR tausende Regimekritiker, Fluchthelfer und Kleinkriminelle eingesperrt, terrorisiert und mit ihren perfiden Überwachungsmethoden mürbe gemacht. „Das war harter Tobak“, sagt Germandi. Vor rund neun Jahren hat er das ehemalige Gefängnis zu 145 Eigentumswohnungen umgebaut.

Seit rund 25 Jahren ist Dirk Germandi im Immobiliengeschäft. Mit seiner Firma Profi Partner hat er sich auf Denkmal-Objekte spezialisiert. Die meisten seiner Kunden wollen Kapital anlegen und nicht zwangsläufig in die geschichtsträchtigen Häuser einziehen. Von der Unterschrift unter den Kaufvertrag bis zur Fertigstellung veranschlagt er für jedes Projekt mindestens viereinhalb Jahre. „Die Kunden brauchen einen langen Atem“, sagt Germandi.

Schuld daran sind vor allem die zahlreichen Auflagen, die die Behörden für die Immobilien mit Geschichte veranschlagt haben. Blauer oder weißer Anstrich? Die Denkmalpfleger bestehen aber auf der historischen roten Farbgebung. Neue Fenster? Nicht immer erlauben die Beamten eine moderne Isolierung. Balkon oder Terrasse? In vielen Fällen lehnt die Verwaltung solche Bauwünsche ab.

"Niemand will die Denkmäler schleifen"

Germandi hat etliche solcher Geschichten auf Lager. Zum Beispiel das Hin und Her beim Umbau eines alten Brauereispeichers in Lichtenrade oder eines alten Stadtbads in Lichtenberg. So manches Mal hatte ein Investor gute Ideen, um sogar Arbeitsplätze in den alten Gemäuern zu schaffen. Doch wenn die Behörden blockieren und die Erlaubnis für etliche Umbauten verweigern, kann der Traum von der perfekten Immobilie schnell scheitern. „Vor allem eine energetische Gebäudesanierung wird bei Denkmälern so gut wie nie genehmigt“, sagt Germandi.

Dabei gebe es etliche Möglichkeiten, beispielsweise Solarstrommodule kaum sichtbar an den Bauten anzubringen. Auch die Vorgabe, uralte Türme oder Fenster nur aus Denkmalschutzgründen zu erhalten, stößt bei ihm in den meisten Fällen nicht auf Verständnis. Bei einem seiner Projekte erteilten die Denkmalpfleger eine ganz besondere Auflage: 25 Prozent der Fläche sollten von einem Museum genutzt werden dürften. „Wie soll das denn in einem Wohnhaus funktionieren?“, empört sich Germandi noch heute. Trotz Protest ließ sich die Behörde von dieser Forderung nicht abbringen.

„Niemand von uns will die Denkmäler schleifen“, sagt Germandi. „Unsere Kernkompetenz ist die Sanierung von Denkmälern, und das machen wir mit viel Augenmaß.“ Doch werden die Häuser nicht umgebaut und modernisiert, drohen sie zu verfallen, befürchtet der Experte. Von Blockade oder absichtlichen Steinen, die den künftigen Eigentümern in den Weg gelegt werden, wollen die zuständigen Behörden nichts wissen. Im Berliner Denkmalschutz-Gesetz sind ihre Aufgaben klar definiert. Sie sollen die Gebäude schützen, erhalten, pflegen und wissenschaftlich erforschen.

Die Belange des Denkmalschutzes müssen in öffentlichen Planungen und Umbauten „angemessen“ berücksichtigt werden.

Strenge Vorgaben gelten auch für Gärten und Parks

Nur wenige Unternehmen haben sich auf historische Immobilien spezialisiert: Die meisten vermitteln Objekte bundesweit. Damit der Kauf des historischen Gebäudes nicht zum Albtraum wird, raten Experten sich zuvor über die Gebäude genau zu informieren. Am besten bei Spezialisten, die sich auf Markt auskennen. „Man kauft ein Stück Geschichte mit“, sagt Björn Neumann, Geschäftsführer der BW Bestwert Immobilien GmbH in Berlin.

„Dieser Aspekt spielt bei vielen Interessenten eine entscheidende Rolle.“ Er vermittelt nicht nur die Immobilien an die Anleger, sondern berät sie beim Kauf, über Besonderheiten bei Umbau und Sanierung bis hin zur Vermietung der historischen Gebäude. Auch der Immobilienmakler warnt Interessenten davor, die Auflagen für Denkmalschutz-Immobilien zu unterschätzen.

Die Vorgaben gelten sogar für Gärten und Parks. Neumann hat schon erlebt, dass Bäume gefällt oder umgepflanzt werden mussten, um den Garten wieder so herzurichten, wie er einst aussah. Nicht immer passen solche Vorgaben zu den Plänen des künftigen Eigentümers. Fehlt etwa eine passende Zufahrt, schreckt das viele Mieter ab, die sich sonst für die Denkmal-Immobilie entschieden hätten.

Trotz solcher Widrigkeiten ist der Markt für Denkmal-Immobilien hart umkämpft – besonders in Berlin. Nach der großen Verkaufswelle vor rund zehn Jahren sind gute Angebote heute rar und Nachschub gibt es kaum. Längst empfiehlt Neumann seinen Kunden, auch über Angebote in Potsdam, Leipzig oder Dresden nachzudenken. „Denn trotz der hohen Investitionen zu Beginn lohnt sich die Anlage“, sagt Neumann.

Ist eines der besonderen Objekte am Markt zu haben, müssen Anleger meist mit hohen Anschaffungskosten rechnen. Neumann geht von 5000 Euro bis 6000 Euro pro Quadratmeter aus.

Denkmal-Immobilien gelten als lukrative Geldanlage

"Victoria-Quartier": In der ehemaligen Brauerei leben heute hippe Zugezogene mit Familie.
"Victoria-Quartier": In der ehemaligen Brauerei leben heute hippe Zugezogene mit Familie.

© imago/Schöning

Der Preis orientiert sich an der Lage, am Zustand der Immobilie, aber auch an kuriosen Geschichten. Ein Beispiel: Vor dem Verkauf des ehemaligen US-Hauptquartiers in der Clayallee in Dahlem warben die Verkäufer damit, dass an dem historischen Ort Blockbuster wie „Operation Walküre“ mit Tom Cruise oder „Inglourious Bastards“ von Quentin Tarantino gedreht wurden. Das Areal, auf dem schon der ehemalige US-Präsident John F. Kennedy zu Besuch war, wurde schließlich für 15 Millionen Euro verkauft.

Denkmal-Immobilien sind nicht nur wegen ihrer besonderen Geschichte beliebt, sondern gelten vor allem auch als lukrative Geldanlage. Der Fiskus fördert den Erhalt solcher schützenswerter Immobilien. Die Ausgaben für die meist teure Sanierung sind steuerlich absetzbar. Wer sein Denkmal selbst bewohnt, kann über zehn Jahre insgesamt 90Prozent dieser Ausgaben bei der Einkommenssteuer geltend machen, Kapitalanleger sogar über zwölf Jahre hinweg. Allerdings müssen die Eigentümer der Denkmal-Immobilien einige Formalien beachten. Der Antrag auf die steuerliche Bescheinigung muss vor Sanierungsbeginn gestellt und bestätigt werden. Nachträglich dürfen die Behörden keine solchen Anträge bewilligen. Ohne das Papier gibt es keine Abschreibung.

Allerdings können die Käufer auch bei Fristeinhaltung nicht immer mit der vollen Steuererstattung rechnen. Gefördert wird nur, was als „schützenswert“ gilt. Bestimmte Anbauten oder Umbauten können ausgenommen werden. Halten die Eigentümer die Vorgaben der Behörden nicht ein, kann der Steuervorteil sogar komplett erlöschen.

Lage, Bauqualität und Ausstattung sind entscheidend

Für Projektentwickler Dirk Germandi zählt das Argument nicht, die hohen Kosten abschreiben zu können. „Denkmäler rechnen sich für Investoren nicht über die Steuer“, sagt er. Vor allem schlechte Bausubstanz ließe die Ausgaben oft explodieren, denn Festpreise für die „historische Sanierung“ gebe es nicht. Denkmäler sind damit alles andere als schnelle Steuerschnäppchen.

Der hohe Aufwand für den Umbau und die Auflagen der Behörden wiegen diesen Vorteil auf. Entscheidend für den Käufer sind die Lage, die Bauqualität und die Ausstattung. Lässt sich das Objekt gut und langfristig vermieten? Passt es zu meinen Bedürfnissen, wenn ich selbst darin wohnen will? Trotz ihrer vielen Eigenheiten hält Projektentwickler Germandi die Investition in die Denkmäler für eine „exzellente“ Entscheidung.

Allerdings weiß auch er, dass der Markt für Denkmal-Immobilien in Berlin und auch in der Region so gut wie abgegrast ist. Gebäude in gutem Zustand, vor allem auch wirklich sanierte Bausubstanz zu finden, sei eine echte Herausforderung, sagt Germandi. In einigen Fällen hat er Projekte abgelehnt, weil der Aufwand und die Kosten, um Schadstoffe aus den Gebäuden zu entfernen, schlichtweg zu hoch gewesen wären. Doch ohne eine solche Sanierung hätte für die Gesundheit der neuen Bewohner nicht garantiert werden können.

Schadstoffanalyse der Bausubstanz ist Pflicht

Denn eine beeindruckende Geschichte verschleiert manchmal erhebliche Mängel an der vermeintlichen Traumimmobilie. Käufer sollten daher unbedingt auf eine Schadstoffanalyse der Bausubstanz bestehen. Etliche unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurden zu Zeiten gebaut, in denen der Einsatz von chemischen Lösungsmitteln, Asbest oder anderen Giftstoffen Alltag im Baugeschäft waren. Der Laie kann nicht erkennen, ob Wohnen im Denkmal langfristig zum Gesundheitsrisiko wird.

Für einen Bauträger, der sich auf diese Immobilien spezialisiert hat, ist eine solche Analyse ein Standardauftrag. Dazu sollten sich Interessenten Gutachten zur Statik, zum Zustand von Dach und Wasser- und Stromleitungen genau anschauen. Die Sanierung der Immobilie wird in jedem Fall weitere Kosten verursachen. Wie hoch die Ausgaben werden, lässt sich mit diesen Bewertungen besser einschätzen.

Für jedes Objekt steigt Germandi ins Archiv, besorgt sich Baupläne, historische Zeugnisse und befragt etliche Experten. Seine Kunden sollen schließlich genau wissen, was hinter ihrer Immobilie steckt. Aufgeben wird Dirk Germandi noch lange nicht. Der Anspruch aus einer Bauruine ein Schmuckstück zu machen, ist schließlich sein Geschäft.

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