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Tasse Kaffee, virtuell bezahlt. In einigen Bars und Läden im Graefekiez kann man mit Bitcoins zahlen.

© dpa

Internet-Geld Bitcoin: Berliner Läden testen digitale Währung

Alternativen zum Euro sind angesagt: In Berlin sucht nun das Internet-Geld Bitcoin nach seinem Einstieg in den Einzelhandel. Doch digitale Kunstwährungen sind nicht ohne Risiko.

Jetzt ist sie offiziell und für alle erkennbar Mitglied im Bitcoin-Kiez: Cassandra Wintgens klebt feierlich den blauen Sticker mit dem dicken gelben B auf die Scheibe der Eingangstür. „Bitcoin accepted here“ - hier kann man mit Bitcoins bezahlen, wissen nun die Gäste des Hostels in Berlin-Kreuzberg.

Wintgens ist mit ihrem Gästehaus „Lekkerurlaub Notaufnahme“ neu in der Gruppe der sieben Unternehmer, die im Graefekiez die digitale Währung Bitcoin für alltägliche Geschäfte akzeptieren - um einen Kaffee im angeschlossenen Bistro zu bezahlen oder eben eine Übernachtung. Das Viertel liegt im südlichen Teil von Kreuzberg, zwischen Landwehrkanal und Hasenheide.

Das virtuelle Geld kursierte bis jetzt vor allem im Internet, in Berlin findet es seinen Weg in den herkömmlichen Handel. Eine Übernachtung im Lekkerurlaub kostet aktuell etwa 0,4 Bitcoins, umgerechnet 40 Euro, für eine Person.

Bisher gab es aber nur einen Kunden, der in der vergangenen Woche sein Essen mit Bitcoins bezahlt hat. „Ich finde es spannend. Banken brauchen wir für Bitcoins nicht. Die verarschen uns sowieso und tun nichts für uns als Kleinunternehmer“, schimpft Wintgens.

Bitcoins gibt es seit 2009. Sie werden direkt zwischen Käufer und Verkäufer ausgetauscht. Erwerben kann man sie gegen echtes Geld auf Internet-Marktplätzen.

Überzeugt hat die Lekkerurlaub-Inhaberin ihr Nachbar Joerg Platzer. In seiner Bar Room 77, ein paar Häuser weiter in der Graefestraße, kann man schon seit zwei Jahren das Bier mit Bitcoins kaufen. „Das ist für mich als Geschäftsmann günstig, weil alles kostenlos ist und so schnell geht“, sagt Platzer. Bei Kreditkartenzahlungen würden dagegen Gebühren fällig.

Knapp hundert Leute passen in die Kneipe mit dem Tresen aus Beton und Glas, bis zu zehn Prozent der Zahlungen rechnet Platzer an einem Abend in Bitcoins ab. Das Smartphone wird beim Bezahlen unterwegs zum Geldbeutel: Eine App scannt ein Bildmuster, das die Kontonummer und manchmal auch den aktuellen Preis enthält und sendet die Zahlung direkt an ihn. Alle Bitcoin-Nutzer können die Zahlung online sehen, aber die Nutzer selbst bleiben anonym.

Die Geldmenge ist im Bitcoin-System begrenzt. Wenn Angebot und Nachfrage stark schwanken, lässt das den Wert der Bitcoins hüpfen: Anfang April stürzte der Kurs von 266 Dollar auf unter 80 Dollar ab.
In der Welt der Euros und Dollars sorgt die Zentralbank für die Preisstabilität sorgen, indem sie die verfügbare Geldmenge steuert. In der Bitcoin-Welt aber fehlt diese Instanz.

Bedenken habe er wegen der Wertschwankungen nicht, sagt Platzer. Wer Angst habe, könne seine Bitcoins ja stets wieder in Euro zurücktauschen. Im Graefekiez werden die Bitcoins weiter den Handel im Alltag erobern, glaubt er. Demnächst wollten weitere Unternehmen dem Bitcoin-Kiez beitreten. „Bitcoins sind das Geld der Zukunft.“ „Bei echten Produkten sind und bleiben Bitcoins die Ausnahme. Die werden an kleinen Stellen genutzt, aber nicht im großen Stil“, sagt Raúl Rojas. Der gebürtige Mexikaner ist Professor für Künstliche Intelligenz an der FU Berlin und beschäftigt sich seit über einem Jahrzehnt mit digitalen Währungen. Die Wertschwankungen sind nach Rojas das Hauptproblem.

In dieser Woche rückten Meldungen aus Amerika auch die Bitcoins in ein schiefes Licht: Das Internet-Bezahlsystem Liberty Reserve aus Costa Rica soll die Basis für einen gigantischen Geldwäsche-Ring gewesen sein. Mit den Bitcoins allerdings ist das kaum vergleichbar.

Diese werden in einem komplizierten und rechenaufwendigen Prozess erstellt, außerdem ist das Bitcoin-Volumen auf 21 Millionen begrenzt, was die Währung unattraktiv für Geldwäsche macht. Bitcoins sind dadurch so knapp wie Gold. (mit dpa)

Lucia Weiß

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