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Angerollt. 1988 fuhr Gründer Carsten Gerlach in Hamburg seine Ware selbst aus. Heute machen das andere auf Elektrorollern.

© Joey's Pizza

Joey's Pizza: Die kommt an

Deutschlands größter Pizza-Lieferant Joey’s wird 25 Jahre alt. Und hat noch viel vor – auch in der Hauptstadt.

Von Maris Hubschmid

Der ideale Tag: „Zehn Grad, Nieselregen“, sagt Karsten Freigang. Wenn es draußen ungemütlich ist, greifen viele lieber zum Telefon, um sich eine Pizza bringen zu lassen, statt selber loszugehen. Wird das Wetter noch schlechter, bei Schnee und Eis, haben es auch die Boten schwer. Zu einem echten Spitzentag gehört aber noch ein Kanzlerduell. Das Fernseh-Ereignis bescherte Deutschlands größtem Pizza-Lieferdienst ein Auftragshoch. WM-Spiele sind auch dankbar: Damals, im Jahr 2006, Eröffnungsspiel gegen Costa-Rica, verkaufte Joey’s 27 000 Pizzen an einem Tag. Rekord bisher.

207 Betriebe zählt das Hamburger Franchise-Unternehmen mittlerweile, 32 mehr als sein stärkster Konkurrent Hallo Pizza aus dem Rheinland. Der Jahresumsatz stieg 2012 auf 120,2 Millionen Euro, lag damit 40 Millionen über dem des Verfolgers. Danach kommt erstmal lange nichts. In diesem Herbst feiert der Bringdienst mit 5000 Mitarbeitern sein 25-jähriges Jubiläum. Er war einer der ersten, der das Modell Bei-Anruf-Pizza nach Europa brachte.

Die Idee holte sich Gründer Carsten Gerlach in den USA

Angefangen hat alles auf einer Amerikareise. Dort lernte Joey’s-Pizza-Gründer Carsten Gerlach als junger Mann eine Institution namens „Pizza Joe“ schätzen. Daher der Name, der amerikanisch anmutet, obgleich sich Joey’s Pizza immer an der italienischen Machart orientiert hat, statt wie Andere Pizzen mit dickem Hefeboden zu backen. Daheim an der Elbe lieh Carsten Gerlach sich 10 000 Mark von der Mutter seiner Freundin, erstand einen gebrauchten Ofen und eine Einbauküche von Ikea. Zwei Jahre erprobte er sich in seiner ersten Backstube, feilte an Teig und Belag, eher er seine erste Pizza ausfuhr. Heute gibt es in der Hansestadt 26 Ableger.

Karsten Freigang.
Karsten Freigang.

© Kai-Uwe Heinrich

In Berlin, wo das Unternehmen seit 1993 präsent ist, wurde kürzlich die 19. Filiale in Lichtenberg eröffnet. Und Geschäftsführer Freigang, der die Leitung 2009 von Gerlach übernommen hat, hat viel vor in der Hauptstadt: 30 bis 40 weitere Präsenzen seien denkbar in den kommenden fünf bis zehn Jahren, sagt er. Der 48-Jährige hat Erfahrung mit großen Ketten. Burger King, Nordsee, Tank und Rast waren frühere Stationen seiner Karriere. 30 000 Euro Eigenkapital oder mehr, sagt er, müsse mitbringen, wer vom Erfolg der Marke profitieren will. Ein bisschen Geschäftssinn sei auch nicht verkehrt. „Der Name zieht wohl, aber ich verkaufe keine Versicherung.“

Der Berliner Markt sei kein einfacher, sagt Freigang. „Speziell.“ Das zeigt sich nicht nur bei der Wahl der Pizzen: „Es gibt eine ungewöhnliche Vorliebe für Pizzen mit Barbeque- oder holländischer Sauce, also alles, was nicht Tomate ist.“ Freigang meint aber noch etwas anderes. Die Imbiss-Szene ist dermaßen stark ausgeprägt in Berlin, dass es schlichtweg mehr Alternativangebote gibt als sonst irgendwo. Ob Currywurst, Indisch oder Chinesisch: Nahezu jede Küche ist rund um die Uhr verfügbar, die meisten Lokale haben bis spät in die Nacht geöffnet und liefern auch.

Bei Joey's kommt auch Spargel auf die Pizza.

Da hat es selbst „der erfolgreichste Snack der Welt“ schwerer, wie der Chef sagt. Aber Joey’s Pizza hat in den vergangenen Jahren immer neue Möglichkeiten gefunden, sich abzuheben von der Masse. Da ist einmal die Strategie, exklusive Beläge anzubieten. Pizza mit Serrano-Schinken oder Rinderfiletstreifen, Kräuterseitlingen oder Spargel.

Pizza-Lieferdienste profitieren auch vom gesellschaftlichen Wandel: Waren einst zumindest in der allgemeinen Wahrnehmung vornehmlich Junggesellen- WGs mit mäßigen Kochkünsten Abnehmer, bestellen heute ebenso Familien und Geschäftsleute. Die Lieferpizza ist salonfähig geworden. „Wir erleben, dass gerade Großstädter flexibel sind: An einem Tag gehen sie ins Borchardt, am nächsten kochen sie aufwendig mit Freunden und am dritten haben sie Lust auf Joey’s oder Mc Donald’s.“ Nach gezielten Kampagnen macht Joey’s inzwischen rund ein Drittel seines Umsatzes in der Mittagszeit. Etwas mehr sogar entfallen auf Nicht-Pizza-Produkte wie Pasta, Salate und Croques, die feste Plätze im Sortiment haben. Kann ja sein, dass ein Kollege in der Bestellgemeinschaft erst gestern Pizza hatte oder Mutter nach was Kalorienarmem ist.

Viele Pizza-Lieferanten kommen mit dem Elektroroller

Als erster Lieferant ist die Kette dem Bundesverband der Systemgastronomie beigetreten, mit dem sie sich für einen Mindestlohn einsetzt. Sieben Euro pro Stunde verdienen Pizza-Chauffeure bei Joey’s garantiert, andere zahlen weniger – und können so ihre Ware günstiger verkaufen. Das missfällt Karsten Freigang.

Schon Mitte der 90er Jahre schickte das Unternehmen erste Mitarbeiter auf Elektrorollern los, seit 2012 arbeiten immer mehr Standorte ausschließlich mit Elektrorollern und -fahrrädern. „Autos setzen wir in den Städten so gut wie nicht mehr ein.“ Trotzdem bildet Joey’s Pizza neben der Systemgastronomie noch in einem sehr seltenen Beruf aus – dem des Servicefahrers. Insgesamt sind im Unternehmen derzeit 140 Lehrlinge beschäftigt. Auch für den Ausbildungsstart 2013 sind noch Plätze frei. Allein 20 Nachwuchskräfte werden aktuell noch in Berlin gesucht. Damit auch in Zukunft das Geschäft rollt.

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