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Warenhäuser: Karstadt-Gebote: Die letzten drei

Seit einem Jahr ist Karstadt insolvent. Heute entscheiden die Gläubiger über die Kaufangebote. Bis zuletzt wird verhandelt.

Düsseldorf - Genau ein Jahr ist es am Mittwoch her, dass der Arcandor-Konzern mit dem später üppig abgefundenen Karl-Gerhard Eick an der Spitze den Gang in die Insolvenz antreten musste. Die Töchter Karstadt und Quelle wurden mitgerissen: Das Schicksal des Versandhauses sollte bereits kurz darauf besiegelt sein, aber für die Warenhäuser kommt es nach einem langen Kampf ums Überleben erst jetzt zur Entscheidung.

Am heutigen Montag will sich der maßgebliche Gläubigerausschuss (siehe Kasten) verbindlich auf eines der drei vorliegenden Angebote festlegen, erfuhr der Tagesspiegel aus Verhandlungskreisen. Bis Mittwoch – also bis zum Jahrestag der Insolvenz – soll der Kaufvertrag unterschrieben sein, den das Amtsgericht Essen am Donnerstag absegnen könnte. Damit steht das größte Insolvenzverfahren der deutschen Wirtschaftsgeschichte unmittelbar vor dem Abschluss – wenn alles nach Plan läuft.

Allerdings wurde schon mehrfach das Finale im Karstadt-Poker ausgerufen, herbeigesehnt und herbeigeschrieben. Doch stets fanden sich für Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg, für Gläubiger oder Interessenten vermeintlich gute Gründe, um Fristen zu verschieben oder Verhandlungen neu anzusetzen. Allein das mutmaßlich entscheidende Treffen des Ausschusses, im Insolvenzplan ursprünglich für Ende April geplant, wurde auf Anregung Görgs und mit dem Plazet des zuständigen Gerichts zuletzt zweimal verschoben.

Das gilt diesmal als ausgeschlossen. Görg selbst versprach, man werde definitiv einen Investor auswählen und dann versuchen, dessen Bedingungen zu erfüllen. Auch Görgs Sprecher, Thomas Schulz, rechnet fest mit einer Entscheidung. „Die Gläubiger hatten nun ausreichend Zeit, sich mit den Angeboten auseinanderzusetzen“, sagte er. Beim letzten Treffen der Gläubiger am 28. Mai hatte das Vermieterkonsortium Highstreet in den Morgenstunden ein eigenes Kaufangebot unterbreitet und damit nach den Plänen der Finanzinvestoren Triton und Berggruen eine dritte Option eröffnet.

Mehr als drei werden es nicht. Den Wünschen des zuletzt bekannt gewordenen russischen Investors Artur Pachomow nach einem erneuten Aufschub wurde nicht entsprochen. Zudem vermisst der Insolvenzverwalter von dem Unternehmer aus St. Petersburg nach wie vor zahlreiche Dokumente, die dessen ernsthaftes Interesse belegen, etwa ein Nachweis über seine Liquidität.

Doch auch unter den drei zugelassenen Bietern bleibt es bis zuletzt spannend. Eine Vorentscheidung ist wohl noch nicht gefallen, auch weil die letzten Details der Angebote noch abgestimmt werden. So wollten sich nach Informationen des Tagesspiegels am späten Sonntagabend Vertreter von Highstreet in Frankfurt am Main mit Karstadt-Betriebsräten treffen, um das Angebot der Vermieter zu diskutieren. „Ich schätze, dass die Ergänzungen der Bieter erst Montagmorgen auf den Tisch kommen“, erklärte Görg-Sprecher Schulz. Davon geht auch Verdi aus. „Wir rechnen fest damit, dass die Interessenten ihre Angebote bis zur letzten Minute am Montagmorgen noch überarbeiten“, sagte die stellvertretende Gewerkschafts-Chefin Margret Mönig- Raane.

Von diesen letzten Justierungen macht die mächtige Arbeitnehmerlobby, die über drei Stimmen im Gläubigerausschuss verfügt, ihr Votum abhängig. Am vergangenen Freitag hatten verschiedene Medien, darunter der Tagesspiegel, von einseitigen Gesprächen des Betriebsrats mit Highstreet berichtet. Dem widersprach Betriebsratschef Hellmut Patzelt. „Ich habe schon zu einem Zeitpunkt mit vielen verschiedenen Interessenten verhandelt, als eine Lösung für Karstadt noch aussichtslos erschien“, erklärte Patzelt am Sonntag. Daraus ein einseitiges Engagement zugunsten von Highstreet abzuleiten, entspreche nicht der Realität. Tatsächlich trafen sich Patzelt und andere Betriebsräte von Karstadt noch am Freitag in Berlin mit Highstreet-Konkurrent Nicolas Berggruen.

Und auch der deutsch-schwedische Finanzinvestor Triton scheint weiterhin im Rennen. Am Sonntag hatten einzelne Medien vom Ausstieg des Investors berichtet. Das wiesen allerdings sowohl die Insolvenzverwaltung als auch der Bieter selbst zurück. „Wir gehen davon aus, dass unser Angebot am Montag im Gläubigerausschuss verhandelt wird“, sagte Triton-Sprecher Max Hohenberg am Sonntag.

Dennoch werden Triton die geringsten Chancen eingeräumt. Zu einseitig hatte der Investor neue Einschnitte bei den Arbeitnehmern gefordert und damit vor allem Margret Mönig-Raane verärgert. Berggruen hingegen suchte den Schulterschluss mit den Mitarbeitern und knüpfte seine Offerte an neue Mietminderungen. Wenn er bis Montagmorgen dabei bleibt, macht sich Berggruen von Highstreet abhängig.

Das Konsortium unter der Führung von Goldman Sachs, dem 86 der 120 Karstadt-Häuser gehören, bietet selbst für die Warenhäuser, um Leerstände mit Milliardenkosten zu vermeiden. Bisher hieß es stets, Highstreet strebe mittelfristig eine Fusion mit der Metro-Tochter Kaufhof an. Doch das scheint sich in den Verhandlungen geändert zu haben. Am Sonntag warb der italienische Kaufhausbetreiber Maurizio Borletti, der ebenfalls zum Highstreet-Konsortium gehört, erstmals öffentlich für die Offerte der Vermieter. Dabei versicherte er: „Karstadt bleibt als Ganzes erhalten, ohne Einschnitte bei Filialnetz und Mitarbeitern.“

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