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Gefährlich oder umweltfreundlich? Mercedes-Modelle, die das neue Kältemittel nicht nutzen, dürfen laut EU „weder vermarktet noch zugelassen werden“.

© REUTERS

Klimaanlagen: Hitziger Streit um Daimlers Kältemittel

Die EU-Kommission hält Zulassungsverbote für Mercedes-Modelle mit dem alten Kältemittel für zulässig. Der deutsche Autokonzern bleibt bei seiner Position - das kann teuer werden.

Im Kältemittelstreit mit der Europäischen Union droht Daimler nach Frankreich auch ein Zulassungsstopp in anderen Staaten der Gemeinschaft. Frankreich hatte Anfang Juli befristet die Zulassung der Mercedes-Modelle A- und B-Klasse sowie SL ausgesetzt, weil deren Klimaanlagen noch mit dem klimaschädlichen Kältemittel R134a befüllt sind. In der EU müsste aber ein neues, umweltfreundlicheres Mittel (R1234yf) eingesetzt werden.

Bei einem Ausschuss-Treffen auf Arbeitsebene erklärten Teilnehmer in Brüssel, es solle nun in der EU auf ein einheitliches Vorgehen hingearbeitet werden. Dazu gehöre auch der Rückruf von bereits verkauften Fahrzeugen. In den kommenden Wochen seien weitere Gespräche mit Frankreich und Deutschland zu dem Fall geplant. Die EU-Kommission hatte am Mittwochabend mitgeteilt, dass die Mitgliedstaaten anerkannt hätten, dass bezüglich der „Wagen, die nicht konform mit EU-Gesetzgebung sind, Korrekturmaßnahmen ergriffen werden“. Das schließe ausdrücklich „die Rücknahme bereits verkaufter Autos“ ein. Mercedes hatte rund 50 000 A-Klasse- Modelle zwischen Januar und April mit dem alten Kältemittel verkauft. Daimler beharrt derweil auf seiner Position. „Aus unserer Sicht hat sich damit die Sachlage nicht geändert“, kommentierte ein Daimler-Sprecher am Donnerstag die Mitteilung der EU-Kommission. Das Statement sei nicht eindeutig zu interpretieren.

Hintergrund des Streits, der nach der Sommerpause zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland führen könnte, ist die EU-Richtlinie 2006/ 40/EG. Auf deren Grundlage müssen Autohersteller seit Anfang des Jahres ein klimaschonenderes Kältemittel in ihren Klimaanlagen verwenden. Daimler weigert sich, die Regeln anzuwenden, da das neue Kältemittel bei Tests im Herbst Feuer fing. Weil bei anderen Herstellern keine Probleme auftauchten, hat der zuständige EU-Kommissar Antonio Tajani von der Bundesregierung Aufklärung bis Ende August verlangt. „Bis zum heutigen Tage“, so Tajani, „gab es keine Bestätigung, dass die Sicherheitsbedenken, die vorgetragen wurden, allgemeiner Natur sind.“

Noch verschärft worden ist der Streit dadurch, dass die französischen Behörden in dieses laufende Verfahren hinein die Zulassung von Mercedes-Benz-Fahrzeugen mit dem alten, klimaschädlicheren Kältemittel verweigern. Das Kraftfahrtbundesamt hatte dafür eine rückwirkende Typengenehmigung erteilt, die normalerweise automatisch die Zulassung auch in den anderen EU-Staaten nach sich zieht. Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab hält es in einem Brief an Tajani für „rechtlich bedenklich, dass einzelne nationale Zulassungsbehörden trotz Vorliegens einer EU-weit gültigen Typengenehmigung die Zulassung bereits im Auskunftsverfahren verweigern“. Tajani erklärte, er habe Verständnis für das französische Vorgehen. So biete eine Verfahrensrichtlinie von 2007 „den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, vorübergehende Schutzmaßnahmen einzuleiten“. Würden bestimmte Bedingungen eingehalten, so Tajani, „kann die Kommission die französische Initiative als gerechtfertigt ansehen.“ In der deutschen Autoindustrie wird daher die Vermutung geäußert, der Kommissar habe die französischen Behörden zur Zulassungsverweigerung animiert, um den Druck auf Daimler zu erhöhen.

Unterstützt wird Daimler von Greenpeace. Das neue Kältemittel berge Risiken, „die schwer kalkulierbar sind“, sagte der Bereichsleiter Sonderprojekte, Wolfgang Lohbeck, der „Süddeutschen Zeitung“. Er dankte Daimler für den Einsatz gegen das „gefährliche und überflüssige“ Kühlmittel. Die Deutsche Umwelthilfe fordert umfangreichere Brandtests bei dem umstrittenen Kältemittel. mit dpa/rtr

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