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Wirtschaft: Nach 42 Jahren in Berlin wechselt die Behörde den Standort - Lobbyisten geht man so geschickt aus dem Weg

Der Tag des Abschieds ist ein Tag der Erinnerungen - an die ersten Jahre des Bundeskartellamts in Berlin, als die Sowjets versuchten, mit Tiefflügen die Amtsgeschäfte am Platz der Luftbrücke zu stören und die Mitarbeiter in Angst und Schrecken zu versetzen. Als "Zeichen der Verbundenheit mit der geteilten Stadt", wie Berlins Justizsenator Ehrhart Körting sagt, hatte die Bundesregierung die Wettbewerbsbehörde in Berlin angesiedelt.

Der Tag des Abschieds ist ein Tag der Erinnerungen - an die ersten Jahre des Bundeskartellamts in Berlin, als die Sowjets versuchten, mit Tiefflügen die Amtsgeschäfte am Platz der Luftbrücke zu stören und die Mitarbeiter in Angst und Schrecken zu versetzen. Als "Zeichen der Verbundenheit mit der geteilten Stadt", wie Berlins Justizsenator Ehrhart Körting sagt, hatte die Bundesregierung die Wettbewerbsbehörde in Berlin angesiedelt. Nach 42 Jahren an der Spree zieht das Amt jetzt um: Sitz der Wettbewerbsaufsicht ist vom 1. Oktober an Bonn, Konsequenz des Bonn-Berlin-Gesetzes. Das Gros der Mitarbeiter geht jetzt, bis Ende des Jahres soll der Umzug abgeschlossen sein.

Die Insellage habe auch ihre komischen Seiten gehabt, resümiert Dieter Wolf, der scheidende Präsident des Amtes. Als ein leitender Kartellamtsmitarbeiter auf dem Transit nach Berlin von den DDR-Grenzern gefragt wurde, wo er arbeite, habe dieser geantwortet, er komme vom westdeutschen Monopolamt. Darauf hin hätten ihn die DDR-Offiziellen anstandslos durchgewunken, offensichtlich in der irrigen Annahme, einen Verbündeten im "antimonopolistischen Kampf" gefunden zu haben. Hätte der Mann wahrheitsgemäß berichtet, er schütze den Wettbewerb, "wäre das Ganze wohl nicht so glimpflich abgelaufen", meint Wolf. Auch für ihn rückt der Abschied nahe. Zum Jahresende geht der Amtspräsident in den Ruhestand, vom 1. Januar an hat Ulf Böge, noch Leiter der Grundsatzabteilung im Bundeswirtschaftsministerium, das Sagen in den neuen Diensträumen im früheren Bundespräsidialamt. Einige Mitarbeiter kennt Böge schon jetzt. Denn viele Beschäftigte des Kartellamts wollen den Umzug nicht mitmachen. "95 Prozent des einfachen, mittleren und gehobenen Dienstes bleiben in Berlin", sagt Birgit Krueger, Vorsitzende des Personalrats. Sie wechseln zum Bundeswirtschaftsministerium, das kürzlich von Bonn an die Spree gezogen ist. Die Personallücken werden mit Mitarbeitern des Ministeriums gefüllt, die ihrerseits nicht nach Berlin wollten. Ein munteres Bäumchen-verwechsel-dich-Spiel, das zwar wie Wirtschafts-Staatssekretär Axel Gerlach lobt "harmonisch" über die Bühne gegangen sei, aber nach Einschätzung Kruegers noch immer Probleme aufwirft. An der Linie des Amtes werde sich durch den personellen Aderlass aber wohl nichts ändern, sagt die Personalratschefin: Immerhin gehen drei Viertel der Mitarbeiter aus dem höheren Dienst und damit die Entscheidungsträger mit nach Bonn.

"Das Amt muss weg", meint Ex-Präsident Wolfgang Kartte. Es hätte der Behörde nicht gut getan, wenn sie in Bonn geblieben wäre und die Mitarbeiter ständig auf Kollegen aus dem Bundeswirtschaftsministerium oder Lobbyisten getroffen wären, die versucht hätten, Einfluss zu nehmen. Nun sind die alle in Berlin, daher muss das Amt weiterziehen - nach Bonn, das den geografischen Vorteil habe, "auf der Schiene London-Mailand" zu liegen: "Nu geht mal schön!"

Mit dem Weggang wird sich für Berlin einiges ändern. Statt des Kammergerichts wird sich künftig das Düsseldorfer Oberlandesgericht mit den Fällen des Kartellamts beschäftigen. Zumindest die internationalen Kartellkonferenzen sollten aber weiter in der Hauptstadt stattfinden, meint Körting.

Für die Mitarbeiter, die nach Bonn gehen, brechen jetzt erst einmal harte Zeiten an. Denn am Dienstag werden Möbel und Umzugskisten abtransportiert, in Bonn wird das Amt aber erst am Montag darauf wieder arbeitsfähig sein. Der Grund: Man wollte die Kosten für einen Umzug am Wochenende sparen. Bleibt zu hoffen, dass in den Tagen dazwischen nichts Eiliges passiert. Obwohl - am Sonntag beraten die Aufsichtsräte von Veba und Viag über eine Fusion der Energiekonzerne.

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