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Trägt das Geschäftsmodell? Hartmut Mehdorn reduzierte Air Berlins Flotte auf 158 Flieger. So stieg die Auslastung.

© dpa

Nach dem Chefwechsel: Air Berlin im Jahr der Entscheidung

Als Air-Berlin-Chef schloss Hartmut Mehdorn den Pakt mit dem arabischen Investor Etihad. Der übernimmt nun zunehmend das Sagen und Mehdorn wird nicht mehr gebraucht. Nun muss sich zeigen, ob sein eingeschlagener Kurs zum Ziel führt.

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr kam es in dem arabischen Emirat Abu Dhabi zu einer „Hochzeit unter Palmen“, wie diese Zeitung titelte. Quasi die komplette Chefetage von Air Berlin war Mitte Januar 2012 zum Konzernsitz des neuen Großaktionärs Etihad Airways geflogen, darunter auch Air-Berlin-Urgestein Joachim Hunold und natürlich der damals neue erste Mann: Hartmut Mehdorn. Die Manager stießen mit der international besetzten Etihad-Führungscrew auf die neue Partnerschaft an.

Tags darauf saßen Mehdorn und sein Gegenüber, Etihad-Chef James Hogan, in dem Glaspalast der Airline und überboten sich mit gegenseitigen Respektsbezeugungen. „Wir sind verheiratet“, sagte Hogan damals wörtlich. Natürlich gehe es hier ums Geschäft: „Aber ohne riesengroßes Vertrauen unter uns beiden wäre das hier nicht zustande gekommen.“ Mehdorn stimmte zu: „Die Chemie stimmt, wir ticken ähnlich.“

Als diese beiden Alpha-Tiere kurz vor Weihnachten wieder gemeinsam auftraten, diesmal in Berlin, wirkte ihre Beziehung schon deutlich nüchterner. Der Australier Hogan fiel Mehdorn auf der Pressekonferenz zum Verkauf des Vielfliegerprogramms Topbonus an Etihad mehrfach ins Wort und ließ überhaupt keinen Zweifel daran, wer eigentlich das Sagen hat bei Deutschlands zweitgrößter Airline. Der 70-jährige Mehdorn ist Profi genug, um derlei dominantes Verhalten anderer Manager nicht persönlich zu nehmen. Er kann auch in Würde abtreten, weil er in den 15 Monaten stets behauptete, nur als Interimschef berufen worden zu sein.

Und doch dürfte es ihn wurmen, dass er nach dem gescheiterten Börsengang bei der Bahn wieder ein Riesenprojekt begann, es aber nicht vollenden konnte. Air Berlin ist weiterhin ein Sanierungsfall – auch wenn das Geschäftsjahr wegen des Topbonus-Verkaufs mit einer schwarzen Null abgeschlossen werden dürfte.

Mehdorn trat an, ein ungesund schnell gewachsenes Unternehmen auf ein gesundes Maß zurecht zustutzen. Air Berlin reduzierte die Flotte in der kurzen Ära Mehdorn von 170 auf nur noch 158 Flugzeuge. Fast jeden Monat sank so die Zahl der angebotenen Sitzplätze, Air Berlin beförderte daher auch immer weniger Passagiere – steigerte so aber die Auslastung und damit die Profitabilität. Mehdorn führte ein Ampelsystem ein, welches Fortschritte bei dem Umbau jeder Abteilung schnell sichtbar machen sollte. Und er konnte bis zuletzt auch das Versprechen halten, dass er die Sanierung ohne Kündigungen versuchen wollte. Insofern dürfte der Chefwechsel vor allem Arbeitnehmer und ihre Vertreter beunruhigen.

Geplant ist, dass die Schulden von rund 800 Millionen Euro im vergangenen Sommer auf nun 500 Millionen sinken sollen. Bedenkt man jedoch, dass die aktuellen Sparprogramme die Kosten jedes Jahr um rund 230 Millionen Euro senken sollen, ist es noch ein weiter Weg bis Air Berlin wieder als gesund gelten kann.

Aktienhändler schienen sich am Montag schwer mit einer Bewertung des Chefwechsels zu tun. Der Kurs fiel bis kurz vor Börsenschluss um zwei Prozent gegenüber Freitag auf nur noch 1,52 Euro. Da mag mancher Anleger mit Gram an den 2. Mai 2007 denken, als ein Papier noch 20,45 Euro kostete. Seither ging es fast stetig bergab. Doch ein neuer Absturz war das nicht. In einer Blitzanalyse der DZ-Bank hieß es, der neue Chef werde zwar nicht kurzfristig das Profil der Airline ändern. Aber er dürfte für Aufbruchstimmung sorgen, was für Aktionäre eine leicht positive Nachricht sei.

2013 dürfte das Schicksalsjahr für Air Berlin werden. Entweder schafft es der neue Chef, die Liebe des Großaktionärs Etihad neu zu entfachen. Dann hat Air Berlin sehr gute Überlebenschancen. Schafft er es nicht, und Etihad steigt aus, sieht es finster aus.

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