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Immobilien USA

© AFP

Neue Bankenkrise?: Englands Immobilienmarkt wackelt

In England geht die Angst vor einer Kreditkrise um. Hauspreise verfallen, Hypothekenpreise steigen und an den Finanzmärkten macht sich große Nervosität breit. Droht im Königreich eine weitere Finanzkrise wie in den USA?

Ein Besuch im Londoner Luxuskaufhaus Harrods zur Weihnachtszeit könnte eigentlich alle Sorgen zerstreuen: Kunden drücken sich an Kaviar, Parfümständen und Uhrenvitrinen vorbei, die Kreditkarten willig gezückt. Doch die Schlagzeilen deuten auf düstere Wolken am britischen Wirtschaftshimmel hin; nach den USA droht nun Großbritannien auf eine Kreditkrise zuzuschlittern. Die Anzeichen dafür mehren sich: Die Hauspreise fallen, Hypotheken werden teuerer, und das Vertrauen der Kunden sinkt. "Uns droht ein Desaster", schreibt die Zeitung "Times".

Die Englische Zentralbank reagierte bereits und senkte erstmals seit mehr als zwei Jahren die Zinsen - ein Zeichen dafür, dass sich die Wirtschaft im Vereinten Königreich merklich abgekühlt hat. "Die Entwicklung in den USA wird ernste Auswirkungen auf die britische Wirtschaft haben und die Märkte nehmen schon ziemlich hässliche Formen an", erklärte Ruth Lea vom Centre for Policy Studies.

Immobilienpreise sinken

Die Negativmeldungen scheinen kein Ende zu nehmen. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren sind die Hauspreise drei Monate in Folge gefallen. Von September bis November sanken sie nach Angaben des größten britischen Hypothekengebers Halifax um 2,4 Prozent - das ist der größte Sturz seit Beginn der 90er Jahre. In einem Land, in dem die Hauspreise die vergangenen Jahren zweistellig ins schier Unendliche stiegen, ist das ein Schock. Horrorszenarien von einem Preisverfall um 30 Prozent machen bereits die Runde.

Das hätte fatale Konsequenzen: Anders als in Deutschland kaufen sich die allermeisten Briten getreu dem Motto "My home is my castle" schon in frühen Jahren ein eigenes Heim. Fallen die Hauspreise, hat das enorme Auswirkungen auf das Konsumverhalten und somit auf die gesamte Wirtschaft. Schon gaben Restaurantketten Gewinnwarnungen heraus, der Einzelhandel befürchtet Umsatzeinbußen. "In einer Phase wie dieser ist es immer möglich, dass ein Schock von außerhalb, von der Weltwirtschaft, weitere Unsicherheiten mit sich bringt", beschrieb der Chef der Zentralbank, Mervyn King, das große Zittern etwas umständlich.

Neun Prozent gelten als schwach abgesichert

Die Banken sind seit den Unsicherheiten auf den Finanzmärkten nicht mehr so willig, Kredite zu geben. Der Britische Bankenverband meldete, seine Mitglieder hätten im Oktober rund 44.000 neue Hypotheken vergeben - das sei die niedrigste Rate seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1997. Die Marktforschung Mintel warnt, dass heute neun Prozent der rund 16,5 Millionen britischen Hypothekenhalter als "sub-prime" gelten, also als Kunden bei denen das Risiko hoch ist, dass sie ihre Schulden nicht zurückzahlen können.

Die Zurückhaltung verwundert nicht, baut der Konsum der Briten doch seit Jahren auf einer hohen Verschuldung. Jeder erwachsene Brite steht durchschnittlich mit 33.000 Pfund (46.000 Euro) in der Kreide, wie die Beratung Pricewaterhouse-Coopers berechnete. Damit hat sich die Verschuldung in den vergangenen sieben Jahren verdoppelt. Insgesamt stehen derzeit Verbraucherkredite von 1,3 Billionen Pfund offen. "Es stehen harte Zeiten bevor", prognostizierte Richard Thompson von Pricewaterhouse-Coopers.

Doch manche können dem sogenannten Credit-Crunch auch etwas Positives abgewinnen. So schreibt der frühere Vizepräsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Joachim Jahnke: "Die Krise holt nun die Wirtschaftsleistung auf den realen Boden zurück." (mac/dpa)

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